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Poirot Rechnet ab

Poirot Rechnet ab

Titel: Poirot Rechnet ab
Autoren: Agatha Christie
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Besuches; er fügte hinzu, dass die Versicherungsgesellschaft bedauerlicherweise gezwungen wäre, solche Fälle zu überprüfen.
    »Natürlich, natürlich!«, sagte Dr. Bernard. »Ich vermute, er war ein sehr reicher Mann und hoch versichert?«
    »Sie hielten ihn also für sehr wohlhabend, Dr. Bernard?«
    Der Arzt sah überrascht auf.
    »War er das nicht? Er hatte zwei Autos, außerdem ist Marsdon Manor ein großer Besitz, und die Unterhaltungskosten sind erheblich. Allerdings, glaube ich, hat er das Ganze billig gekauft.«
    »Ich habe gehört, er hatte in der letzten Zeit beträchtliche Verluste«, sagte Poirot und beobachtete den Arzt genau. Der schüttelte nur bedächtig den Kopf.
    »So? Dann ist es wenigstens ein Glück für seine Frau, dass diese Lebensversicherung da ist. Eine sehr schöne und charmante junge Frau! Die Geschichte hat sie allerdings sehr mitgenommen. Besteht nur noch aus Nerven, das arme Ding. Ich habe versucht, ihr so viel wie möglich zu helfen, trotzdem hat sie den Schock nicht ganz überwunden.«
    »Haben Sie Mr Maltravers kürzlich behandelt?«
    »Nein, Mr Maltravers ist niemals mein Patient gewesen.«
    »Was?«
    »Mr Maltravers war Christian Scientist – oder so was Ähnliches.«
    »Aber Sie haben doch die Leiche untersucht?«
    »Sicher. Ich wurde von einem der Gartenarbeiter geholt.«
    »Und die Todesursache war klar?«
    »Es war Blut auf seinen Lippen, aber die größeren Blutungen müssen innerlich gewesen sein.«
    »Lag er noch dort, wo er gefunden worden war?«
    »Ja, die Leiche war nicht berührt worden. Er lag am Rand einer kleinen Schonung. Wahrscheinlich war er draußen gewesen, um Krähen zu schießen, denn man fand neben ihm eine kleine Flinte. Die Blutung muss ganz plötzlich eingetreten sein – ohne Zweifel kam sie von einem Magengeschwür.«
    »Besteht keine Möglichkeit, dass er erschossen worden ist?«
    »Aber – mein lieber Mr Poirot!«
    »Ich bitte um Entschuldigung«, sagte Poirot bescheiden. »Aber wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht, gab kürzlich in einem Mordfall der Arzt zuerst als Todesursache Herzschlag an, und erst, als der Polizist ihn auf eine Schusswunde am Kopf hinwies, änderte er den Totenschein.«
    »Sie werden keinerlei Schusswunden an Mr Maltravers’ Körper finden«, sagte Dr. Bernard trocken. »Nun, meine Herren, wollen Sie sonst noch etwas…?«
    Wir verstanden.
    »Guten Morgen und vielen Dank, Doktor, dass Sie unsere Fragen so freundlich beantwortet haben. Übrigens… eine Obduktion hielten Sie nicht für nötig?«
    »O nein!« Der Arzt wurde lebhaft. »Die Todesursache war klar, und in meinem Beruf vermeidet man alles, was die Hinterbliebenen unnötig aufregen könnte.« Er drehte sich um und schlug unfreundlich die Tür hinter uns zu.
    »Was halten Sie von Dr. Bernard, Hastings?«, fragte Poirot, als wir weitergingen.
    »Ein alter Esel.«
    »Richtig! Sie sind in Ihrem Urteil immer recht gründlich, mon ami.«
    Ich sah ihn von der Seite an, aber er schien es absolut ernst zu meinen. Doch seine Augen zwinkerten, als er freundlich sagte: »Das heißt, wenn es sich nicht um eine schöne Frau handelt!«
    Ich sah ihn kritisch an.
    Als wir in Marsdon Manor ankamen, öffnete uns ein Hausmädchen mittleren Alters die Tür. Poirot gab ihr seine Visitenkarte und einen Brief der Versicherungsgesellschaft für Mrs Maltravers. Sie führte uns in ein kleines Frühstückszimmer und ging, um die Dame des Hauses zu benachrichtigen. Es vergingen ungefähr zehn Minuten, dann öffnete sich die Tür und eine schlanke Gestalt in Trauerkleidung erschien. »Mr Poirot?«, sagte sie leise.
    »Madame!« Poirot sprang galant auf und verbeugte sich höflich. »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr ich bedauere, Sie in dieser Weise belästigen zu müssen. Aber Sie wissen, es lässt sich leider nicht vermeiden…«
    Mrs Maltravers erlaubte ihm, sie zu einem Stuhl zu führen. Ihre Augen waren vom Weinen stark gerötet, was ihre außergewöhnliche Schönheit nur wenig beeinträchtigte. Sie war ungefähr siebenundzwanzig oder achtundzwanzig Jahre alt und sehr blond, mit großen, blauen Augen und einem hübschen Schmollmund.
    »Es handelt sich um die Versicherung meines Mannes, nicht wahr? Muss ich mich jetzt schon darum kümmern – jetzt –, so bald schon?«
    »Aber ich bitte Sie, gnädige Frau! Sehen Sie, Ihr Mann hat sein Leben für eine recht große Summe versichert, und in solchen Fällen muss sich die Gesellschaft über einige Details genau orientieren. Ich bin
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