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PR Rotes Imperium 03 - Die Zukunftsbastion

PR Rotes Imperium 03 - Die Zukunftsbastion

Titel: PR Rotes Imperium 03 - Die Zukunftsbastion
Autoren: Wim Vandemaan
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Pappumschlag zuschob. Ich nahm den Umschlag und öffnete ihn. Drei oder vier Blatt darin, schlechte Kopien von schlechtem Zeitungspapier.
    Während ich Blatt für Blatt in die Hand nahm und durchlas, packte Carmen das Mittagessen aus der braunen Tüte. Sie hatte uns etwas von Wan Chang's mitgebracht, meinem Lieblingschinesen. Wan Chang und sein Garten der Gaumenfreude stand bei den städtischen Behörden nicht im besten Ruf, wenn es um Küchenhygiene ging. Es stimmte, in Changs Küche liefen ab und an Schaben über den Tisch, aufdringlich wie methodistische Missionare. Doch das waren Insekten, die Changs kleiner Bruder Joye dressiert hatte, ein etwas dumpfes Bürschchen, das aber auf Insekten eine geradezu magische Macht ausübte.
    Übrigens hatte Chang früher einmal tatsächlich einige Schaben kulinarisch verarbeitet. Sie sollen nicht einmal übel geschmeckt haben, nussig. Mit Rücksicht auf Joye, der über dem Spezialgericht in einen Schreikrampf ausgebrochen war, verkniff sich Chang seit einiger Zeit solche Ausflüge in die eher exotischen Bereiche des Nahrhaften.
    Der Duft von scharfer Sojasauce breitete sich in meinem Büro aus und nach knusprig gebratener Ente. Carmen schob mir mit den Stäbchen ein Stück in den Mund. Es war köstlich: viel knusprige Haut, wenig Fett.
    Wie es schien, gehörten die Smalyas zu den ältesten Familien von New York. Aber anders als die Vanderbilts, die Drexels, die Whitneys oder die Rockefellers traten sie fast nie öffentlich in Erscheinung. Bei Galadiners tauchten sie zwar auf der Liste der edlen Spender auf, und ihre Spenden sollten nicht unbeträchtlich sein, aber sie erreichten nicht die astronomischen Höhen der Gaben von Neureichen.
    »Nun?«, fragte Carmen.
    »Wenn man das hier liest und vergleicht«, sagte ich, »könnte man den Eindruck gewinnen, die Smalyas gehörten nicht nur zu den ältesten Familien der Stadt, sondern sie wären schon hier gewesen, bevor Manhattan den Indianern abgekauft worden war. Bevor die Indianer ihre Mokassins auf die Felsen setzten.«
    »Du meinst: eine Art Ur-Ureinwohner?«, fragte Carmen. Sie grinste mich spitzbübisch an. Spitzbübisch. Vielsagend. Aufgeregt.
    »Na komm schon!«, sagte ich. »Was hast du noch in der Hinterhand?«
    »Was krieg ich dafür?«
    »Das, was du verdienst.«
    Sie seufzte ergeben. Dann fuhr sie sich mit der Hand unter den Rock und zog einen kleinen Umschlag aus ihrem Slip. Sie wedelte damit in der Luft und sagte: »Den habe ich nur bekommen, weil der Junge im Archiv ihn mir genau dorthin stecken durfte.«
    »Aha«, sagte ich, griff danach, erwischte den Umschlag und zupfte ihn aus Carmens Hand.
    Ich studierte das Bild darin. Es war die Art Gruppenaufnahme, die man zum Abschluss der Highschool machen lässt. Ein Haufen unverschämt junger Leute, die eroberungslustig in die Zukunft schauen. Mit einem Kugelschreiber war ein Pfeil auf eine der Personen gezeichnet. Am anderen Ende des Pfeils stand die handschriftliche Notiz: »Mauloch Smalya.«
    Das Bild war nicht sehr scharf, grobkörnig, und die Kopie hatte nicht unbedingt weitere Feinheiten aus der Vorlage herausgearbeitet.
    Aber das Bild war doch deutlich genug.
    Eine Brille, die aus einem breiten, durchgehenden Glas bestand, verdeckte die Augenpartie seines unnatürlich schmalen, wie zusammengedrückt wirkenden Kopfes. Die Arme, die Mauloch Smalya vor der Brust verschränkt hielt, teilten sich knapp unterhalb des Ellenbogens in je zwei Gliedmaßen. Die zwei oberen Hände - sehr schmal, sehr langgliedrig - lagen gut sichtbar da, die zwei unteren dagegen steckten in dezenten schwarzen Handschuhen, die das zusätzliche Händepaar wohl unsichtbar machen sollten.
    Carmen löffelte etwas von der Haifischflossensuppe und sagte: »Dein Mr Smalya ist ein verdammter Außerirdischer.«
    Es regnete immer noch, als ich aus dem Haus trat. Regen füllte die Gossen und spritzte kniehoch vom Pflaster. Große Bullen in Ölhäuten, die wie Pistolenläufe glänzten, schleppten zu ihrem größten Vergnügen kichernde Mädchen über breite Lachen.
    Ich zog den Hut etwas tiefer in die Stirn, bis ich am Wagen war. Ich fischte den Schlüssel aus der Manteltasche. Alles, was Beine hatte, war in Eile. Nur direkt am Bordstein sprangen drei Mädchen Seil, triefnass, ihre Kleider waren vom Regen fast durchsichtig. Sie waren ernsthaft bei der Sache.
    Mein Pontiac Chieftain hatte bessere Tage gesehen. Aber für wen galt das nicht? Der Lack war etwas matt geworden, die Chromteile hatte ich lange
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