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Polt.

Polt.

Titel: Polt.
Autoren: Alfred Komarek
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mit geübtem Griff fixiert, mit dem richtigen Schnitt dafür gesorgt, dass er nicht überleben kann. Spuren gelegt, Spuren verwischt, alles angeordnet, wie es sein muss - und später dann auf die Unwahrscheinlichkeit eines Selbstmordes hingewiesen, um mich wieder einmal unglaubwürdig zu belasten. Dann zurück ins Presshaus, die Fingerabdrücke vom Rudi auf der zerbrochenen Flasche vom Peter Rohringer platziertmehr muss ich ja nicht erzählen. Jetzt noch schnell dafür gesorgt, dass uns ein paar Leute zum kritischen Zeitpunkt zu zweit im Keller sehen. Es war dann noch sehr schön in dieser Nacht. Der Rudi hat geschlafen und war nicht mehr lästig, ich bin ruhig geworden, war von einem Albtraum befreit, nicht betrunken, auch nicht ganz nüchtern und sehr bei mir. Spät nachts nach Hause zur Birgit. Die war halb verrückt vor Angst und Sorge, hat sich von mir erzählen lassen müssen, dass ich ihren Rene irgendwo im Schutze der Dunkelheit halbtot geprügelt habe, und mit dem Umbringen bedroht, sollte er mir noch einmal unter die Augen kommen. Nicht schlecht, die Ernte dieser Nacht: den Geiger zittern und bluten gesehen, dem Rudi gezeigt, was Leibeigenschaft bedeutet, den Rohringer in den Arsch getreten, und dann noch meine Frau besprungen wie ein wildes Tier, dieses wimmernde Bündel aus Angst, Grauen und schlechtem Gewissen. Gut war ich, stark war ich. Seitdem leider nie wieder. Man kann nicht alles haben.« Sailer grinste. »Später, wie hinlänglich bekannt, die Leiche unter idealen Umständen entdeckt, weil der Simon, dieser frischgebackene Vater, bar jeder Möglichkeit, klar zu denken, überraschend in der Küchentür gestanden ist. Der Birgit habe ich nachher weisgemacht, ihr Rene hätte mit seinem Selbstmord in unserem Weingarten sich noch im Tode an mir rächen wollen. Ob sie es geglaubt hat oder nicht, sie hat dran glauben müssen. Schließlich hat sie alles ausgelöst mit ihrem Verhalten. Na, und der Rudi war nur zu gerne bereit, sich einzubilden, dass der Geiger nie mit uns im Presshaus war, hat er doch von seiner eigenen Rolle in dieser mörderischen Komödie nichts mehr gewusst. Und dann kommt dieses Luder von Hahn und legt mich aufs Kreuz. Nicht böse sein, Simon, dass ich dir ein Loch geschossen habe, und verzeih, dass ich deine gutmütige Harmlosigkeit für mich ausnutzen musste - es hat sich so ergeben.«
    Polt hatte dazu vorerst nichts zu sagen. Norbert Sailer lächelte. »Alles zu viel für dich, wie?«
    »Ja, aber anders, als du denkst. Traurig bin ich, weil es einen Freund weniger gibt für mich. Tut mehr weh, als die Schulter. Dass du der Schuldige sein könntest, war mir bald klar. Aber ich hab bis heute Abend sehr darauf gehofft, dass es doch irgendwie anders kommt. Natürlich weiß ich, dass du intelligenter bist als ich und besser ausgebildet. Du warst wie ein guter Schachspieler, der immer möglichst viele Züge vorausdenkt. Das kann ich nicht, also hab ich bei jedem Zug von dir einen zurück gedacht: Jetzt tut er das ah ja, weil er früher das getan hat. Aber es war schon so, dass lange Zeit alle Indizien, die so augenfällig gegen dich gesprochen haben, eigentlich hilfreich für dich waren so unter dem Motto: Die ganze Welt verschwört sich gegen den Norbert, also wird er es wohl nicht gewesen sein. Aber du bist vom Fach, mein gewesener Freund. Und ein Polizist macht es möglicherweise um eine Spur zu geschickt, wenn er was anstellt. Zum Beispiel eine Kleinigkeit, die mir erst viel später aufgefallen ist - diese Eintragung im Notizbuch: N. und Birgit Sailer. Für dich haben die Namen nicht genügt, da hat auch noch ein kleiner Hinweis darauf sein müssen, dass es eher um deine Frau geht als um dich - Norbert abgekürzt, Birgit ausgeschrieben. Und nimm die Geschichte vom Selbstmord, der durch die Schnittführung unwahrscheinlich geworden ist. Ein unglaubwürdiges Indiz hast du’s genannt, wenn ich mich recht erinnere. Die Flucht nach vorne hat dir aber nicht viel geholfen. Für mich war das Indiz leider sehr glaubwürdig. Mit dem laienhaften Schnitt quer über das Handgelenk wärst du vermutlich besser dran gewesen. Vielleicht hast du mich auf die Idee bringen wollen, der Geiger, gebildet, wie er war, hätte dich durch diesen Schnitt gemeinerweise zusätzlich belasten wollen, obwohl es doch ein Selbstmord war. Das war einen Rösselsprung zu viel gedacht. Da hat wohl eher einer in seiner kalten Wut und bösen Leidenschaft sicher sein wollen, dass ein verhasstes Opfer auch wirklich stirbt.
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