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Planetenwanderer: Roman (German Edition)

Planetenwanderer: Roman (German Edition)

Titel: Planetenwanderer: Roman (German Edition)
Autoren: George R.R. Martin
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karmesinrot hinter einem dunklen Plastahlvisier. »Kommandant Ober«, sagte sie.
    »Erste Ratsherrin«, antwortete Wald Ober. »Ich war beunruhigt. Die alliierten Botschafter verbreiten in den Nachrichten alle möglichen kruden Geschichten. Ein Friedensvertrag, eine neue Blütezeit. Können Sie das bestätigen? Was ist da los? Gibt es Ärger?«
    »Ja«, sagte sie. »Hören Sie zu, Ober, und …«
    »Tolly Mune«, sagte Tuf.
    Sie wirbelte herum. »Was?«
    »Wenn Zeugung das Kennzeichen für Göttlichkeit ist«, sagte Tuf, »dann sind auch Katzen Götter. Auch sie reproduzieren sich selbst. Gestatten Sie mir darauf hinzuweisen, dass wir innerhalb einer kurzen Zeit die Situation erreicht haben, dass Sie mehr Katzen haben als ich, obwohl Sie lediglich mit einem einzigen Paar begonnen haben.«
    Sie runzelte die Stirn. »Was erzählen Sie da?« Sie schaltete den Ton aus, damit Tufs Worte nicht gesendet wurden.
    Wald Ober gestikulierte stumm.
    Haviland Tuf presste die Fingerspitzen aneinander. »Ich weise nur darauf hin, dass ich, sosehr ich auch die Eigenarten der Katzen schätze, trotzdem Schritte unternehme, ihre Fortpflanzung zu kontrollieren. Ich habe diese Entscheidung nach reiflicher Überlegung gefällt und alle Alternativen abgewogen. Schließlich gibt es lediglich zwei grundlegende Optionen, wie Sie selbst feststellen werden. Entweder Sie finden sich damit ab, die Fruchtbarkeit Ihrer Katzen zu unterbinden, und zwar gänzlich ohne deren Zustimmung, wie ich hinzufügen muss, oder Sie werden eines Tages mit allergrößter Sicherheit dazu genötigt sein, einen Sack voller neugeborener Kätzchen aus Ihrer Luftschleuse in das kalte Vakuum des Weltraums zu entsorgen. Wenn Sie keine Entscheidung treffen, haben Sie bereits gewählt. Auch eine falsche Entscheidung ist eine Entscheidung, Erste Ratsherrin. Indem Sie sich enthalten, haben Sie dennoch abgestimmt.«
    »Tuf«, sagte sie mit ohnmächtiger Stimme. » Tun Sie das nicht. Ich will diese verdammte Macht nicht.«
    Dax sprang auf den Tisch und richtete seine goldenen Augen auf sie. »Göttlichkeit ist ein Beruf, der noch viel anspruchsvoller ist als die Ökologie«, sagte Tuf. »Obwohl man einräumen muss, dass ich wusste, dass dieser Job riskant sein würde, als ich diese Last auf mich nahm.«
    »So ist es nicht«, begann sie. »Das können Sie so nicht sagen«, stotterte sie. »Kätzchen und Babys sind nicht …«, versuchte sie. »Es sind Menschen, sie … sie haben die Macht des … des Bewusstseins, des Bewusstseins und des Herzens, genauso wie die der Keimdrüsen. Sie sind rationale Wesen, es ist ihre Wahl – ihre, nicht meine. Ich kann diese Wahl unmöglich für sie treffen – für all diese Millionen, Milliarden.«
    »In der Tat«, sagte Tuf. »Ich hatte die guten Menschen von S’uthlam und ihre lange Geschichte der rationalen Entscheidungen vergessen. Ohne Zweifel werden sie dem Krieg, dem Hunger und den Seuchen ins Antlitz blicken, und dann werden sie milliardenweise ihr Leben ändern und geschickt die Schattenseiten meiden, die S’uthlam und seine stolzen Türme zu verschlingen drohen. Wie seltsam, dass ich daran nicht gedacht habe.«
    Sie starrten einander an.
    Dax schnurrte. Dann wandte er den Blick ab und leckte Pilzcremepastete von Tufs Teller. Blackjack rieb sich an ihrem Knie und hielt ein wachsames Auge auf Dax gerichtet, als er durch den Raum stolzierte.
    Tolly Mune drehte sich sehr langsam wieder zurück zur Konsole; sie brauchte dafür fast einen Tag – eine Woche, ein Jahr, ein ganzes Leben. Sie brauchte dafür vierzig Milliarden Lebenszeiten, aber als sie diese Drehung vollendet hatte, war nur ein Augenblick vergangen, und diese Leben waren fort, als hätte es sie nie gegeben.
    Sie schaute auf die kalte, stille Maske, die ihr vom Bildschirm entgegenblickte, und im dunklen, glänzenden Kunststoff sah sie all den gesichtslosen Schrecken des Krieges, und dahinter brannten die grimmigen, fiebrigen Augen des Hungers und der Krankheit. Sie schaltete die Tonübertragung wieder ein.
    »Was geht da vor sich?«, wollte Wald Ober immer wieder wissen. »Erste Ratsherrin, ich kann Sie nicht hören. Wie lauten Ihre Befehle? Können Sie mich hören? Was ist da los?«
    »Kommandant Ober«, sagte Tolly Mune. Sie zwang sich zu einem breiten Lächeln.
    »Was gibt es?«
    Sie schluckte. »Was es gibt? Gar nichts. Überhaupt nichts. Verdammt noch mal, alles ist ganz hervorragend hier. Der Krieg ist vorüber und auch die Krise, Kommandant.«
    »Werden Sie zu etwas
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