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Poor Economics

Poor Economics

Titel: Poor Economics
Autoren: Abhijit Banerjee , Esther Duflo
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Niger und Nigeria) legten ein Weißbuch mit Handlungsempfehlungen vor. Die Empfehlungen waren sehr weit gefasst, ohne sich bei bestimmten Gruppen anzubiedern. Zu der Konferenz kamen Politiker aller in der Nationalversammlung vertretenen Parteien sowie Vertreter verschiedener Nichtregierungsorganisationen. Nach der Veranstaltung erklärten sich einige Parteien bereit, für ein Experiment die auf der Konferenz gemachten Vorschläge in ihre Wahlprogramme aufzunehmen. Diese Programme stellten sie in zufällig ausgewählten Dörfern in Dorfversammlungen ausführlich vor, und die Besucher
hatten Gelegenheit, sich dazu zu äußern. In den Vergleichsdörfern wurden die üblichen Wahlversammlungen abgehalten, die eher Volksfestcharakter haben und bei denen klientelbezogene Botschaften und allgemeine, vage Absichtsbekundungen die Regel sind. Dieses Mal waren die Ergebnisse umgekehrt: Wahlbeteiligung und Unterstützung für die Partei, die die Kampagne durchführte, waren in den Dörfern höher, wo sich die Dorfversammlungen mit konkreten Politikvorschlägen befasst hatten.
    Daraus darf man den Schluss ziehen, dass eine glaubwürdige Botschaft Wähler davon überzeugen kann, für eine auf das Gemeinwohl ausgerichtete Politik zu stimmen. Wenn ein Politiker spürt, dass man ihm Vertrauen schenkt, können sich auch seine Motive ändern. Er bekommt das Gefühl, dass man ihn schätzt, wenn er etwas Gutes tut, und ihn dann vielleicht wiederwählt. Menschen in Machtpositionen haben oft gemischte Motive – sie wollen geliebt werden oder Gutes tun, sowohl weil es ihnen ein Anliegen ist als auch weil sie ihre Position sichern möchten, selbst wenn sie korrupt sind. Solche Menschen treiben Veränderungen voran, solange sie nicht völlig mit ihren ökonomischen Zielen im Widerspruch stehen. Sobald eine Regierung unter Beweis stellt, dass sie bereit ist, die in sie gesetzten Erwartungen zu erfüllen, und das Vertrauen des Volkes gewinnt, eröffnen sich weitere Möglichkeiten. Die Regierung kann es sich jetzt leisten, sich weniger auf das Kurzfristige zu konzentrieren, weniger nach der Wählergunst um jeden Preis zu streben, weniger Politik mit Unmengen kleiner Geschenke zu machen. Es ist die Chance, langfristig und weitsichtig geplante Politik zu machen. Wie wir in Kapitel 4 gesehen haben, veranlasste der nachweisliche Erfolg von PROGESA Vicente Fox dazu, dieses Programm auszubauen statt es einzustellen, nachdem die Partei, die es eingeführt hatte, die Wahlen verloren hatte und er mexikanischer Präsident wurde. Ähnliche Programme haben sich seitdem über ganz Lateinamerika und von dort in die übrige Welt ausgebreitet. Anfänglich mögen diese Programme weniger populär sein als kleine Geschenke, weil die Familien etwas tun müssen, das sie sonst vielleicht nicht tun würden,
aber das Knüpfen an Bedingungen gehört zur Grundidee dieses Programms (vielleicht zu Unrecht, wie wir gesehen haben) und ist ein wesentliches Element beim »Ausbrechen aus dem Armutskreislauf«. Wir finden es ermutigend, dass nun alle Parteien, rechte wie linke, das Gefühl haben, sie sollten mit Wahlprogrammen werben, die langfristiges Denken in den Mittelpunkt stellen.
     
    Viele Politiker und Wissenschaftler im Westen sind extrem pessimistisch, was die politischen Institutionen in den Entwicklungsländern angeht. Je nach politischer Neigung machen sie dafür alte agrarische Strukturen verantwortlich, oder die »Erbsünde« des Westens – die Kolonisation und ihre ausbeuterischen Institutionen  – oder einfach unglückliche kulturelle Traditionen, in denen ein Land gefangen ist. Wie auch immer sie im Einzelnen begründet sind, solche Auffassungen gehen stets davon aus, dass vor allem schlechte politische Institutionen dafür verantwortlich sind, dass arme Länder arm bleiben. Für einige ist das ein Grund zur Resignation, andere wollen institutionelle Veränderungen von außen erzwingen.
    Easterly und Sachs sind beide mit diesen Argumenten nicht zufrieden, aus unterschiedlichen Gründen. Easterly gesteht »Experten« aus dem Westen kein Urteil darüber zu, ob bestimmte politische Institutionen an einem anderen Ort in dessen speziellem Kontext notwendigerweise gut oder schlecht sind. Sachs glaubt, dass schlechte Institutionen eine Krankheit armer Länder sind: Wir können Armut selbst in einem schlechten institutionellen Umfeld erfolgreich bekämpfen, wenn vielleicht auch nur teilweise, indem wir uns auf konkrete, messbare Programme stützen. Sobald die
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