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PR 2627 – Die letzten Tage der GEMMA FRISIUS

PR 2627 – Die letzten Tage der GEMMA FRISIUS

Titel: PR 2627 – Die letzten Tage der GEMMA FRISIUS
Autoren: Michael Marcus Thurner
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Unbehagens erzeugen. Die Imitation eines Gefühls des Unbehagens, denn es ist Kleber 37 lediglich möglich, emotionelle Regungen zu erahnen.
    Er analysiert und zieht Schlüsse. Er wägt Vor- und Nachteile ab. Benötigt er Zugriff auf derart viele Organismen oder kann er ihre Zahl weiter reduzieren?
    Kleber 37 trifft eine Entscheidung.
     
    *
     
    Die anderen Mitglieder der Zentralebesatzung wurden nicht in ihre Pläne eingeweiht. Je weniger Leute Bescheid wussten, desto größer ihre Chance auf Erfolg.
    Kerstin Owomay und Paro Dusenstein waren zweifellos begabte Piloten. Solche, die auch den miesesten Schrotthaufen des bekanntesten Universums mithilfe von Seilzügen und Pedalen sicher auf einer Schwerkraftwelt hätten landen können.
    So sagte man zumindest, und David hoffte, dass in diesen Gerüchten wenigstens ein kleines Körnchen Wahrheit steckte.
    Sie machten sich auf den Weg. In Anzüge gehüllt, die des Großteils ihrer Technik beraubt waren und gerade mal die Basisfunktionen erfüllten. Sie schützten vor Temperaturschwankungen und waren in der Lage, Schutzschirme aufzubauen. Die Aktivierungen mussten per Hand getätigt werden. Es gab keine blitzschnell reagierenden Positroniken, die Entscheidungen für sie trafen. Keinen Funk, keinen Antigrav. David und seine Begleiter mussten das Gewicht ihrer Anzüge tragen und fühlten nichts durch ihre Handschuhe, da auch die Rezeptoren desaktiviert waren.
    »Weiter!«, flüsterte David. Er blickte auf jene Zeichnung, die Achtsieben ihm angefertigt hatte. Sie zeigte einen Weg, den sie nehmen mussten.
    Konnte er den Angaben des Wesens von Baldurs Welt vertrauen? – Sirenius hatte behauptet, die »toten Winkel« im Schiff ausmachen zu können. Jene Flecken im Inneren der GEMMA FRISIUS, die noch nicht unter der Kontrolle von 37 standen. Solange sie Wege nutzten, die durch diese Gebiete führten, konnten sie einigermaßen sicher sein, nicht entdeckt zu werden.
    Was aber war mit mobilen Einheiten? Was, wenn ihr Gegner TARAS und Service-Roboter ausschickte? Wenn er sie als seine Augen und seine Arme nutzte?
    Du bist ohnehin bereits tot, dachte David Campese. Du hast nichts mehr zu verlieren.
    Deck 7-4 war erreicht. Nun die Nottreppe hinab, nicht den Antigrav benutzen. In einen der Service-Gänge einsteigen, ihn für etwas mehr als zwanzig Meter nutzen, bei Kabinentrakt 7-X aussteigen. Nach rechts. Den Verteiler kreuzen, vorbei an mehreren nutzlos dastehenden Service-Robotern ...
    Geschützfeuer. Ein Hitzeschwall drang aus einem der Gänge zu Davids Linken. Er hörte den erstickten Schrei eines Menschen. Einen flehenden Laut. Einen Ton, den er niemals zuvor gehört hatte. Ein Gluckern, das mit Zischen einherging.
    Der Schrei erstarb. Schreckliche, entsetzliche Stille kehrte ein.
    Ein Mensch war gestorben, ganz gewiss. Erschossen, erschlagen, gegrillt – was auch immer.
    Paro Dusenstein wandte sich dem Gang zu. Seine mächtigen Muskeln spannten sich an. Der Ertruser wollte nachsehen, wollte seiner Neugierde und seinem Zorn nachgeben.
    David griff nach dessen Arm, wurde abgeschüttelt wie eine lästige Fliege.
    Das Blut des Umweltangepassten, eines Sensibelchens sondergleichen, geriet in Wallung. Mehrere Hundert Kilogramm Fleisch und Muskelmasse setzten sich in Bewegung, auf die Gefahr zu, hinein in Feindesgebiet. Er vergaß seine Aufgaben und Pflichten, war nicht mehr zu bremsen ...
    Owomay blockierte seinen Weg. Jene zartgebaute und grazile Frau, die ihm nur bis zur Leibesmitte reichte. Sie stellte sich breitbeinig hin und fuchtelte mit den Armen.
    Paro Dusenstein wollte sie beiseiteschieben. Doch die Frau wich aus, zog sich einen Schritt zurück, gestikulierte wiederum wütend in Richtung des Ertrusers, gab ihm wenig schmeichelhafte Namen.
    »Wir können nicht mehr helfen, du nichtsnutziger Fettkloß!«, rief sie und hieb Dusenstein mit einer Wucht in die Rippen, die David ihr niemals zugetraut hätte. »Wir müssen weiter! Wir haben eine Aufgabe zu erfüllen!«
    Der Pilot zögerte, hielt inne. Er schüttelte den mächtigen, fast halslosen Kopf, als würde er eben aus einem schlechten Traum erwachen.
    Kerstin Owomay griff nach einer seiner Hände. Sie zerrte daran – und der Riese folgte ihr gehorsam.
    Wie ein viel zu großes Kind, das einen Fehler begangen hatte und nun schuldbewusst in die Welt starrte.
    David atmete erleichtert durch. Unter anderen Umständen hätte er sich nun in den geliebten Schaukelstuhl in seiner Kabine gefläzt, hätte eine Flasche Gelbwein
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