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Poor Economics

Poor Economics

Titel: Poor Economics
Autoren: Abhijit Banerjee , Esther Duflo
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Menschen etwas mehr Geld und Bildung haben, kommt ein Circulus virtuosus in Gang, aus dem auch gute Institutionen hervorgehen.
    Wir geben beiden recht: Auf breit aufgestellte INSTITUTIONEN als notwendige und hinreichende Bedingung zu pochen, damit sich etwas zum Besseren wendet, ist unangebracht. Die politischen Zwänge sind nicht wegzuleugnen, und sie machen
es schwer, große Lösungen für große Probleme zu finden. Doch es gibt genügend Spielraum, um die Institutionen und die Politik im Kleinen zu verbessern. Ein tieferes Verständnis für die Motivationen und Zwänge aller Beteiligten (der Armen, der Staatsbediensteten, der Steuerzahler, der gewählten Politiker und so weiter) kann zu Maßnahmen und Institutionen führen, die besser durchdacht sind und weniger Gefahr laufen, durch Korruption oder Nachlässigkeit in ihr Gegenteil verkehrt zu werden. Diese Veränderungen können nur in kleinen Schritten vor sich gehen, aber sie werden von Dauer sein und aufeinander aufbauen. Sie können zum Ausgangspunkt einer stillen Revolution werden.

Es gibt keine Patentlösung
    Wirtschaftswissenschaftler (und andere Experten) können offenbar wenig Substanzielles dazu sagen, warum manche Länder sich positiv entwickeln und andere nicht. Hoffnungslose Fälle wie Bangladesch und Kambodscha blühen in wunderbarer Weise auf, Aushängeschilder wie die Elfenbeinküste sinken in den Bereich der »untersten Milliarde« ab. Rückblickend lässt sich immer eine Begründung zusammenbasteln, warum in welchem Land welche Entwicklung eingetreten ist. Wenn wir ehrlich sind, müssen wir aber zugeben, dass wir meistens nicht in der Lage sind, vorherzusagen, wo es zu einem Aufschwung kommen wird, bzw. zu erklären, warum Dinge plötzlich aus dem Ruder laufen.
    Da Wirtschaftswachstum nur mit den vereinten Kräften von Körper und Geist zu machen ist, erscheint es plausibel, dass, nachdem die Initialzündung gegeben ist, die Dinge erst dann richtig ins Laufen kommen, wenn Männer und Frauen ordentlich ausgebildet, gut ernährt und gesund sind, wenn sich Bürger sicher und zuversichtlich genug fühlen, um in ihre Kinder zu investieren und sie ziehen zu lassen, damit sie die neuen Jobs in der Stadt annehmen.
    Aber es ist auch wahr, dass, bis das passiert, etwas geschehen muss, um das Warten auf die Initialzündung erträglicher zu machen. Wenn man zulässt, dass sich Elend und Verzweiflung ausbreiten, dass Wut und Gewalt die Oberhand gewinnen, dann findet die Initialzündung vielleicht nie statt. Eine funktionierende Sozialpolitik, die desillusionierte Menschen davon abhält, alles hinzuwerfen, könnte ein wichtiger Schritt sein, damit ein Land diesen unbestimmten Termin nicht verpasst.

    Und selbst wenn all das nicht zutreffen sollte – wenn Sozialpolitik nichts mit Wachstum zu tun hat –, gibt es doch triftige Gründe, jetzt alles in unseren Kräften Stehende zu tun, um das Leben der Armen zu verbessern und nicht auf die Initialzündung für den Aufschwung zu warten. Die moralische Begründung haben wir bereits im einleitenden Kapitel geliefert: Je mehr wir wissen, was wir gegen Armut tun können, desto weniger dürfen wir die Vergeudung von Leben und Talenten hinnehmen, die Armut mit sich bringt. Obwohl wir kein Wundermittel zur Ausrottung der Armut besitzen, kein Allheilmittel gegen alles und jedes, kennen wir doch eine ganze Reihe von Maßnahmen, mit denen sich das Leben der Armen verbessern lässt. Fünf zentrale Aspekte spielen dabei eine Rolle.
    Erstens fehlen Armen oft wichtige Informationen und sie glauben Dinge, die nicht richtig sind. Sie zweifeln am Nutzen von Impfungen, sie halten das, was man in den ersten Schuljahren lernt, für unwichtig, sie wissen nicht, wie viel Dünger sie verwenden müssen, sie wissen nicht, wie schnell man sich mit HIV ansteckt, sie haben keine Vorstellung davon, was ihre Politiker machen. Wenn sich ihre festen Überzeugungen als falsch herausstellen, treffen sie schlechte Entscheidungen, manchmal mit fatalen Folgen – denken Sie an die Mädchen, die ungeschützten Sex mit älteren Männern hatten, oder die Bauern, die viel mehr Dünger verwendeten als empfohlen. Selbst wenn ihnen bewusst ist, wie wenig sie wissen, kann die daraus entstehende Unsicherheit großen Schaden anrichten. Wenn sich beispielsweise zur Unsicherheit über den Nutzen von Impfungen noch die Neigung zum Aufschieben gesellt, dann werden am Ende nur wenige Kinder geimpft. Bürger, die über Politik nicht Bescheid wissen, stimmen
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