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PR 2661 – Anaree

PR 2661 – Anaree

Titel: PR 2661 – Anaree
Autoren: Uwe Anton
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Begriff und seine Bedeutung kannte. Und damit wurde für sie auf einmal klar: Es war also doch nicht nur ein böser Traum gewesen. Sie war den Baum hinaufgeklettert, und das Wissen des Sternjuwels war auf sie übergegangen.
    »Da bist du ja«, sagte die Morgenschwester freundlich und lächelte Anaree an, als hätte es nie ein böses Wort zwischen ihnen gegeben. Als wäre Anaree nie auf den Baum geklettert.
    Anaree schaute betroffen auf ihre Zehenspitzen.
    »Wie geht es meinem Tagvolk?«, fuhr die schöne Frau fort. »Bringen die Jäger genug Fleisch? Liefern die Felder genug Früchte, die Bäume genug Obst?«
    Anaree überlegte lange, bevor sie darauf antwortete. »Uns mangelt es an nichts«, sagte sie schließlich.
    »Das freut mich.« Das Lächeln der Morgenschwester wurde breiter. »Ich möchte, dass du mich begleitest. Wir haben viel zu besprechen, wie du dir denken kannst, und ich muss dir sehr viel zeigen. Du musst es unbedingt sehen. Es wird dich interessieren.«
    »Interessieren?« Anaree war plötzlich besorgt. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass die Herrin des Tagvolks ihr Belanglosigkeiten vorführen wollte. Alles, was nun geschehen würde, würde bedeutende Auswirkungen auf ihr weiteres Leben haben.
    Die Morgenschwester runzelte die Stirn, und Anaree wäre am liebsten im Boden versunken. »Ja, Herrin«, sagte sie. »Natürlich. Dein Wunsch ist mir Befehl.«
    »Wie könnte es auch anders sein«, erwiderte die Morgenschwester leichthin, drehte sich um und kehrte zurück zu der Hütte, neben der sie so unvermittelt aufgetaucht war.
    Anaree folgte der Morgenschwester dorthin und dann weiter auf die Steppe, die das Dorf auf der anderen Seite des Flusses umgab. Mit jedem Schritt wurde ihr in ihrer Gegenwart unbehaglicher zumute.
    Sie gingen weiter, Schritt für Schritt, und obwohl Anaree den Eindruck hatte, noch gar nicht so lange unterwegs zu sein, spürte sie schließlich, dass die Muskeln ihrer Oberschenkel schmerzten. Sie blieb stehen und massierte sie.
    Die Frau in dem Chiton drehte sich zu ihr um und warf ihr einen spöttischen Blick zu. »Du erfährst gerade, dass Raum und Zeit in dieser Umgebung keine Bedeutung haben. Was für dich Dutzende von Kilometern sind, sind für mich nur wenige Meter. Glaub mir, diese Erfahrung wird sich noch vertiefen. Aber sogar du wirst das Ziel bald erreichen.«
    Die Morgenschwester hatte die Worte kaum ausgesprochen, als sich für Anaree die Umgebung veränderte. Ein Schritt, und sie war nicht mehr von den kargen Büschen der weiten Steppe umgeben, sondern von seltsam engen Wänden, Böden und Decken. Das warme Sonnenlicht wurde kalt und künstlich, statt Pflanzen begrenzte schimmerndes Metall ihr Sichtfeld.
    Der Anblick rief solche Angst in ihr hervor, dass sie am liebsten laut aufgeschrien hätte. Aber sie war wie gelähmt, wagte es nicht, wollte in Anwesenheit der Morgenschwester keine Schwäche zeigen.
    »Du hältst dich gut«, sagte die Herrin des Tagvolks. »Viele geraten in Panik, wenn sie zum ersten Mal einen anderen Bereich sehen. Das ist verständlich und normal. Es braucht eine Weile, bis Geschöpfe wie du akzeptieren können, dass es direkt neben ihrer Welt noch andere gibt. Viele andere Welten.«
    Mit dem nächsten Schritt änderte sich die Umgebung erneut. Sie befand sich wieder auf einer savannenartigen Ebene, aber die Position der Sonne am Himmel, die Farbe der Gräser und die Arten der Sträucher verrieten ihr, dass es sich nicht um die handelte, auf der sich das Dorf des Tagsvolks befand.
    Und da war noch etwas, das ganz und gar nicht hierher gehörte, das einfach nicht in diese Landschaft passte: ein Fremdkörper, der überdies noch bedrohlich wirkte.
    Die Morgenschwester machte einen Schritt, und sie hatten das 15 Meter hohe und acht Meter durchmessende fassförmige Gebilde erreicht. Dieses ... ölige schwarze Ei, das sämtliches Licht in sich aufzusaugen schien, sodass die Ebene auf Hunderte von Metern wie in Dunkelheit getaucht war.
    Auf den planen Deckflächen des Eis war eine Vielzahl von Kreisen abgebildet, die aus kleinen roten Punkten bestanden und sich gegenseitig durchdrangen. Als Anaree dieses Muster sah, musste sie unwillkürlich an Teilchenbewegung in einem Gas denken.
    »Du weißt, was das ist?« Die Morgenschwester drehte sich nicht einmal zu Anaree um, als sie die Frage stellte.
    Anaree wusste es. »Eine Nekrophore«, sagte sie tonlos.
    »Du weißt, was eine Nekrophore ist?«
    »Ein Behälter mit Biozid-Koagulaten, die die Nukleotide
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