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PR 2685 – Der ARCHITEM-Schock

PR 2685 – Der ARCHITEM-Schock

Titel: PR 2685 – Der ARCHITEM-Schock
Autoren: Hubert Haensel
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weiter aus ihrem Versteck hervorwage.
    Ich denke das Bild zu Ende: Die junge Tarantel löst sich vollends aus dem Hintergrund. Zögernd bewegt sie die acht Beine ... kommt näher ...
    Okta, die ich ihrer acht Beine wegen so nenne, kommt tatsächlich näher. Langsam und vorsichtig, aber das muss ich ihr zugestehen.
    In meiner Vorstellung verharrt sie urplötzlich.
    Genau das sehe ich Sekunden später. Die Spinne hält inne und tastet mit einem Vorderbein über die Verkleidung des Bioresonators.
    Reagiert Okta auf meine Gedanken? So vermessen bin ich nicht, das anzunehmen. Mein kleinstes »Kind« reagiert vielmehr auf schwache elektrische Felder. Weil ich ihr am nächsten bin und weil alle anderen elektromagnetischen Quellen perfekt abgeschirmt sind, spürt sie nur mich. Auch das ist Wahnsinn, ich ...
    Das Flappen lederhäutiger Schwingen schreckt mich auf.
    »Mutter!«, ruft Irp schrill. Er streicht über mich hinweg und gräbt dabei seine Fänge in mein Haar, lässt aber sofort wieder los, weil ich mit der Hand nach oben schlage. Für sein krächzendes Lachen könnte ich ihm den langen Schuppenhals umdrehen, nur ist er da schon wieder aus meiner Reichweite.
    Und Okta? Erneut verschwunden, als hätte eines der Aggregate sie verschluckt.
    »Bleib, wo du bist!«, herrsche ich Irp an. »Wenn du mich noch ein einziges Mal in der Arbeit störst, dann ...«
    Ja, was dann?
    Ich bringe es nicht fertig, einem meiner »Kinder« wehzutun. Außerdem ist Irp für mich ein kleines Vermögen wert. Nicht hier, in diesem verdammten leeren Universum, sondern in der Milchstraße.
    Der Arkonide, der Irp bei mir bestellt hat, ist der durchgeknallteste Kunde, den ich jemals hatte. Hoffentlich sucht er sich nicht inzwischen einen anderen Gendesigner, denn in dem Fall werde ich das Nachsehen haben. Mein Problem: Ich hätte die Klausel mit dem Lieferverzug nicht akzeptieren dürfen.
    Andererseits: Mir ist klar, dass ich die Beste in diesem Metier bin. Das war dem Arkoniden ebenso bewusst, als er zu mir kam – ich habe es gespürt. Und mich hat der Auftrag gereizt.
    Es wird Zeit, dass das Solsystem in die Milchstraße zurückkehrt. Haben wir denn keine fähigen Leute, die wissen, wie sie mit Sayporanern, Fagesy und Spenta fertig werden? Was ist mit Reginald Bull, mit Homer G. Adams – wollen die beiden nicht zurück?
     
    *
     
    Vor knapp dreieinhalb Monaten wurden wir verschleppt, entführt, aus der Milchstraße herausgerissen – ich weiß nicht, wie ich das Geschehene anders nennen soll. Gerade deshalb fürchte ich den Tag, an dem ich zu hören bekomme, dass es kein Zurück geben kann und dass wir Terraner künftig heimatlos sein werden. Natürlich haben wir die Erde und die anderen besiedelten Planeten und Monde innerhalb des Sonnensystems. Aber alle gewachsenen Verbindungen nach außen fehlen. Ein paar Dutzend weitere Sonnensysteme in diesem uns Menschen fremden Miniaturuniversum können kein Ersatz sein.
    Für mich sind sie das jedenfalls nicht. Damit ich meine Fähigkeiten einsetzen kann, brauche ich die oberen Zehntausend in der Milchstraße – zahlungskräftige Auftraggeber, die das Besondere zu schätzen wissen. Die Zeiten, in denen jemand sich mit einem Okrill schmückte, um Respekt einzufordern, sind vorbei. Nicht mehr plumpe Kraft und Stärke zählen, sondern eher das Feinsinnige und Verborgene. Ich schaue mich nach Irp um: nun ja, auch und vor allem das Verrückte, das auf dem schmalen Grat zwischen Kunst und Wahnsinn balanciert. Mit Irps Design habe ich ohnehin den letzten Millimeter des gesetzlichen Rahmens ausgereizt.
    Ich bin Künstlerin, das lasse ich mir von niemandem nehmen, schon gar nicht von den Terra-Nostalgikern, die meinen Berufszweig verdammen. Genpanscher, schimpfen sie und verkennen dabei die Wirklichkeit. Ich bezeichne mich als Künstlerische Gendesignerin ...
    »Mutter!« Irp krächzt und schlägt seine Fänge in die Scheibe Synthofleisch, die ich vor einer Stunde aus dem Brutschrank geholt habe. Eigentlich war das Fleisch als Steak für mich gedacht, doch Irp hat mich mit seinem Arkonidengesicht so treuherzig angesehen, dass ich einfach nachgeben musste.
    Verrückt. Absolut verrückt, was ich da ins Leben geholt habe.
    Aber Okta ist mir vorerst wichtiger. Ein bizarres, kleines, robustes Tier, das war die Grundforderung. Schnell und ein geschickter Kletterer und über elektromagnetische Impulse zu lenken.
    Letzteres hielt ich für unmöglich. Trotzdem startete ich den Versuch, wenn auch ohne eine passende
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