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PR Andromeda 06 - Die Zeitstadt

PR Andromeda 06 - Die Zeitstadt

Titel: PR Andromeda 06 - Die Zeitstadt
Autoren: Ernst Vlcek
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einmal erschienen war, doch nur als stummes Vexierbild, als geisterhafte Statue, als bloßes Signal und Symbol für die Präsenz der schützenden Kraft des Nukleus.
    Sie so zu sehen - oder vielmehr: ihren entseelten, dreidimensionalen Schatten -, war für ihn fast noch schmerzlicher gewesen als alles andere zuvor. Das hatte eben erst verheilte Wunden wieder aufgerissen. Das hatte ihm Tantalusqualen verursacht, die selbst für ihn mit seiner dreitausendjährigen Lebenserfahrung neu waren. Das hatte ihn buchstäblich an den Rand der Verzweiflung gebracht.
    An der Schwelle zwischen Leben und Tod war er sich erstmals nicht ganz sicher gewesen, ob es sich wirklich lohnte, den Kampf fortzusetzen.
    Allein die Tatsache, dass ein solcher Zweifel in ihm aufkommen konnte, war ein schwerer Schock für ihn gewesen. Und danach, in den Tagen, die er auf der Intensivstation gelegen hatte, war die Versuchung immer größer geworden, alles hinzuschmeißen, den ohnehin so gut wie entschiedenen Kampf endgültig verloren zu geben. Wozu sich anstrengen, weit über jedes zumutbare Maß hinaus? Wenn er im Endeffekt doch nicht bekam, was er eigentlich anstrebte. Wenn ihm alles, was ihm persönlich - als Mensch Perry Rhodan, nicht als Terranischer Resident, oder Bote von Thoregon, Ritter der Tiefe, oder was der Titel und Ämter noch waren - Glück bedeutet hätte, letztlich zwischen den Fingern zerrann. Wenn er nicht haben durfte, was er wirklich wollte, mit jeder Faser seines Körpers: Kiriaade.
    Und nun war sie zurückgekehrt.
    Er stand wie versteinert da, und auch die Zeit schien still zu stehen. Niemand in der Kommandozentrale bewegte sich. Die Luft war dickflüssig, bleiern, setzte ihm scheinbar einen trägen Widerstand entgegen, als er sich langsam umwandte.
    Zu ihr.
    Sie war schön und geheimnisvoll wie eh und je. Und keine Projektion, sondern körperlich, lebendig. Er musste sie berühren. Er ergriff ihre Hand, die so warm war wie die eines menschlichen Wesens, durch dessen Adern Blut zirkulierte.
    Sie erwiderte den Druck seiner Finger, sah ihn an.
    Ihm wurde warm ums Herz, als er den Blick ihrer kohlschwarzen Augen erwiderte. Er hatte dabei das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren, in diese dunklen Augen zu stürzen und in ihnen zu ertrinken.
    »Kiriaade«, brachte er krächzend hervor.
    Sie standen da, hielten einander an den Händen wie Kinder, die einen Tanz beginnen wollten, doch nicht recht wussten, wie. Zwischen ihnen floss ein wohliges Pulsieren, als schlügen ihre Herzen im Gleichklang.
    Die Zeit kam ihm gefroren vor. Die Besatzungsmitglieder um sie herum schienen in Bewegungslosigkeit gefangen, oder zumindest in einer extrem langsamen Zeitlupe.
    »Ich musste zurückkommen«, sagte Kiriaade, und er glaubte zu verstehen, warum. »Ich musste alles daransetzen, um mich wieder manifestieren zu können, obwohl mir klar ist, dass ...«
    Er verstand das Unausgesprochene.
    Obwohl er schon immer gewusst hatte - es aber auch jetzt noch nicht wahrhaben wollte -, dass ihr der Körper, in dem sie ihm erschien, nur geliehen war und nicht von Bestand sein konnte, hatte er sich in sie verliebt. Kiriaade war für ihn der Inbegriff, das Idealbild der Frau, wie er sie stets hätte kennen lernen wollen, der er aber nie begegnet war. Es war, als sei sie die Fleischwerdung all seiner geheimen Sehnsüchte, die er für sich selbst nicht artikulieren konnte und die er erst erkannt hatte, als sie ihm in der Gestalt Kiriaades vor Augen geführt wurde.
    Er verspürte den Drang, sie in die Arme zu schließen. Aber da wurde er sich im Hintergrund der verschwommenen Bewegungen der anderen bewusst, und deren Anwesenheit ließ ihn von seiner Absicht abrücken. Statt dessen drückte er nur fest Kiriaades seidenweiche, warme Hände.
    Als er erneut in ihre Augen eintauchte, kam ihm die Erinnerung an eine Frau, die vor langer Zeit einmal ein Stück seines langen Lebens an seiner Seite gewesen war: Gesil. Die Frau von kosmokratischer Abstammung, mit der er eine Tochter, Eirene, gezeugt hatte. Sie war Kiriaade auf eine gewisse Weise ähnlich gewesen. Das wurde ihm in diesem Moment bewusst. Zuvor hatte er diesen Vergleich noch nie gezogen. Obwohl er eigentlich nahe lag. Wer in Gesils Augen gesehen hatte, war augenblicklich in den Bann lodernder schwarzer Flammen geraten - und es war um ihn geschehen gewesen. Kiriaades Augen waren ebenso bodenlos kohlrabenschwarz. Zwar züngelten keine hypnotischen Flammen darin, aber sie hatten eine magische Kraft, die
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