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Polgara die Zauberin

Polgara die Zauberin

Titel: Polgara die Zauberin
Autoren: David Eddings
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sich in Geduld. Der rechte Moment würde kommen, dessen war sie sich gewiß. Also genoß sie einfach die Nähe dieser ganz besonderen Familie, in die sie eingeheiratet hatte, und wartete den passenden Augenblick ab.
Poledra mit ihrem lohfarbenen Haar hatte etwas an sich, was Ce'Nedra ein wenig zögern ließ, sie anzusprechen. Ce'Nedra hatte Belgarath' Geschichte mehrere Male gelesen und war sich sehr wohl Poledras besonderer Herkunft bewußt. Oft ertappte sie sich dabei, wie sie Belgarath' Ehefrau musterte und nach wölfischen Zügen suchte. Vermutlich gab es sie, aber Ce'Nedra war Tolnedrin, und Wölfe sind nicht so verbreitet in Tolnedra, als daß sie diese Züge erkannt hätte, selbst wenn sie offensichtlicher gewesen wären. Was Ce'Nedra an Poledra am meisten störte, war die beunruhigend direkte Art, mit der Poledra jeden ansah. Cyradis hatte Poledra ›die Beobachterin‹ genannt, und besser hätte es die Seherin von Kell nicht ausdrücken können. Poledras goldene Augen schienen in der Lage zu sein, Ce'Nedras Schutzwälle und Tarnung zu durchdringen und geradewegs in jenen geheimen Ort zu sehen, wo die rivanische Königin ihre wahren Beweggründe verbarg. Und die kleine Königin hatte nicht das geringste Interesse daran, daß irgend jemand dort herumstöberte.
Doch schließlich nahm sie eines Morgens all ihren Mut zusammen und näherte sich Polgaras goldäugiger Mutter. Garion, Belgarath und Durnik waren draußen unterwegs, um eine ihrer endlosen Besichtigungen des Gehöfts zu unternehmen, und Polgara badete die Zwillinge. »Ich möchte Euch um einen Gefallen bitten, Lady Poledra.« Ce'Nedra war sich unsicher hinsichtlich der korrekten Anrede, und so verfiel sie auf diese gewissermaßen unangemessene Lösung.
»Das habe ich mir schon gedacht«, antwortete Poledra äußerst gelassen. »Du hast dir große Mühe gegeben, dieses Treffen zu arrangieren und mich die ganzen Tage nicht aus den Augen gelassen. Ich war mir ziemlich sicher, daß du irgendwann mit der Sprache herausrücken würdest. Was hast du auf dem Herzen, Kind?«
»Nun – ›auf dem Herzen haben‹ ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck«, wandte Ce'Nedra ein, während sie den Blick kaum merklich abwandte. Diese durchdringenden goldenen Augen machten sie nervös. »Es gibt etwas, was ich von Polgara brauche, und sie stellt sich stur. Ihr wißt ja, wie sie manchmal ist.«
»Ja. Das liegt in der Familie.«
»Ich hab mich ziemlich ungeschickt ausgedrückt, nicht wahr?« entschuldigte Ce'Nedra sich. »Ich liebe sie natürlich, aber –«
»Was willst du von ihr? Red nicht um den heißen Brei herum, Ce'Nedra. Komm zur Sache.«
Ce'Nedra war es nicht gewöhnt, so barsch behandelt zu werden, aber sie entschloß sich, keinen Anstoß daran zu nehmen. Statt dessen schweifte sie ein wenig ab. »Habt Ihr das Geschichtsbuch gelesen, das Euer Gatte gerade zu Ende geschrieben hat?« fragte sie.
»Ich lese nicht viel«, antwortete Poledra. »Ist schlecht für die Augen. Außerdem hat er es nicht geschrieben. Er hat es gesprochen, und während er noch redete, erschien es auf dem Papier. Manchmal mogelt er. Ich habe das meiste davon gehört, während er es vor sich hin gesprochen hat. Es war nicht allzu unwahr.«
»Darauf wollte ich hinaus. Er hat eine Menge ausgelassen, nicht?«
»Hier und da, ja.«
»Aber Eure Tochter könnte die Lücken ausfüllen, nicht wahr?«
»Warum sollte sie das tun?«
»Um die Geschichte zu vervollständigen.«
»Geschichten sind eigentlich gar nicht so wichtig, Ce'Nedra. Mir ist aufgefallen, daß das Menschenvolk Geschichten über seinen Bierkrügen erzählt, um die Stunden zwischen dem Abendessen und dem Zubettgehen auszufüllen.« Poledras Blick wirkte amüsiert. »Hast du wirklich den ganzen langen Weg auf dich genommen, nur um eine Geschichte zu hören? Fällt dir nichts Besseres ein – noch ein Kind bekommen oder so etwas?«
Wieder wechselte Ce'Nedra die Richtung des Gesprächs. »Oh, die Geschichte ist nicht für mich«, log sie, »Sie ist für meinen Sohn. Eines Tages wird er der rivanische König sein.«
»Ja, ich weiß. Man hat mir diese Menschensitte erklärt. Sitten sollten für gewöhnlich beachtet werden.«
Ce'Nedra packte die Gelegenheit beim Schopfe. »Mein Sohn Geran wird einmal ein Führer sein, und er muß wissen, wer er ist und wie er dorthin gelangt ist. Die Geschichte wird ihm die Antwort daraufgeben.«
Poledra zuckte die Schultern. »Warum ist das so wichtig? Das, was gestern – oder vor tausend Jahren –
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