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PR 2680 – Aufbruch der Unharmonischen

PR 2680 – Aufbruch der Unharmonischen

Titel: PR 2680 – Aufbruch der Unharmonischen
Autoren: Arndt Ellmer
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erschienen.«
    »Ihr habt sie sofort als Boten der Superintelligenz erkannt?«
    »Zu keinem Zeitpunkt. Sie waren Unharmonische, obwohl einer von ihnen eine Maske trug. Nach und nach begriffen wir, dass die Welt nicht mehr die war, die wir kannten.«
    Der Sicherheitschef schwieg und wandte sich demonstrativ ab.
    Pronk Trazyn bewegte sich unruhig. Er schien Mühe zu haben, sich auf seine nächste Aufgabe zu konzentrieren. Schließlich wandte er sich Carmydea zu.
    »Du hast ganz andere Erlebnisse«, sagte er. »Verzückung und Ekstase mentaler Art sind dir fremd. Aber du staunst gewiss ebenso über die veränderte Situation.«
    »Ich kann das alles nicht richtig einordnen«, sagte sie. »Der Hass meines Bruders war vom ersten Augenblick an unerträglich. Es sitzt so tief, dass es mich selbst beim Nachdenken lähmt.«
    »Darüber sollten wir sprechen. Es ist eine Erfahrung, die jeden Harmonischen aus der Bahn werfen muss.«
    Carmydea warf den Kopf zurück. »Wenn es bereits mich derart mitnimmt, würde dann ein Harmonischer etwa daran zerbrechen?«
    Galoben Keann fuhr herum. Die starre Maske rückte ganz nah an sie heran, so nah, dass sie sich bedroht fühlte.
    »Gib dir die Antwort selbst. Jetzt!«
    »Harmonische können untereinander nicht so grausam sein«, sagte sie. »Wenn aber umgekehrt ein Unharmonischer der Verursacher ist ...« Sie ließ den Satz lieber offen.
    »Erkennst du jetzt den Sinn in der Existenz der Splitter? Nur wenn alle Bewohner Escalians harmonisiert sind, ist echter Frieden möglich. Ein einzelner Störenfried reicht aus, um ein ganzes Reich zu gefährden.«
    Sie waren also Störenfriede, Unharmonische eben, die nicht wussten, was Harmonie bedeutete.
    »Erkenntnis ändert nichts am persönlichen Befinden«, mischte Trazyn sich ein. »Wenn du einverstanden bist, setze ich das Gespräch fort.«
    Die starre Maske verschwand aus Carmydeas Blickfeld. Keann stand nun irgendwo in der Nähe der Tür und hinter ihrem Rücken.
    »Ich will im Gespräch mit dir ergründen, was das Verhalten deines Bruders in dir auslöst oder ausgelöst hat«, fuhr der Psychologe fort. »Wie gut schläfst du?«
    »Schlecht. Und sehr unruhig. Gewöhnlich träume ich sehr selten, aber jetzt jede Nacht mehrmals. Und immer ist es ein Schemen, ein verzerrtes Gesicht ohne Maske, das entfernt meinem Bruder ähnelt, wie ich ihn aus Kindertagen in Erinnerung habe.«
    »Ein stummes Gesicht?«
    »Es reißt den Mund auf, wahrscheinlich sagt es mir etwas. Aber ich kann nichts hören. Der Mund bleibt stumm.«
    »Versuch dich genauer an deine Kindheit zu erinnern. Hast du deinem Bruder wehgetan? Vielleicht mehrfach?«
    »Nein, da ist nichts.«
    »Es könnte neben seinem Hass auf alles Unharmonische eine zusätzliche Erklärung für sein aggressives Verhalten und die Folter sein.«
    »Ich vermute eher, dass er mein Bewusstsein manipuliert hat.«
    »Interessant«, zischte es dicht neben ihrem Ohr. Vor Schreck zuckte sie zusammen. »Er manipuliert dein Bewusstsein, damit der Kanzler es hinterher leicht mit dir hat.«
    »Das entspräche durchaus dem Verhalten der Harmonischen gegenüber anderen Jyrescao, die in ihre Hände gefallen sind«, sagte Trazyn. »Ich habe ein paar von ihnen behandelt und weiß, wovon ich rede.«
    »Finde es heraus!«, sagte Keann in aggressivem Tonfall und stürmte zur Tür. »Aber warte, bis ich zurück bin.«
     
    *
     
    Pronk Trazyn warf Carmydea einen flehenden Blick zu. »Keann besteht darauf, dich festzubinden.«
    »Würde ich es nicht besser wissen, würde ich glauben, mein Bruder stecke unter dieser starren Maske.«
    Herkömmliche, personenbezogene Masken sagten immer viel über den Charakter der Wesen aus, die darunter steckten. Deshalb benutzten die Lirbal in der Öffentlichkeit gern andere Masken als zu Hause. Prominente schützten sich dadurch zusätzlich vor Attentaten und Raubüberfällen. Die kamen angeblich vor, und es stand außer Frage, wer sie verübte.
    Carmydea Yukk reichte Trazyn die Arme. Er wickelte Stoffbänder um ihre Handgelenke und verknotete die Enden an Ringen, die aus der Liege ragten. Keann wollte auf einer Fixierung des Kopfes bestehen, aber Trazyn ignorierte es.
    »Die Harmonischen argwöhnen, dass dein Bewusstsein viel früher manipuliert wurde und die Jyrescaboro dich als Saboteur geschickt hat«, sagte der Psychologe. »Ganz sicher kann man so etwas nie ausschließen. Wir werden es sehen.«
    Carmydea kannte Trazyn gut genug. Er war der Spezialist für fremde Mentalität, der
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