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Polterabend

Polterabend

Titel: Polterabend
Autoren: Alfred Komarek
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hinter dem Martins Zimmer war. Er klopfte noch einmal, das Fenster wurde geöffnet. »Herr Polt! Was ist los?«
    »Wo ist dein Vater?«
    »Im Keller.«
    »Sehr gut, ich muß mit dir reden, dringend.«
    Polt trat ein. »Komm mit nach hinten, da stört uns niemand.« Im rückwärtigen Teil des Hofes gab es leere Schweineställe. Auf der gegenüberliegenden Seite verband die »Tretten«, ein überdachter Säulengang, verschiedene Arbeitsräume. Polt blieb stehen. »Ich war in Znaim, Martin, und habe mit Claus Scheidt geredet.«
    »Allerhand!« Der junge Fürnkranz grinste unsicher. »Dann wissen Sie also Bescheid?«
    »So einigermaßen. Wie war das mit euren Fahrten nach drüben? Nur wegen der Monika?«
    »Was den Alten angeht, ja. Aber ich hab’s auch sonst irgendwie aufregend gefunden. Ganz anders als bei uns, wo nur tote Hose ist. Und der Dvorak ist ein cooler Typ, hab ich wenigstens immer geglaubt.«
    »Die rechte Hand vom Chef, nicht wahr?«
    »Mehr. Der kommende Mann. Nur der Scheidt hat noch keine Ahnung davon.«
    »Und wie steht der Dvorak zu deiner Schwester?«
    »Vielleicht hat sie was mit ihm. Vielleicht auch nicht.«
    »Was habt ihr denn so geredet miteinander? Hat sie erzählt, was los war in den letzten Jahren?«
    »So gut wie nichts. Sie wollte wissen, was es Neues gibt im Wiesbachtal und wie es uns geht.«
    »Welche Rolle hat denn der Lutzer gespielt, drüben?«
    »Weiß ich nicht. Der Heinz Dvorak war viel mit ihm beieinander.«
    »Und wie ist der Lutzer zu deiner Schwester gestanden? Sie kennt ihn ja von früher.«
    »Was damals war, hab ich natürlich nicht mitbekommen. Aber in Znaim hat der Lutzer nichts zu lachen gehabt mit ihr.«
    »Und dann liegt er auf einmal tot in eurem Preßhaus. Wie kommt er da hinein? Vielleicht war die Tür offen?«
    »Doch nicht in der Nacht. Mein Vater war nur am Abend dort.«
    »Nicht nur.«
    »Was sagen Sie da?«
    »Er ist beobachtet worden, wie er gegen halb zwei Uhr früh noch einmal den Hof verlassen hat. Aber er muß natürlich nicht ins Preßhaus gefahren sein. Andererseits: wohin sonst?«
    Martins Gesicht wirkte wie eingefroren.
    »Na, Martin?«
    Schweigen.
    »Komm einfach zu mir, wenn du reden möchtest, oder ruf an.«
    »Einfach so, nicht?« Jetzt lächelte der junge Fürnkranz.

 

Bartl
     
    Am Abend trat Polt seinen Dienst an. Im Bereitschaftsraum sah er Rüdiger Neumann und Ernst Zlabinger, die sich über einen Plan beugten, der auf dem großen Tisch ausgebreitet war. Neumann blickte auf. »Guten Abend, Kollege Polt. Heute nacht geht’s den Alkohol-Lenkern an den Kragen. Wir planen gerade die Einsatzschwerpunkte.«
    Polt warf einen Blick zum Fenster. Draußen war es schon dunkel. »Ich glaube, ich muß was anderes tun.«
    »So? Sie glauben? Es geht also doch was weiter im Fall Fürnkranz?«
    »Könnte sein, ja.«
    »Ist es wirklich zuviel verlangt, Kollege Polt, wenn ich Sie in aller Form ersuche, Ihre düsteren Ahnungen zu präzisieren?«
    »Es ist zuviel verlangt. Ich sage das nicht aus Sturheit. Und ich hab auch eine Bitte: Lassen Sie mir ein paar Tage freie Hand. Es kommt mehr dabei heraus, glauben Sie mir.«
    »Simon Polt, der einsame Wolf, wie?«
    »Auf Beute war ich noch nie aus.«
    »Gesetzt den Fall, ich untersage Ihnen diese eigensinnigen Streifzüge?«
    Polt schwieg.
    »Ein beredtes Schweigen, das muß der Neid Ihnen lassen. Nun, ich kann Sie nicht gut festbinden. Aber ich denke mir meinen Teil und ziehe meine Schlüsse daraus.«
    »Danke.«
    »Sie werden sich noch wundern, wofür Sie mir zu danken haben.«
    Polt zog sich warm an und verließ die Dienststelle. Es war eisig kalt geworden, und böiger Wind bewegte kahle Zweige, die sich gegen das Licht der Straßenlampen abzeichneten. Polt ging auf den Hof von Karl Fürnkranz zu. Schon in einiger Entfernung schaute er sich suchend um. Er blieb kurz vor einem verlassenen Haus stehen. Schon vor Jahren war die alte Frau Wurm gestorben, doch ihre Erben wollten nicht verkaufen, das war gegen die Familienehre. Noch nie hatte es ein Angehöriger dieser Familie notwendig gehabt, sich von Eigentum zu trennen. Weil aber auch niemand Geld in das Haus investieren wollte, wurde es allmählich zur Ruine.
    Polt ging durch eine schmale Gasse zur Rückseite des Gebäudes. Neben dem großen Tor gab es auch eine kleine Tür. Sie war unversperrt. Leise öffnete der Gendarm, schloß die Tür hinter sich und schaltete die Taschenlampe ein. Das Licht fiel auf einen verwahrlosten Innenhof. Kahle Sträucher wurzelten
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