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Plasma City

Plasma City

Titel: Plasma City
Autoren: Walter Jon Williams
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Es gibt eine Dusche, eine Toilette und einen winzigen Verschlag für den Garten mit Speziallampen und einer Wanne voll Lehm für den Gemüseanbau. Durch die hintere Glaswand hat man einen atemberaubenden Ausblick auf andere schwarze Glaswände. Es ist das größte Zimmer, das Aiah jemals für sich allein hatte.
    Sie wirft die Mappe mit den Karten auf die Schlafcouch, die sie seit Wochen nicht mehr eingeklappt hat, setzt sich aufs unordentliche Bettzeug und streift die Stiefel ab. Sie reibt sich die Füße und macht ein paar Stellen ausfindig, wo sich Blasen bilden könnten, wenn sie nicht Acht gibt.
    Morgen muss sie Socken anziehen, die besser zu ihrer Aufgabe passen.
    Eine Tasche des Overalls ist ausgebeult. Sie löst die Verschlüsse und findet darin die schartige Keramikschale, in der sie die Nudeln bekommen hat. Sie hat vergessen, das Essgeschirr zurückzubringen und die fünf Clinks abzuholen. Sie stellt die Schale auf den Nachttisch.
    Aiah duscht und wickelt sich in ein weiches Badetuch. Eines der Lieder, die sie in Old Shorings von der Vokalgruppe gehört hat, geht ihr nicht aus dem Kopf. Sie schaut noch einmal nach dem Anrufbeantworter, ob eine Nachricht von Gil gekommen ist, während sie geduscht hat.
    Nichts.
    Eine Luftwerbung leuchtet vor dem Fenster auf und wirft gelbes Licht ins Zimmer. Stimmt mit Nein bei Antrag Vierzehn verlangen die zwischen den Wohntürmen schwebenden Buchstaben. Aiah weiß nicht einmal, was mit Antrag Vierzehn gemeint ist.
    Sie setzt sich aufs Bett und betrachtet zuerst Gils Porträt an der einen Wand, dann Karlos kleines Bild an der anderen. Die beiden Pole ihres persönlichen Universums. Mit der Steuerung in der Armlehne schaltet sie das Video ein und lässt den ovalen Bildschirm plappern. Irgendein albernes Action-Chromo, in dem Aldemar eine halbe Stadt in die Luft jagt. Sie wünscht sich, Gil würde anrufen. Sie weiß nie, wann er in der Nähe eines Telefons ist, sonst könnte sie sich auch bei ihm melden.
    Es hat mal eine Zeit gegeben, überlegt sie, da wollte sie wirklich allein sein. Sie wollte vor ihrer großen, chaotischen Familie fliehen, vor der bedrückenden, allgegenwärtigen guten Laune, vor der lärmenden Armut und der katastrophalen Verantwortungslosigkeit ihrer Angehörigen. Das richtige Ziel für ihre Flucht schien ein Haus wie dieses zu sein, hoch und unnahbar und mit schwarzem Glas vor dem Rest der Welt geschützt.
    Sie und Gil waren schon ein Jahr zusammen, als sie sich entschlossen, das Apartment in den Loeno Towers zu kaufen. Sie warfen ihre Ersparnisse zusammen und mussten sich trotzdem noch die Hälfte der Anzahlung von seinen Eltern leihen. Eine Weile lief es gut, sie arbeiteten schwer und konnten etwas sparen und sich hin und wieder mal einen Tag frei nehmen, sich ein paar sorglose Stunden gönnen, in denen sie nicht ständig über Geld reden mussten.
    Und dann wurde Gil versetzt. Keine Beförderung, sondern eine Versetzung an einen anderen Ort, der zweitausend Radien von der Domäne von Jaspeer entfernt war, weit draußen in Gerad. Es sollte eine vorübergehende Abordnung sein, nicht länger als zwei Monate, aber inzwischen sind acht Monate daraus geworden und immer noch ist kein Ende in Sicht.
    Gil konnte in der ganzen Zeit nur dreimal nach Hause kommen. Seine Fahrtkostenzuschüsse reichen nicht aus, um die Tickets zu bezahlen. Das Leben in Gerad ist teuer und sein Gehalt wird zweimal reduziert, weil er an zwei Orten Steuern zahlen muss – angeblich nur ein Problem in der Buchhaltung, das immer noch auf seine Lösung wartet, obwohl es längst hätte gelöst sein sollen.
    Gil hat ihr geschickt, was er abzweigen konnte, aber Aiah konnte das, was dann immer noch fehlte, nicht aus eigenen Mitteln bestreiten. Sie kam mit den Zahlungen in Rückstand und jetzt bilden die Mahngebühren einen immer größeren zusätzlichen Ausgabeposten.
    Sie hat sich überlegt, eine Mitbewohnerin aufzunehmen, aber Gil war dagegen. Das käme dem Eingeständnis einer Niederlage gleich, meinte er. Er rechnet immer noch damit, dass seine Versetzung bald beendet ist und will nicht jemanden hinauswerfen müssen, der gerade erst eingezogen ist. Untervermietungen sind nach den Hausregeln der Loeno Towers sowieso nicht erlaubt und Aiah hätte die Mitbewohnerin ins Haus schmuggeln müssen.
    Möglich wäre es gewesen, denn sie war ja eine vom listigen Volk.
    Verkaufen kann sie die Wohnung auch nicht. Die Loeno Towers sind in Erwartung einer wachsenden Nachfrage nach Wohnungen der
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