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PR 2694 – Todeslabyrinth

PR 2694 – Todeslabyrinth

Titel: PR 2694 – Todeslabyrinth
Autoren: Susan Schwartz
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unserem Ziel eine Menge Antworten erhalten.«
    »Möglicherweise wirst du Zeugin des Beginns einer neuen Epoche«, bemerkte Anicee feierlich.
    Henrike sah ihre Tochter an. Vor allem wollte sie Anicee begleiten. Einmal wenigstens etwas mit ihr teilen, auch wenn sie inzwischen gewandelt worden war und nur noch in Fragmenten an das Kind erinnerte, das sie einst geboren hatte. Doch ihre Verbindung war da, sie konnte es spüren. Ein dünnes, aber bestehendes Band zwischen Mutter und Tochter.
    Und sie könnte ... vielleicht ... noch einmal mit Shamsur sprechen.
    »Wann brechen wir auf?«, fragte sie förmlich.
    »Morgen«, antwortete Chourtaird.
    Also am 15. Januar. Zeit genug, die Termine umzustellen und Vertreter zu beauftragen.
    »Aiden Zachary«, erklärte der Konsul, »wird wie die anderen Mitglieder der BOMBAY aus der Quarantäne entlassen, dann können wir ihn mitnehmen. Saram Ialtek, mit dem ich kurz vor deinem Eintreffen deswegen sprach, hat gemeint, er müsse erst die aktuellen Berichte durchsehen, aber wahrscheinlich stünde einer Entlassung nichts im Wege.«
    »Dann können wir heute noch Sham ehren ... gemeinsam.« Anicee lächelte nun versöhnlich. Wollte auch sie einen Neuanfang wagen? Ihrer Mutter noch einmal eine Chance geben?
    »Das werden wir tun«, stimmte Henrike zu.
    Sie zögerte kurz, dann gab sie sich einen Ruck und ging auf Chourtaird zu. Schweigend reichte sie ihm die Hand.
    Aus seinem linken Auge quoll wie in Zeitlupe eine kupferfarbene Träne.

12.
    Nun gehe ich
     
    »Wow«, sage ich. »Wow, da bin ich dann also ... und diesmal so richtig.«
    »Freut mich, dich wiederzusehen, Shamsur Routh«, sagt Zachary Cranstoun und schlägt mir auf die Schulter.
    Aus meiner Erinnerung, die geballt vor mir steht, fließt unsere erste Begegnung zu mir herüber.
    Wir sind uns das erste Mal auf Gadomenäa »begegnet«, als ich ins Universale Spainkon eindrang, was in Wirklichkeit das Kontinuierliche Sediment ist. Er schüttete sich halbwegs aus vor Lachen, dass ich mit einem Toten redete, der höchst lebendig war. Aber eben nicht mehr auf die materielle Weise, wie wir es gewohnt sind, und er ist auch kein Geistwesen, sondern ... Tja, gibt es einen Begriff dafür? Oder schaffen wir gerade einen neuen?
    Zack oder vielmehr sein Gehirn befindet sich auf der Brückenwelt Faland, genau dort, wo es so einen Schacht gibt, wie ich ihn hier vor Augen habe. Und da unten befindet sich ... das Totenhirn. Zusammengesetzt aus Tausenden von Gehirnen. Billionen Billiarden Synapsen, die miteinander verbunden sind, die sich miteinander verknüpfen und sich potenzieren. Ein großes neuronales Ganzes entsteht und wird so zum Totenhirn. Eigentlich ein schauerlicher Name, aber zutreffend. Schließlich sind alle tot, die darin integriert sind – und finden gleichzeitig zu neuem Leben.
    »Bin ich auf Faland?«, frage ich.
    »Ja und nein, so genau weiß ich das auch nicht«, antwortet Zachary. »Es ist alles kompliziert und im Grunde nicht wichtig. Du bist jetzt hier, mit dem Totenhirn bereits verbunden.« Er zuckt die Achseln. »So, wie ich damals verbunden wurde. Ich bin am 10. September gestorben, das weiß ich noch. Ich wurde ein Teil der Erinnerungs-Sedimente, aber worauf es ankommt, ist Folgendes. Das musst du dir noch einmal bewusst machen; damals konntest du es begreiflicherweise nicht richtig verstehen, aber nun sollte es sich dir erschließen: Dieses Totenhirn ist viel mehr als nur ein Depot an Gehirnmasse, wo alle vor sich hin denken und langsam verrückt werden. Es ist etwas, das sein eigenes Universum erschafft. Nicht aus Materie, sondern aus Erinnerungen und ...«
    »... das Mnemoversum«, vollende ich.
    »Ich kam zu Bewusstsein, ich bin am Leben, benötige aber meine materielle Existenz dazu nicht mehr. Und so ist es auch mit allen anderen hier.«
    »Aber was ich mich immer gefragt habe – bist es denn wirklich noch du selbst?«
    »Das kann ich dir nicht so genau beantworten. Ja, das bin ich, und nein, das bin ich nicht. Ich empfinde mich als ich, und ich habe meine Erinnerungen. Genauso aber auch die aller anderen. Ich bin halb individuell und halb Massenbewusstsein.«
    Das stelle ich mir schwierig vor.
    »Aber ganz im Gegenteil«, versichert er mir. »Es ist nur schwer in Worte zu fassen, die du verstehst. Bist du aber erst einmal integriert, erweitert es deinen Horizont auf ganz unglaubliche Weise. Eröffnet dir Möglichkeiten, die du mit deiner bisherigen Existenz niemals erreichen kannst. Wenn du mit mir gehst,
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