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PR 2685 – Der ARCHITEM-Schock

PR 2685 – Der ARCHITEM-Schock

Titel: PR 2685 – Der ARCHITEM-Schock
Autoren: Hubert Haensel
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können.
    Irp erstarrt geradezu, als der Lärm jäh endet und eine seriöse menschliche Stimme erklingt. Der Senderwechsel hat die Akustiksperre gelöscht.
    »Ich will den Lustfunk wieder!«, protestiert der Southside-Drache.
    »Sei still und hör zu!«, fahre ich ihn schärfer an als beabsichtigt. Meine Anspannung ist schwer zu beschreiben. Endlich tut sich etwas – das ist das eine. Das andere: Was steht uns bevor? Gibt es überhaupt einen Rückweg? Vielleicht tue ich Reginald Bull und Henrike Ybarri und Adams und den anderen, die noch da sind, seit Wochen unrecht. Vielleicht besteht die Gefahr, dass das Solsystem zwischen den Universen zerrieben wird.
    »... die Stellungnahme wurde soeben von der Solaren Residenz übermittelt«, sagt der Sprecher bedeutungsschwer.
    Das Bild wechselt.
    Ich sehe die Erste Terranerin, Henrike Ybarri. Sie wirkt noch zierlicher als früher. Mit einer hastigen Handbewegung wischt sie ihr schulterlanges, im Moment strähnig wirkendes Haar zur Seite.
    In ihrem Blick mischen sich Trauer und Hoffnung.
    Wenn ich es richtig einschätze, haben die Sayporaner Ybarris Familie zerstört. Wie sehr muss sie um ihre Tochter Anicee gebangt haben, die mit Hunderttausenden anderen Jugendlichen von der Erde verschleppt wurde? Inzwischen ist Anicee wieder da, aber sie scheint nicht mehr sie selbst zu sein. Eine Farce. Und Anicees Vater, der Journalist Shamsur Routh, gilt als vollends verschwunden. Anicee ist außerdem eine Vertreterin des Umbrischen Rates, der von den Sayporanern eingeführten neuen Regierung aus Kindern und Jugendlichen.
    »Vor zwei Minuten habe ich für das Solsystem die höchste Alarmbereitschaft ausgerufen!«, sagt die Erste Terranerin. »Schon während der letzten Stunden wurden Vorbereitungen getroffen und Flottenverbände in Sonnennähe zusammengezogen. Einzelne Kontingente stehen näher bei den inneren Planeten.«
    Sie spricht langsam und akzentuiert. Überdeutlich, als müsse sie ihre innere Regung unterdrücken.
    »Die Fimbul-Kruste um Sol verändert sich!«, fügt Ybarri nach einer kaum merklichen Pause hinzu, und nach einigen Sekunden deutlichen Zögerns: »Noch müssen wir abwarten, was tatsächlich geschieht. Aber wir dürfen hoffen!«

2.
     
    Der Alarm wurde von der Ortung ausgelöst.
    Callis Varro, Kommandant des Schweren Kreuzers BAMAKO, blinzelte träge. »Ich wusste es«, murmelte er, mehr im Selbstgespräch als für die Zentralebesatzung bestimmt. »Mir ist keine Ruhe vergönnt ... Das war schon immer so, und daran wird sich nichts ändern.«
    Seit über achtzehn Stunden hatte Varro die Zentrale nicht verlassen. Er schob Dienst in Personalunion als Kommandant des 200-Meter-Raumers und als Erster Pilot. Sein Erster Offizier war in die Krankenstation abkommandiert, außerdem der Pilot und eine Handvoll weiterer Offiziere.
    Die Erkrankten standen unter Beobachtung, die Medoroboter hatten einen nach dem anderen für dienstunfähig erklärt.
    »Wenn mal keine äußeren Katastrophen drohen, treffen uns eben innere.« Callis Varro seufzte abgrundtief. »Irgendwas bereitet stets Probleme.«
    Diesmal hatten offensichtlich Keime in der Bordverpflegung zugeschlagen. Wann hatte er jemals von einem solchen Fall gehört? Varro entsann sich nicht. Lediglich während seiner Ausbildung waren einige Sätze zu dem Thema gefallen. Die hygienischen Standards in der Flotte lagen sehr hoch, und das Gesagte war quasi ein Freibrief für alle Fertigprodukte gewesen. Wer hatte schon damit rechnen können, dass das Herz der Liga Freier Terraner quasi von einer Stunde zur nächsten von sämtlichen galaktischen Versorgungswegen getrennt sein würde?
    Die Bordkantinen waren vor vierzehn Stunden geschlossen worden, die Lagerräume versiegelt. Roboter und medizinisches Personal hatten Proben gezogen. Wenigstens gab es keine neuen Erkrankungen.
    Die BAMAKO unter Quarantäne stellen zu müssen, davon wollte Callis Varro nichts hören. Er war ein Arbeitstier, und seine Leute passten größtenteils dazu. Der Einsatz im Außenbereich des Systems war ohnehin kreuzlangweilig.
    Abgesehen davon, dass gleich zu Beginn ihrer Mission mehrere Nagelraumer sehr nahe gekommen waren. Die Formation der Spenta hatte verdammt danach ausgesehen, als wollten sie den Schweren Kreuzer aufbringen. Den Rückzugsbefehl hätte Varro nur noch aussprechen müssen, aber die schlanken Raumer mit dem kuppelförmig gewölbten Nagelkopf waren einfach mit Kurs auf Sol weitergeflogen. Sie waren möglicherweise, wie andere vorher, in
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