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Planeten 03 - Venus

Planeten 03 - Venus

Titel: Planeten 03 - Venus
Autoren: Ben Bova
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eine VR-Besprechung an.«
    »Nein«, sagte ich. »Das muss von Angesicht zu Angesicht stattfinden, zwischen ihm und mir. In seinem Revier.«
    Also ging ich nach Selene City.
    Ich wurde ins Wohnzimmer seiner Suite im Hotel Luna geleitet und beschieden: »Mr.
    Humphries wird in Kürze bei Ihnen sein, Sir.«
    Ich schritt über den dicken Teppich zum realen Fenster des Raums. Gebäude auf der Oberfläche des Monds waren selten, und Fenster waren noch seltener. Ich schaute auf die helle Sichel der Erde, die draußen in der Dunkelheit hing. Am Fenster stand ein kompaktes Teleskop auf einem Stativ. Ich schaute hindurch und suchte nach Connecticut, wo unser Familiensitz gewesen war.
    Das weitläufige Anwesen wurde vom anschwellenden Columbia River bedroht; weil der Meeresspiegel stetig anstieg, wurde das ganze Tal allmählich vom Wasser des Long Island Sound überflutet.
    Ich richtete das Teleskop auf Mallorca, aber die Insel war an der Peripherie des Globus und kaum zu erkennen. Das auf dem Hügel gelegene Haus war jedenfalls ungefährdet, aber der Deich, der Palma schützen sollte, war bereits gebrochen, und die Stadt wurde vom Meer bedroht.
    Es hatte über ein Jahrhundert gedauert, bis die globale Erwärmung zu einer solchen Katastrophe führte. Ich wusste, dass es auch über ein Jahrhundert dauern würde, um sie rückgängig zu machen. Es lagen Jahrzehnte harter Arbeit vor uns, aber ich war sicher, dass wir über das Wissen und die Ressourcen verfügten, um Erfolg zu haben.
    »Da bist du also und guckst in die Sterne.«
    Ich straffte mich beim Klang seiner sarkastischen Stimme und drehte mich um.
    »Hallo, Mr. Humphries«, sagte ich.
    Er hatte sich kein bisschen verändert, seit ich ihn zuletzt gesehen hatte, wie er leibte und lebte – auf der Orgie anlässlich seines hundertsten Geburtstags. Groß, schlank, straffe Haltung. Ein dunkler, maßgeschneiderter Anzug mit leicht gepolsterten Schultern. Und diese harten, kalten Augen.
    »Mr. Humphries?« Falls er sich über die formelle Anrede gewundert hatte, verbarg er es jedenfalls gut. Er ging durch den Raum und setzte sich auf das Sofa unter einer elektronischen Reproduktion eines neoklassischen Gemäldes. Delacroix, sagte ich mir: Berittene Beduinen in wallenden Gewändern, die mit langen Flinten in der Hand durch die Wüste stoben.
    »Sie sind nicht mein Vater«, sagte ich ohne Umschweife.
    Er verzog keine Miene. »Fuchs hat dir das gesagt?«
    »DNS-Untersuchungen haben es bewiesen.«
    Er stieß die Luft aus. »Dann weißt du also Bescheid.«
    »Ich weiß auch, weshalb Sie meine Mutter haben umbringen lassen«, sagte ich.
    Er riss die Augen auf. »Sie ist an einer Drogenüberdosis gestorben! Sie hat es selbst getan. Es war Selbstmord, kein Mord.«
    »Wirklich?«
    »Ich habe sie geliebt, um Gottes willen! Was glaubst du wohl, weshalb ich Fuchs gejagt hatte, bis er sie freigab? Ich hatte sie geliebt; sie war die einzige Frau, die ich jemals geliebt habe, verdammt sei sie bis in die Hölle und zurück!«
    »Welch liebevolle Worte zu ihrem Andenken«, spottete ich.
    Er sprang auf, mit rotem Kopf und zitternden Händen. »Ich wollte, dass sie mich auch liebt, aber sie hat mich zurückgewiesen. Ich durfte sie nicht einmal berühren! Und dann ging sie fort und bekam ein Baby – sein Baby!«
    »Mich.«
    »Dich.«
    »Deshalb haben Sie mich all die Jahre gehasst«, sagte ich.
    Er stieß ein kurzes, bellendes Lachen aus. »Dich gehasst? Nein, das wäre zuviel der Ehre. Ich habe dich verabscheut, du erbärmlicher kleiner Wicht. Immer wenn ich dich gesehen habe, habe ich die beiden gesehen, wie sie über mich lachten. Jeder Tag Ihres Lebens hat mich von neuem daran erinnert, dass sie mich verschmähte und diesen Bastard Fuchs liebte und nicht mich.«
    »Dann haben Sie die Venusmission also ausgeheckt, weil Sie mich auf diese Art umbringen wollten.«
    Der Gedanke schien ihn zu verblüffen.
    »Dich umbringen? Ha! Wer hätte sich denn um dich geschert? Wer, zum Teufel, hätte gedacht, dass du, der Schwächling, der feige und erbärmliche Wicht, diese Herausforderung überhaupt annehmen würdest? Niemand, der bei klarem Verstand ist, hätte das erwartet. Das war eine Überraschung für mich, kann ich dir sagen.«
    »Aber wieso ...?« Plötzlich erkannte ich die Wahrheit.
    Martin Humphries nickte. Er hatte das Licht in meinen Augen richtig gedeutet. »Es ging natürlich darum, Fuchs zu vernichten. Er war draußen im Gürtel, wo seine Felsenratten ihn beschützten. Außerdem hatte ich
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