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PR Odyssee 05 - Das strahlende Imperium

PR Odyssee 05 - Das strahlende Imperium

Titel: PR Odyssee 05 - Das strahlende Imperium
Autoren: Frank Borsch
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beschäftigt, die üblichen Lagerarbeiten auszuführen: das Schlachten eines alten, nutzlos gewordenen Tragtiers, die Ausbesserung von Zelten und Gleiterwagen, die Bewachung des Runds, in dem die Mongaal ihre Zelte aufgeschlagen hatten. Und doch meinte Argha-cha, unterdrückte Furcht zu spüren. Oder war es nur ihre eigene Aufgewühltheit, die sie in die Clansleute hineinlas?
    Das Mädchen setzte geflissentlich einen Fuß vor den anderen, immer in Richtung auf das Empfangszelt, wo der Gesandte der Zwillingsgötzen bereits ungeduldig auf eine Antwort warten würde. Argha-cha hatte den Blick gesenkt. Sie wollte - konnte - jetzt niemandem in die
    Augen sehen. Außerdem sagte ihr ein Gefühl, dass, sollte sie ihre Füße nur einen Moment aus den Augen lassen, sie kehrt machen und sie davontragen würden. Weit, weit weg.
    In Gedanken sagte Argha-cha immer wieder die Worte ihrer Großmutter auf. Sie wollte um keinen Preis einen Fehler machen, nicht eine Silbe weglassen oder hinzufügen. Selbst die Betonung, die ruhige Abgeklärtheit ihrer Großmutter, durfte Argha-cha nicht verfälschen.
    Das Schicksal des Clans hing von diesen Worten ab.
    Argha-cha war trotz ihrer Jugend erfahren genug, das Kalkül der Vorreiterin zu erkennen. Etor-tai versuchte, den Kopf ihres Clans aus der Schlinge zu ziehen, die sich immer enger um seinen Hals zusammenzog. Die Vorreiterin hatte den Zwillingsgötzen eine goldene Brücke gebaut, die es ihnen erlaubte, das Gesicht zu wahren, ohne das Blut der Mongaal zu vergießen. Die Mongaal hatten, wenn auch nur ein bescheidenes, so doch ein Geschenk für die Götzen.
    Sturmtiere waren auf Nodro eine Rarität. Die meisten Clans - ganz zu schweigen von den Clanlosen - hatten die Zucht längst aufgegeben, aber ihre Wertschätzung war im umgekehrten Maß gestiegen, stellten sie doch Symbole für die goldenen Zeiten der Alten dar. Mit ihrem Verweis auf das Vermögen der Mongaal, ihren Weg selbst zu finden, hatte Etor-tai dem, was als Befehl gedacht gewesen war, den Anstrich einer Höflichkeitsgeste unter Gleichen gegeben. Und unter Gleichen war es üblich, einander Dinge anzubieten und abzulehnen.
    Die Mongaal konnten ohne Gesichtsverlust verschont werden - wenn es den Zwillingsgötzen beliebte.
    Argha-cha rief einen Hirten-Slaven heran, befahl ihm, ein Sturmtierkalb in den Gleiter des Gesandten zu verladen und trat in das Empfangszelt. Der Gesandte sprang bei ihrem Erscheinen auf und ließ sich, als er erkannte, dass er drauf und dran war, seine Würde zu verspielen, betont langsam wieder in die Kissen sinken.
    Gegen ihren Willen empfand das Mädchen Mitleid mit dem Gesandten. In ihrem ganzen Leben hatte sie keinen jämmerlicheren Mann als ihn gesehen. Er war prächtiger gekleidet als selbst die Edelsten der Mongaal am Tag einer Siegesparade, aber zugleich wirkte er, als wolle er sich in der über und über mit Spitzen besetzten Uniformjacke verkriechen wie eine Schildkröte in ihrem Panzer. Seine tief in den Höhlen liegenden Augen waren gerötet, seine Züge blass wie die einer Leiche.
    »Was. was sagt die Vorreiterin?« fragte er stockend, als Argha-cha schwieg. Er musste wissen, was ihm bevorstand. Kein Nodrone wäre dumm genug gewesen, es nicht zu erkennen.
    »Sie bittet den Gesandten der Zwillingsgötzen mit ihrer ganzen Seele um Verzeihung, aber sie ist unpässlich«, sagte Argha-cha. »Sie ist keine junge Frau mehr, und die Strapazen der langen Reise nach Nodro und des Marsches über den halben Planeten haben sie erschöpft.«
    »Sie wird mich nicht empfangen?«
    »Nein, aber sie lässt deinen Herren eine Botschaft ausrichten. Präge sie dir gut ein. Es ist von größter Wichtigkeit, dass du sie Wort für Wort weitergibst.«
    Sie sagte die Nachricht ihrer Großmutter auf, zweimal, und ließ den Gesandten sie wiederholen. »Gut«, schloss sie das Gespräch ab. »Du kennst nun die Worte der Vorreiterin derer von Mongaal - überbringe sie deinen Herren!«
    Der Mann erhob sich von den Kissen und verneigte sich vor ihr. Argha-cha registrierte, dass sein Gesicht, das sich während ihres Gesprächs gerötet hatte, erneut die Farbe verloren hatte. Dem Mann musste aufgegangen sein, dass er zwar dem Tod durch die Mongaal entgangen war - ihn aber nun das Schicksal durch die Hand seiner eigenen Herren ereilen würde, entschieden sich diese, die Botschaft Etor-tais als Beleidigung aufzufassen.
    Ohne ein Wort des Abschieds verließ der Gesandte das Zelt. Argha-cha trat ebenfalls ins Freie und verfolgte, wie der
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