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Pommes rot-weiß

Pommes rot-weiß

Titel: Pommes rot-weiß
Autoren: Christoph Güsken
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brauchen Beweise!«
    »Also schön, Sie wollen, dass ich Ihnen helfe, Ihren Verdacht zu beweisen. Nehmen wir an, ich mache es. Dann würde ich mir aber nicht Ihre Brille aufziehen lassen.« Ich zog meine ab und stellte fest, dass der italienische Terminator das Gestell vorhin abenteuerlich verbogen hatte.
    »Was für eine Brille?«, fragte Melanie Storck.
    »Die Brille, durch die Martens abstoßend und bösartig aussieht, während der arme Marius eine Art Heiligenschein trägt. Er ist keiner von den Schlagzeilen-Heinis? Dabei scheint er mir doch hinter einer fetten Schlagzeile her gewesen zu sein. Und wer sagt mir, dass es sich dabei nicht um eine Bettgeschichte gehandelt hat?«
    »Schon gut.« Offenbar war sie nicht sauer auf mich. Sie fühlte sich so sehr im Recht, dass in ihrem Blick nur tiefe Enttäuschung darüber zu sehen war, dass ich moralisch so wenig mit ihr Schritt halten konnte. Vielleicht war es nicht einmal Enttäuschung und sie hatte gar nichts anderes erwartet.
    Melanie wandte sich zum Gehen. »Ich hatte gedacht, Sie stünden auf unserer Seite.«
    Mir platzte der Kragen. »Verdammt, jetzt hören Sie doch mit Ihren Seiten auf! Überall sonst hat sich spätestens seit dem Mittelalter herumgesprochen, dass die Welt eine Kugel ist. Nur ihr lebt noch in der heilen, zweiseitigen Welt!«
    Für meinen Ausbruch hatte sie nur ein abfälliges Lächeln übrig. Doch sie ging nicht sofort, sondern warf noch einen Blick aus dem Fenster.
    Unten im Hof war ein Tor gefallen und jetzt hatte sich von einem der Fenster aus ein Bewohner eingeschaltet und bat sich Ruhe aus.
    »Was soll das heißen?«, erkundigte sich Frau Storck.
    »Das heißt, wenn ich auf Ihrer Seite stehen soll, dann ist das nicht umsonst.«
    »Klar.« Sie nickte verständnisvoll. »Wir haben in der Gruppe zusammengelegt. Fünfundsiebzig am Tag sollten okay sein.«
    »Fünfundsiebzig!«
    Zum ersten Mal hatte sie einen Witz gemacht. Die ganze Zeit hatte ich mir die Frage gestellt, wieso die Solidaritätsgruppe ausgerechnet auf mich verfallen war. Jetzt hatte ich die Antwort. Es gab offenbar Kreise, in denen ich den Ruf hatte, ein Preisbrecher zu sein. Henk und seine Studentenfreundin waren schuld daran.
    »Pfennig oder Mark?«, fragte ich vorsorglich.
    Sie grinste säuerlich. »Wir haben alle nicht viel.«
    »Tja, dann tut’s mir Leid«, sagte ich. »Sie können mich nicht mit sich vergleichen. Schließlich kriege ich kein Bafög. Also…«
    »Das ist Ihr letztes Wort?«
    Ich kämpfte mich mühsam auf die Beine. »Soll ich Ihnen sagen, wie viel mir mein Klient zahlt? Wenn ich für Sie arbeite, müsste ich das alles sausen lassen und…«
    Melanie hob beide Hände, als hätte ich eine Waffe auf sie gerichtet. »Okay«, erklärte sie, »ich habe mich in Ihnen geirrt. Sie sind genau der Richtige für Martens!«
    Damit ließ sie mich stehen.
    »Was soll das denn wieder heißen?«, rief ich ihr hinterher.
    »Dass Sie ein Kurzhaardackel sind, dem man einen Geldschein unter die Nase hält, damit er anfängt zu schnüffeln!«
    Mir kam plötzlich eine Idee. »Übrigens, planen Sie in Ihrer Aktionsgruppe auch Theatralisches?«
    Sie stand in der Wohnungstür und drehte sich noch einmal um. »Glaube kaum, dass Sie das etwas angeht. Was meinen Sie mit theatralisch?«
    »Zum Beispiel Leute, die in Schwarz gekleidet vor Häusern stehen, in der Rolle des personifizierten schlechten Gewissens.«
    Melanie warf mir einen eiskalten Blick zu. »Halten Sie mich wirklich für so dämlich? Erst wimmeln Sie mich ab und dann baggern Sie ausgerechnet bei mir nach Informationen, die Sie bei Ihrem sauberen Klienten zu Geld machen können!«
    Sie knallte die Tür hinter sich zu.
    Das war auch eine Antwort, vielleicht gar nicht mal eine schlechte. Also konnte ich nicht anders, als Melanie Storck für dämlich zu halten.

4
     
     
     
    In der Nacht fand ich keinen Schlaf. Die beiden Kerle hatten mir die Schulter verrenkt und es gab keine Stellung, in der ich schmerzlos schlafen konnte.
    Mir kam der beunruhigende Gedanke, dass ich mich gar nicht geirrt hatte, als ich vor einer Woche vergeblich auf Henks Rückkehr gewartet hatte. Es war eine Ewigkeit her, dass er mich darum gebeten hatte, ihn zum Flughafen zu bringen, aber in letzter Minute war eine seiner alten Verehrerinnen eingesprungen. Und vor einer Ewigkeit war länger als drei Wochen her.
    Es gab zwei Möglichkeiten. Erstens: Die Killer hatten ihn schon erwischt. Das bedeutete, dass der schlimmste Fall eingetreten war, aber auch,
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