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Ploetzlich verliebt

Ploetzlich verliebt

Titel: Ploetzlich verliebt
Autoren: Katja Henkel
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Weichzeichner, sanfte Klavierklänge, fehlte nur noch ein ordentlicher Sonnenuntergang, der die ganze Szene dunkelorange einfärbte. Luna drehte leicht den Kopf zur einen Seite, Tom seinen zur anderen, damit ihnen die Nasen nicht im Weg waren (das hatten sie ganz offensichtlich geübt), und dann drückten sie die Lippen aufeinander und blieben so. Ganz schön lange.
    Â»Hast du schon mal?«, fragte ich Marli.
    Â»Du meinst, mit einem irrsinnig tollen Jungen geknutscht, im Kino zusammen Gummibärchen gefuttert und auf der Schulfeier bei jeder Ballade eng umschlungen getanzt? Lass mich mal überlegen.« Sie überlegte nicht besonders lange. »Nee.«
    Ich wickelte meinen Kaugummi um den Zeigefinger. »Tja, dito.«
    Â»In New York gibt es so ein Sprichwort: ›Jungs sind wie Zwiebeln. Man schält sie, und was von ihnen übrig bleibt, ist zum Heulen.‹«
    Das mit New York erwähnte sie natürlich nur, weil es dann cooler klang, aber das sagte ich nicht, sondern: »Das hast du dir doch gerade ausgedacht.«
    Marli zuckte mit den Schultern. »Bei den Jungs, die ich bisher kenne, fällt mir nur eines ein: Onion Boys können mir gestohlen bleiben. Wirklich.« Sie rückte ihre Mütze zurecht und sah mich kalt an. Ich sag nur: Eisblock.
    Â»Also mir nicht«, murmelte ich, noch während ich überlegte, was Onion Boys nun wieder hieß. Ach so, Zwiebeljungs. Haha. »Um genau zu sein«, fuhr ich fort, »gibt es nichts Wichtigeres im Leben als die Liebe!«
    Okay, Luna und Marli sind mir genauso wichtig, aber sonst? Meine Familie ist mir auch nicht gerade egal, das versteht sich ja von selbst, aber wonach ich mich in diesem Moment wirklich sehnte, so von ganzem Herzen, mit jeder Faser meines Körpers und so weiter, war: rosawatteweiches Kniegefühl, Küsse so süß (und feurig) wie Zimtkaugummi und Schmetterlinge mit kitzelnden Flügeln in meinem Bauch.
    Ohne das war alles nichts, fand ich.
    Ich gebe zu, dass ich mich ziemlich oft verliebe, alle paar Tage in einen anderen, nur wurde bisher leider nie was daraus. Wie bei meiner Mutter. Die schleppt auch ständig irgendeinen neuen Typen an. (Die Gene sind also schuld daran, ich kann da nichts dafür.)
    Ich glaube, der Mann, mit dem sie am längsten zusammen war, war mein Vater, aber an den kann ich mich kaum noch erinnern. Der ist abgehauen und hat jetzt eine neue Familie, so viel weiß ich, und wahrscheinlich macht er da auf Superdaddy. Mir egal. Zurück zum Wolke-sieben-Schweben: Kurz gesagt hat es bisher bei mir noch nicht geklappt, ich habe noch nie einen Freund gehabt und habe noch nie einen Jungen geküsst, weder mit noch ohne Zunge. Da ist mir Luna weit voraus, obwohl sie ein Winzling ist und viel jünger als ich aussieht. Eigentlich ungerecht. Aber ich bin nicht sauer, denn wenn Luna glücklich ist, bin ich es meistens auch.
    Wahrscheinlich kann man da gar nichts machen, ich schätze, die Liebe kommt eben, wenn ihr danach ist. Und dann so richtig.
    Also muss ich noch warten und dabei so tun, als würde ich nicht warten. Mir bleibt ja auch nichts anderes übrig.
    Ich habe nämlich Luna mal gebeten, mit ihrem Ring in die Zukunft zu schauen und mir zu sagen, wann ich endlich meinen ersten Freund haben werde. Daraufhin hat sie sich auf meine nächste Geburtstagsparty gebeamt, wenn ich vierzehn werde. Und Tatsache: Mit vierzehn werde ich einen Freund haben, Luna sagte, sie hätte ganz deutlich gesehen, wie ich da Arm in Arm mit einem Jungen stehe und wie wir uns küssen und er mir einen Freundschaftsring schenkt. Wow.
    Verraten wollte mir Luna dann aber nichts mehr. Sie grinste nur geheimnisvoll und all meine Fragen (wie lange ich meinen Freund an meinem vierzehnten Geburtstag schon kennen würde, wie groß er ist, wie alt, wie gut aussehend, wie klug, welches Sternzeichen und welche Lieblingsband er hat und ob er auf unsere Schule oder eine andere geht, ob wir viele Kinder haben werden, ob ich ihn vielleicht schon kenne, ob es der nächste Junge werden würde, in den ich mich verliebe, und so weiter) prallten nur an ihr ab.
    Aber trotzdem war ich total begeistert. Anfangs zumindest. Doch dann dämmerte mir, dass es bis zu meinem Geburtstag ja noch verdammt lange hin ist. Ich bin jetzt gerade mal dreizehn Jahre und drei Monate alt. Bleiben bis zu meinem vierzehnten Geburtstag noch neun Monate – neun Monate sind eine Ewigkeit. Und jeder Tag
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