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Portrat in Sepia

Portrat in Sepia

Titel: Portrat in Sepia
Autoren: Isabel Allende
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ich das Bett unbedingt
fotografieren und Genaueres darüber wissen wollte. »Der Spaß
kehrte sich gegen mich. Ich hatte geglaubt, sie würden sich über
Feliciano lustig machen, aber sie lachten über mich. Ich hatte
die Leute falsch eingeschätzt. Wer hätte sich auch soviel
Heuchelei vorstellen können? Zu jener Zeit war San Francisco
ein Wespennest aus korrupten Politikern, Banditen und Dirnen.«
»Vielleicht gefiel ihnen die Herausforderung nicht«, schlug
ich vor.
    »Nein. Man erwartet, daß wir Frauen das Ansehen des
Ehemannes sorglich pflegen, mag der auch noch so schlecht
sein.«
    »Ihr Ehemann war nicht schlecht«, widersprach ich. »Das
nicht, aber er machte Dummheiten. Jedenfalls ist es mir um das
berühmte Bett nicht leid, ich habe vierzig Jahre darin
geschlafen.«
»Was hat Ihr Mann getan, als er sich entdeckt sah?«
    »Er sagte, während das Land im Bürgerkrieg ausblute, kaufte
ich römische Lotterpfühle. Und leugnete natürlich alles. Keiner,
der auch nur zwei Fingerbreit Verstand im Schädel hat, wird
einen Treuebruch zugeben, und wenn man ihn aus den fremden
Bettlaken zerrte.«
»Sagen Sie das aus eigener Erfahrung?«
     
»Ach, wenn’s doch so wäre, Aurora!« erwiderte Paulina del
Valle ohne zu zögern.
    Auf dem ersten Foto, das ich von ihr aufnahm, als ich
dreizehn war, sitzt sie in einem Spitzennachthemd und mit
einem halben Kilo Schmuck darüber in ihrem mythologischen
Bett, gegen Kissen mit bestickten Satinbezügen gelehnt. So habe
ich sie viele Male erlebt, und so hätte ich sie auch gerne
gesehen, als sie starb und ich Totenwache bei ihr hielt, aber sie
wollte im tristen Habit der Karmeliterinnen begraben werden
und wünschte, daß mehrere Jahre hindurch Singmessen für den
Frieden ihrer Seele gehalten würden. »Ich habe genug Skandale
eingerührt, es ist an der Zeit, zu Kreuze zu kriechen«, erklärte
sie, als sie in der winterlichen Schwermut ihrer letzten Tage
versank. Sie sah das Ende nahen und war zutiefst verstört. Sie
verbannte das Bett in den Keller und ließ an seiner Stelle eine
    Holzpritsche aufstellen mit einer Seegrasmatratze, um nach
all der Üppigkeit ohne Luxus zu sterben, vielleicht würde Sankt
Petrus ja ein Auge zudrücken und im Buch der Sünden eine
neue Seite aufschlagen, wie sie sagte. Aber die Angst reichte
doch nicht aus, daß sie sich von anderen materiellen Gütern
getrennt hätte, und bis zum letzten Atemzug behielt sie die
Zügel ihres Finanzimperiums in den Händen, das damals schon
sehr viel kleiner geworden war. Vom Schneid ihrer Jugend war
zum Schluß wenig übriggeblieben, selbst die Ironie ging ihr
verloren, aber meine Großmutter hatte ihre eigene Legende
geschaffen, und keine Seegrasmatratze und kein
Karmeliterinnenhabit würden sie darin irremachen. Das
florentinische Bett, das sie aus purem Vergnügen durch die
Hauptstraßen der Stadt fahren ließ, um ihren Mann zu bestrafen,
gehörte zu ihren glorreichen Momenten. Zu jener Zeit lebte die
Familie in San Francisco unter einem anderen Namen - Cross -,
weil kein Nordamerikaner das hochtönende Rodriguez de Santa
Cruz y del Valle aussprechen konnte, was jammerschade ist,
denn es hat so hübsch altertümliche Anklänge an die Inquisition.
Sie zogen in das Viertel Nob Hill, wo sie sich ein riesiges Haus
bauten, eines der prächtigsten der Stadt, was sich zum Delirium
für mehrere rivalisierend e Architekten der Stadt auswuchs, die
nacheinander angestellt und bald darauf wieder weggeschickt
wurden. Die Familie hatte ihr Vermögen nicht beim Goldrausch
von 1849 gemacht, wie Feliciano es gern gehabt hätte, sondern
dank dem hervorragenden unternehmerischen Instinkt seiner
Frau, die auf den Gedanken kam, frische Lebensmittel aus Chile
in antarktischem Eis gelagert nach Kalifornien schicken zu
lassen. In jenen wildbewegten Tagen kostete ein Pfirsich eine
Unze Gold, und sie wußte diese Zustände zu nutzen. Der
Versuch war erfolgreich, und schließlich unterhielten sie eine
richtige kleine Flotte von Schiffen, die zwischen Valparaiso und
San Francisco verkehrten; im ersten Jahr fuhren sie noch leer
zurück, aber dann wurden sie mit kalifornischem Mehl beladen.
Damit stürzte Paulina etliche chilenische Landwirte in den Ruin,
darunter ihren eigenen Vater, den gefürchteten Agustin del
Valle, dessen Weizen in den Scheuern verrottete, weil er nicht
mit dem schneeweißen Mehl der Yankees konkurrieren konnte.
Durch die Wut verrottete auch seine Leber. Als das
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