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PR 2706 – Sternengrab

PR 2706 – Sternengrab

Titel: PR 2706 – Sternengrab
Autoren: Michael Marcus Thurner
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ihre Kräfte zu bündeln und sich auf einen Feind einzustellen, der sie ihrer Außenwahrnehmung beraubt hatte. Sie saßen in ihren Schiffen, blind und taub, völlig von der Umwelt abgeschnitten, in einer Umgebung, in der bereits der geringste Fehler zum Exitus führen mochte.
    Ein Raumvater feuerte, der Schuss aus einem Impulsstrahler-Geschütz ging aber in die falsche Richtung und verlor sich irgendwo im Nichts. Es war der Auftakt zu mehreren Salven, die die Onryonen nun ins Blinde abfeuerten und mit denen sie mehr die eigenen Einheiten gefährdeten, als die JULES VERNE oder die NAUTILUS-Kreuzer in Bedrängnis zu bringen.
    Siebzehn Treffer. Es waren nur noch fünf Einheiten des Gegners übrig. Bull fühlte so etwas wie Mitleid und Bedauern. Dort drüben starben Wesen einen völlig sinnlosen Tod. Doch er schob diese Gedanken rasch wieder beiseite, sie hatten in diesen Momenten nichts in seinem Kopf zu suchen.
    Sie oder wir. Eine andere Option hatte ihm das Treiben des Marshalls nicht gelassen.
    Das Tontaubenschießen fand sein Ende. Ein letztes Schiff der Onryonen verging, vom Geschoss eines Paratronwerfers getroffen. NEMO maß den üblichen Hyperstrahlenschauer an, die Energien des vernichteten Raumers wurden in den Hyperraum abgeleitet.
    Bull hatte keine Zeit, um verwundert über den leichten Erfolg oder gar erleichtert zu sein. Er setzte einen Funkspruch ab, der über eine rasch ausgesetzte Boje noch etwa eine Stunde lang zu hören sein würde und Jawna Togoya galt. Sobald die Blendwirkung nachließ – es konnte sich nur noch um Minuten handeln –, würde sie erfahren, was geschehen war. Sie würde getreu ihrem Befehl Stellung beziehen und darauf warten, dass er die Besatzungsmitglieder aus der Dunkelheit Tephayas zurückbrachte oder gegebenenfalls via Transmitter an sie weiterschickte.
    Die JULES VERNE nahm wieder Fahrt auf und glitt auf das Schwarze Loch zu. Bull fühlte sich verlassen wie selten zuvor.
     
    *
     
    »Können wir die Schwerkraftpumpe vernichten, NEMO?«
    »Nein. Sie bewegt sich in einem Bereich, in dem die Raumzeit nur noch bedingt Gültigkeit hat.«
    Bull seufzte. Er hatte mit dieser Antwort gerechnet.
    Die beiden Korvetten wurden von der Schwerkraftpumpe mit unwiderstehlicher Kraft angezogen. Sie trieben daran vorbei, nun endgültig eingefangen von der Schwärze Tephayas.
    Bull sah Fingernägel kauend zu. Er konnte bloß dasitzen und hoffen, dass es nicht zu spät war, etwas zur Rettung seiner Leute zu unternehmen. Und dass sie keine lebenden Bomben mehr waren ...
    Die JULES VERNE wehrte sich mit allem, was dem Schiff zur Verfügung stand, gegen Tephayas Wirken. Der Ereignishorizont war beinahe erreicht.
    Der Hantelraumer hielt mit dreimillionenfacher Erdbeschleunigung dagegen. Die Energiespeicher leerten sich rasant, wie auch die Vorräte an Psi-Materie. Die Trafitron-Wandler, die Hyperzapfer der Metaläufer, die herkömmlichen Daellian-Meiler und die Schwarzschild-Hauptkraftwerke arbeiteten am Limit, um gewonnene Energien an die Triebwerke abzugeben.
    Bull meinte, die Schiffszelle stöhnen und ächzen zu hören. Seine Phantasie spielte ihm seltsame Streiche.
    Er blickte auf die Darstellung des Schwarzen Lochs. Sie wirkte ebenso irreal wie alles andere ringsum. Bull befand sich in einem völlig fremden Universum, in dem nichts mehr stimmte, in dem sich alle Parameter innerhalb weniger Minuten geändert hatten.
    »Annäherung an die beiden Korvetten«, sagte NEMO mit der kühlen Ruhe einer Positronik. »Entfernung dreihundert Kilometer. Zweihundert. Weiterer Gegenschub notwendig. Synchronabstimmung beginnt, Datenaustausch über das Andockmanöver mit der RALF MARTEN und der GORATSCHIN wird initiiert. Synchronizität erreicht, Einschleusung beginnt in drei, zwei, eins Sekunden. Vorgang abgeschlossen.«
    Alles geschah rasend schnell, in einem Hauruck-Verfahren. NEMO verzichtete auf standardisierte Vorsichtsmaßnahmen und nahm weitere Beschädigungen der JULES VERNE bewusst in Kauf.
    »Gegenschub auf Maximum verstärken«, flüsterte Bull.
    Er fixierte einige Anzeigen mit Blicken. Der Ereignishorizont war so verflucht nahe, die Anziehungskräfte Tephayas jenseits jeglichen Vorstellungsvermögens. Entfernungen spielten kaum mehr eine Rolle, wie auch die physikalischen Kräfte des Universums längst nur noch marginale Bedeutung hatten. Rings um das Schiff ging der Sinn von Information und von kausalen Zusammenhängen verloren. Die Strukturen der Raumzeit waren nicht mehr gültig, die Gesetze der
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