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PR2616-Countdown für Sol

PR2616-Countdown für Sol

Titel: PR2616-Countdown für Sol
Autoren: Arndt Ellmer
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sie herum, drangen in Augen und Nase. Am Wandschmuck erkannte sie, dass sie sich im Zimmer ihres Bruders aufhielt. Sie war unbeabsichtigt teleportiert.
    »Korbini...«
    Die Hitze trocknete ihre Schleimhäute in Sekundenschnelle aus. In der hinteren Ecke des Zimmers nahm sie undeutlich eine Bewegung wahr. Hastig schlüpfte sie zwischen dem Spielzeug, der Trivid-Konsole und dem Bett entlang zu der Stelle. Fetzen der Wand schaukelten auf und ab, aus der Tiefe stank es nach Metall.
    Lia kehrte um. Sie rannte zur Tür, stieß sich das Knie, blieb an der Konsole hängen. Die Druckwelle einer Explosion warf sie hinaus in den Korridor und in das Schlafzimmer ihrer Eltern. Sie prallte gegen das Bettzeug, das glimmend am Boden lag. »Korbi!«
    Halb besinnungslos vom Rauch zog sie sich hoch und tastete sich an der Wand entlang.
    »Korbi-ni-an!« Dieses seltsame Krächzen – es konnte unmöglich ihre eigene Stimme sein.
    Ihre Gedanken drängten sie, endlich von hier zu verschwinden. Sie brauchte nur wieder zu teleportieren. Etwas in ihr stemmte sich mit aller Macht dagegen. Erst musste sie ihren Bruder finden. Sie durfte ihn nicht ...
    Wieso war er so plötzlich verschwunden? Es gab kein Loch, durch das er hätte fallen können.
    Ihr Haar stank. Mit den Händen löschte sie die glimmenden Fetzen der Zöpfe. Schnell ins Bad – nein, er war nicht da. Sie erreichte ihr Zimmer, es war vom Brand am schlimmsten in Mitleidenschaft gezogen. Im Boden gähnte ein Loch. Unten im Wohnzimmer entdeckte sie die lodernde Fackel ihres Bettes.
    »Korbi...« Lia Boko brachte keinen Ton mehr hervor. Sie tappte zur Treppe. Die Feuerflügel an ihrem Rücken nahm sie nicht wahr. Sie sah nur: Es gab keinen Weg hinunter. Von der Hitze halb geschmolzene Metallrohre ragten in ihr Blickfeld. Das mussten die Düsen der Sprinkleranlage sein. Wieso hatte die Automatik den Brand nicht gelöscht?
    Vor lauter Fragen vergaß Lia fast, wo sie sich befand. Inzwischen brannten ihre Haare lichterloh. Sie fand einen Fetzen Stoff, mit dem sie die Flammen erstickte.
    Von draußen hörte sie eine Stimme. »Die Kinder müssen noch im Haus sein!«
    »Cop, Era?« Es waren fremde Stimmen.
    Lia rannte los, über Abgründe und glühende Magma hinweg in ein weißes Licht, das immer größer vor ihr aufleuchtete.
     
    *
     
    »Schlechte Nachricht, Coperniu«, sagte der Chefmediker. »Die Verbrennungen zweiten und dritten Grades haben wir im Griff, doch mehr können wir nicht tun.«
    »Das Gehirn ...?«
    »Durch den Sauerstoffmangel hat es einen schweren, irreparablen Schaden erlitten. Es fällt mir schwer, das zu sagen, aber eure Tochter bleibt für den Rest ihres Lebens ein Pflegefall.«
    »Und unser Sohn?«
    »Die Roboter haben das Haus untersucht und keine organischen Spuren gefunden, die auf das Vorhandensein einer zweiten Person schließen lassen.«
    »Korbinian kann sich nicht in Luft aufgelöst haben.«
    »Was ist mit der parapsychischen Begabung eurer Tochter?«
    »Sie kann auf kurze Distanzen teleportieren, zehn, zwanzig Meter maximal. Sie könnte ihren Bruder in Sicherheit gebracht haben, aber dann müssten sich beide außerhalb des Hauses befinden.«
    Coperniu Boko wischte sich die Tränen aus den Augen. »Der Techniker meint, die Alarmanlage habe nicht funktioniert. Und der Sprinkler ist ausgefallen. Die komplette Servosteuerung war defekt.«
    Er konnte es nicht fassen. Er warf einen nachdenklichen Blick hinüber zum Medoschweber, in dem sich Roboter und Psychologen um Erasma kümmerten. Dann schritt er entschlossen auf die Trümmer des Hauses zu. Die Grundmauern standen noch, ebenso die Kellerfundamente mit dem Boden des Erdgeschosses. Der Rest war fast vollständig verbrannt. Unter seinen Schuhen schmatzte das Löschmittel.
    Mit angehaltenem Atem und auf Zehenspitzen ging Coperniu Boko durch das Haus. Sie mussten sich irren. Es war völlig unmöglich, dass es keine Spuren von seinem Sohn gab. Er warf einen Blick in die Küche. Die Alu-Einbaumöbel hatten sich von den Wänden gelöst und waren über dem Küchentisch zusammengestürzt. Der Tisch war kein Raub der Flammen geworden. Darunter saß – Korbinian.
    Mit zwei schnellen Schritten stand Coperniu bei seinem Sohn und zog ihn unter dem Tisch hervor. Entgeistert starrte er ihn an.
    »Was hast du, Cop?«, fragte der Sechsjährige.
    »Du bist unverletzt, das kann nicht sein.« Boko alarmierte die Mediker draußen. »Wie kommst du unter diesen Tisch?«
    »Ich weiß nicht ... Ich war die ganze Zeit hier.«
    Zwei
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