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Poltergeist

Titel: Poltergeist
Autoren: Kat Richardson
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nicht, was Sie meinen.«
    Ich warf ihm einen spöttischen Blick zu. »Natürlich wissen Sie das. Sie haben mir erklärt, dass Sie die Erwartungen
der Gruppe absichtlich hochgeschraubt haben. Das schafft man am besten, indem man selbst ein psychokinetisches Phänomen hervorruft. Ich habe schon oft Betrügereien miterlebt, und Ihr Fall kommt mir recht bekannt vor. Sie bringen eine Person oder eine Gruppe dazu, zu glauben, dass sie etwas Besonderes ist, und dann versuchen Sie so viel aus ihnen herauszupressen wie möglich. Ehrlich gesagt, sind mir die Einzelheiten Ihres Experiments ziemlich egal. Aber wenn Sie möchten, dass ich Ihr Problem löse – einmal angenommen, Sie haben tatsächlich eines -, dann müssen Sie mir die Wahrheit sagen. Was Sie mir unter vier Augen erzählen, ist selbstverständlich vertraulich. Aber ich mag es nicht, völlig im Dunkeln zu tappen, und noch weniger, belogen zu werden – oder in eine Falle zu tappen.«
    Ich stand auf und starrte ihn einen Moment lang finster an. Er bedachte mich mit seinem Bösewicht-Blick, woraufhin ich die Augen rollte. »Gut, dann war es das also«, sagte ich und wandte mich zum Gehen.
    Tuckman sprang auf. »Nein, warten Sie.«
    Ich spürte, wie er mich am Oberarm festhielt. Die eisige Kälte seines Wesens züngelte über meine Haut wie die kleinen grünen Schlangen, die ich vorhin an seiner Aura wahrgenommen hatte.
    Ich wirbelte herum und riss mich von ihm los. Dann warf ich ihm einen Blick zu, der aus den Tiefen des Grau mit all seinen Geistern kam – das »Geschenk« eines lästigen Vampirs, der mich mit dem Netzwerk auf der tiefsten Ebene des Grau verbunden hatte. Tuckman riss die Hand zurück und holte tief Luft.
    »Ich … Ich sollte mich wohl entschuldigen, Ms. Blaine. Ich muss unbedingt denjenigen finden, der mein Projekt untergräbt, und das kann ich nicht selbst tun. Ich habe einen
… einen Verbündeten in der Séance-Gruppe, der mir hilft, die Erscheinungen zu kreieren. Bitte setzen Sie sich doch wieder, damit ich Ihnen alles erklären kann.«
    Mit einem tiefen Seufzer musterte ich den Stuhl verächtlich. Er hatte die Form einer großen Schüssel und war aus abstoßendem grünem Plastik. Ich warf meine Tasche darauf und zückte erneut mein Notizbuch, das ich in meiner Jacke verstaut hatte. Dann wandte ich mich wieder Tuckman zu, der an seinen Schreibtisch zurückgekehrt war.
    Man kann nicht jeden Klienten mögen – meine finanzielle Lage erlaubte es mir leider nicht, allzu wählerisch zu sein -, aber Tuckman hatte mir vom ersten Augenblick an nicht gefallen. Ich misstraute ihm und war mir ziemlich sicher, dass ich es noch bereuen würde, jetzt zu bleiben. Eine kindische Genugtuung hatte ich zumindest: Ich genoss es, ihn mit meinen ein Meter und fünfundsiebzig zu überragen.
    Ich fasste noch einmal zusammen, was er mir bisher erzählt hatte, und bat ihn dann um eine Liste der Teilnehmer. »Schreiben Sie auch die Namen Ihrer Assistenten auf, einschließlich derer, die diese Geistererscheinungen künstlich hervorrufen. Die sind am wahrscheinlichsten in die ganze Geschichte verwickelt. Ich möchte außerdem sehen, um welche Phänomene es sich tatsächlich handelt. Dazu brauche ich die Aufzeichnungen. Aber wenn ich das Ganze mit eigenen Augen beobachten könnte, wäre das natürlich wesentlich informativer.«
    Falls in dieser Gruppe irgendwelche übernatürlichen Kräfte am Werk sein sollten, dann würde ich das kaum auf einem Blatt Papier herausfinden. Aber zusehen war etwas ganz anderes. Selbst dicke Glasscheiben und schalldichte Wände konnten mich meist nicht davon abhalten, ins Grau zu blicken.

    Für einen Moment glaubte ich, Tuckman würde ablehnen, aber dann stimmte er doch zu. Es blieb ihm auch nichts anderes übrig, wenn er herausfinden wollte, was hinter den Störungen steckte. Allerdings konnte sein Problem auch ganz anderer Natur sein, doch er hatte offensichtlich nicht vor, diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen.
    Ich hingegen hatte genug Erfahrungen gesammelt, um zu wissen, dass Gespenster und Poltergeister sehr wohl existierten und nicht nur die Chimäre eines gestressten Verstandes waren. Es gab sicher nur wenige Menschen, die in so engen Kontakt mit solchen Wesen gekommen waren wie ich, weshalb ich eine solche Ignoranz irgendwie sogar nachvollziehen konnte. Trotzdem fragte ich mich, was Tuckman wirklich im Schilde führte. Irgendetwas stimmte mit ihm nicht – da war ich mir ganz sicher.
    »In Ordnung«, gab er nach, wobei er ziemlich
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