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PR Odyssee 05 - Das strahlende Imperium

PR Odyssee 05 - Das strahlende Imperium

Titel: PR Odyssee 05 - Das strahlende Imperium
Autoren: Frank Borsch
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auf denen das Schiff der Dreizehn notgelandet war, sie den Stürmen, der Kälte und der Hitze, dem Hunger und dem Durst und ihren Feinden getrotzt hatten. Wie sie sich zu den Herren der Welt aufgeschwungen, den Himmel und die Meere erobert hatten, ja bald sogar den Raum zwischen den Welten - und sich doch ein Element ihrer Herrschaft widersetzt hatte: der Blitz.
    Immer wieder sandte er seine glühende Faust aus der Sphäre zwischen Himmel und Erde herab, verheerte nach Belieben. Lange hatten die Vorfahren geglaubt, der Blitz säe seine Zerstörung dort, wo es seine Launen ihm diktierten, aber irgendwann hatten kluge Männer und Frauen herausgefunden, dass dem nicht so war.
    Der Blitz strafte jene, die sich hervorhoben, in ihrer Protzsucht ihre Zelte in den Himmel wachsen ließen. Seit dieser Zeit lebten die Vorreiter der Mongaal in Zelten, die sich demütig an den Boden drückten, wie es den Herrschern des Landes anstand.
    Argha-cha hatte geglaubt, die Botschaft der Geschichte augenblicklich verstanden zu haben. Lag es daran, dass ihre Großmutter so eine geschickte Erzählerin war? Oder war es ihre eigene, rasche Auffassungsgabe, die ihr dazu verhalf?
    Was immer der Grund sein mochte, als Argha-cha an jenem Tag aus ihrem Zelt getreten war, hatte sie noch etwas anderes verstanden.
    Das Himmelszelt.
    Es stand, nein, es ragte nur wenige Schritte neben dem Zelt ihrer Großmutter auf. Wollte man seine Spitze sehen, musste man den Kopf tief in den Nacken legen. In seinem Innern bot es gerade so viel Platz, dass ein einzelner Mensch um den mächtigen Hauptmast gerollt schlafen konnte. Manchmal verbrachte jemand die Nacht darin - meist erfuhr man erst hinterher, aus zweitem, drittem Mund davon - und seit jenem Tag wusste Argha-cha wieso. Wer das Misstrauen der Vorreiterin erregte, wurde auf die Probe gestellt - hatte er Glück, und die Vorreiterin glaubte, ihm eine weitere Chance geben zu dürfen - verschonte ihn der Blitz, galt er als gereinigt.
    »Was führt dich zu mir? Wie gesagt, es ist spät.«
    Etor-tai wandte sich endlich von dem Menschbild ab und lächelte sie gutmütig aus ihrem breiten Mund an. Beiläufig warf die Vorreiterin ein Tuch über das Menschbild. Der Stoff war weich und schmiegte sich eng an das Menschbild an. Argha-cha konnte die Konturen, die das Tuch zeichnete, nicht von denen eines Nodronen unterscheiden. Bedeutete das, dass das Menschbild endlich vor der Vollendung stand? Und wenn dem so war, war das eine gute Nachricht?
    »Ein Gesandter ist eingetroffen«, sagte Argha-cha. »Aus der Götzenstadt. Er bietet uns eine Eskorte an.«
    »Das wurde auch Zeit. Was bilden sich diese Götzen ein, mit wem sie es zu tun haben? Wie lange wartet er schon?«
    »Beinahe zwei Stunden.«
    »Gut, das sollte genügen.« Es war ein Zeichen der Ungeduld der Vorreiterin, dass sie bereit war, den Ge-sandten schon nach so kurzer Zeit zu empfangen. Für gewöhnlich ließ sie Bittsteller von anderen Clans mindestens eine Nacht warten, bei Nicht-Nodronen zog sich die Wartezeit oft mehr als eine Woche hin. »Lass ihn holen!«
    Etor-tai wollte sich bücken, um die leere Schale, die zu Füßen des Menschbilds stand, aufzunehmen, verharrte aber in der Bewegung, als ihre Enkelin keine Anstalten machte, ihrem Befehl zu folgen.
    »Was ist los? Gelten dir meine Befehle nichts mehr? Willst jetzt auch du noch so bockig werden wie der Rest?«
    Argha-cha schüttelte langsam den Kopf. »Nein, das würde ich nie tun, Großmutter.«
    Das Mädchen wusste um die Unzufriedenheit, die im Clan gärte. Viele flüsterten, wenn auch nur hinter vorgehaltener Hand, dass die Vorreiterin alt und schwach geworden sei, sie ihre schwindenden Energien auf diese absonderliche Puppe verschwendete, die sie Menschbild nannte. Dass der Clan besser in anderen Händen aufgehoben sei.
    Aber noch hatte sich niemand gefunden, der den Mut besessen hätte, die Vorreiterin zum Duell zu fordern und ihren letzten Atem zu schöpfen.
    »Wieso tust du dann nicht, was ich sage?«
    »Sie. sie haben keine Geschenke gebracht.« Das Mädchen brachte die Antwort nur mit Mühe hervor. Sie kannte den furchtbaren Zorn ihrer Großmutter. Es war nicht klug, in ihrer Nähe zu sein, wenn er sich seine Bahn schlug - und schon gar nicht sein Auslöser zu sein.
    Aber deshalb hatte man sie ja vorgeschickt. Ihrer Lieblingsenkelin würde Etor-tai nichts antun.
    Einen Augenblick lang geschah nichts. Etor-tai starrte Argha-cha an, aber das Mädchen spürte, wie der Blick durch sie hindurch
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