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Planeten 03 - Venus

Planeten 03 - Venus

Titel: Planeten 03 - Venus
Autoren: Ben Bova
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möglich gewesen wäre, ihn zu retten. Oder ihn zumindest einzufrieren und zu konservieren, bis man die Gehirnschäden behoben hätte.«
    Sie meinte Kryonik. Dabei wurde der Körper unmittelbar nach dem klinischen Tod eingefroren, in der Hoffnung, die Todesursache rückgängig zu machen und den Patienten wieder zum Leben zu erwecken. Auf der Erde war das bereits praktiziert worden. Selbst in Selene City auf dem Mond hatten Leute mithilfe der Kryonik dem Tod ein Schnippchen geschlagen.
    Eine verwegene Idee schoss mir durch den Kopf. »Dann friere ihn ein. Und zwar schnell!«
    Marguerite schaute mich düster an. »Wir haben nicht die Mittel, Van. Es müsste ...«
    »Außerhalb der Luftschleusen haben wir die größte und kälteste Gefriertruhe überhaupt«, sagte ich.
    Ihr klappte die Kinnlade herunter. »Ihn nach draußen bringen?«
    »Wieso nicht. Was sollte ihm dort schon passieren?«
    »Strahlung«, erwiderte sie. »Meteoriten.«
    »Dann stecke ihn in einen Raumanzug. Das wird ihm einen gewissen Schutz bieten.«
    »Nein, das würde zu lang dauern. Er muss schnell eingefroren werden.«
    »Dann nehmen wir eine Rettungskapsel«, sagte ich. »Wir setzen sie mit offener Luke aus. Sie wird sich innerhalb weniger Minuten auf kryogene Temperaturen abkühlen.«
    Ich sah förmlich, wie das Räderwerk in ihrem Kopf arbeitete. »Meinst du wirklich ...?«
    »Wir vergeuden Zeit«, sagte ich. »Komm schon!«
    Es mutete wie eine bizarre Prozession an, als Marguerite und ich Fuchs’ Körper den Gang entlang transportierten, Leitern hinuntertrugen und durch die Luftschleuse in eine der Rettungskapseln brachten. Wir gingen so behutsam wie möglich mit ihm um – eine geradezu paradoxe Behandlung für einen Mann, der zeitlebens von Hass erfüllt war und nach Rache gedürstet hatte. Aber ich wusste, welche Teufel ihn ritten; ich hatte die Wut und die Qualen geschaut, die sie verursachten und verspürte nichts als Bedauern wegen des Lebens, das er geführt hatte. Ein Mann mit enormer Stärke und enormen Fähigkeiten, dessen Leben sinnlos verschwendet worden war. Mein Vater. Mein richtiger Vater.
    Wir legten ihn im engen Raum zwischen den leeren Sitzen in der zweiten der insgesamt drei Rettungskapseln ab. Es kam mir in den Sinn, dass wir vielleicht ein paar Worte des Abschieds sprechen sollten, doch weder Marguerite noch mir fiel etwas Passendes ein.
    Der Tod war auf der Erde zu einer Ausnahmeerscheinung geworden, und obwohl Fuchs wohl klinisch tot war, hofften wir, dass es eine Möglichkeit gab, ihn wiederzubeleben.
    »Ich erinnere mich an etwas«, sagte Marguerite, als wir auf ihn hinab schauten und schnauften, weil sein Transport so anstrengend gewesen war. »Woran?«
    »Ich erinnere mich an ein Video über alte Segelschiffe, das ich einmal gesehen habe. ›In zuversichtlicher Hoffnung auf die sichere Wiederauferstehung ...‹ oder so ähnlich hieß es da.«
    Ich wurde plötzlich gereizt. »Komm schon!«, sagte ich schroff. »Lass uns von hier verschwinden und die Außenluke öffnen, damit er einfriert.«
    Also traten wir die zweimonatige Rückreise zur Erde mit einem Toten an, der in einer Rettungskapsel des Schiffs lag, durch deren offene Außenluke die kryogene Kälte und das Vakuum des Raums hereindrangen.
    Es war genau eine Woche, nachdem wir die Umlaufbahn um die Venus verlassen und den Rückflug angetreten hatten, als Marguerite auf Alex’ sterbliche Überreste zu sprechen kam.
    Ich hatte eine lange Unterredung mit dem Kapitän der Truax, in deren Verlauf ich alle Fragen beantwortete, die ich für opportun hielt. Dann wurden meine medizinischen Vorräte zur Lucifer geschickt, und die beiden Schiffe flogen auf unterschiedlichen Trajektorien zur Erde zurück.
    Ich bezog Fuchs’ Unterkunft. Anfangs hatte ich Bedenken, das Kapitänsquartier mit Beschlag zu belegen, doch dann erschien es mir logisch. Wenn ich mich des Respekts von Amarjagal und dem Rest der Besatzung versichern wollte, konnte ich kaum in der alten Koje im Mannschaftsquartier bleiben. Ich wollte ihnen zeigen, dass ich das Kommando hatte, auch wenn ich Amarjagal die meiste Zeit auf der Brücke freie Hand ließ. Also zog ich in die Kapitänskabine um.
    Ich musste mich kaum um die Abläufe an Bord kümmern. Die Besatzung war froh, dass sie noch lebte und auf dem Weg nach Hause war; in ihrer Phantasie gaben die Leute bereits den üppigen Bonus aus, den Fuchs ihnen versprochen hatte. In manchen Fällen wurde die Phantasie aber schon Realität. Ich erlaubte den
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