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Planet der Affen

Planet der Affen

Titel: Planet der Affen
Autoren: Pierre Boulle
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seinen Zügen und aus seinem Blick. Ich habe das heilige Feuer wieder entfacht – durch mich wird sich die Menschheit auf diesem Planeten wieder entfalten. Wenn er groß ist, wird er zum Stammvater eines neuen Geschlechts werden und … Wenn er groß ist! Mich fröstelt beim Gedanken daran, unter welchen Umständen er seine Kindheit verbringen wird, beim Gedanken an die Widerstände, die sich vor ihm auftürmen werden. Sei's drum, wir drei werden uns schon behaupten. Ich sage ›wir drei‹, denn Nova gehört jetzt zu uns. Man braucht nur zu beobachten, wie sie ihr Kind anblickt. Auch wenn sie es noch ableckt, wie es die Mütter auf diesem seltsamen Planeten zu tun pflegen – in ihrem Blick liegt jetzt Verstehen.
    Ich lege den Kleinen aufs Stroh zurück. Seinetwegen muss ich mir keine Sorgen machen. Noch kann er nicht sprechen – er ist ja erst drei Tage alt –, aber er wird sprechen. Da, gerade fängt er an zu weinen, zu weinen wie ein Kind auf der Erde, nicht zu winseln wie ein Sororbaby. Nova lässt sich davon nicht beirren und betrachtet ihn verzückt. Auch Zira ist nicht weiter erstaunt. Sie ist näher gekommen, hat ihre behaarten Ohren gespitzt und sieht das Kind lange schweigend an. Dann macht sie mich darauf aufmerksam, dass ich nicht länger bleiben kann. Es wäre zu gefährlich für uns alle, wenn man mich hier überraschte. Sie verspricht mir, über meinen Sohn zu wachen, und ich weiß, sie wird Wort halten. Doch ich weiß ebenso gut, dass sie sich dem Vorwurf ausgesetzt sieht, sie sei mir gegenüber zu nachgiebig, und die Möglichkeit, man könnte sie versetzen, erschreckt mich. Diese Gefahr darf ich nicht heraufbeschwören.
    Herzlich verabschiede ich mich von meiner Familie und wende mich ab, drehe mich allerdings noch einmal um und sehe, wie sich die Äffin über das Menschenkind beugt und es zärtlich auf die Stirn küsst, bevor sie den Käfig schließt. Und Nova lässt es geschehen! Wenn ich bedenke, mit welcher Abneigung sie Zira früher begegnet ist …
    Wir gehen. Ich zittere am ganzen Körper und merke, dass Zira ebenfalls erschüttert ist. »Ulysse!«, sagt sie und wischt sich eine Träne fort, »manchmal glaube ich fast, es ist auch mein Kind.«

10
    Die Besuche bei Professor Antelle, zu denen ich mich in regelmäßigen Abständen zwinge, werden mir von Mal zu Mal unangenehmer. Er befindet sich noch immer im Institut, doch man musste ihn aus der behaglichen Zelle, die ich ihm verschafft hatte, wieder entfernen. Er verfiel dort zusehends und hatte immer wieder Wutanfälle, die ihn gefährlich machten. Er versuchte, die Wärter zu beißen. Nun bemüht sich Cornelius, ihm mit einer anderen Methode beizukommen, indem er ihm einen ganz gewöhnlichen Käfig mit Stroh und eine Gefährtin zugewiesen hat – das Mädchen, mit dem zusammen der Professor bereits im Zoologischen Garten gehaust hatte. Er empfing sie mit lautem, animalischem Freudengeheul und legt seitdem ein verändertes Verhalten an den Tag. Er hat die Lust am Leben wiedergewonnen.
    So treffe ich ihn also an. Er sieht glücklich aus, hat zugenommen und wirkt jünger. Ich habe vergeblich alles Mögliche versucht, um mit ihm ins Gespräch zu kommen, und auch heute ist mir kein Erfolg beschieden. Er interessiert sich nur für die Kuchenstücke, die ich ihm reiche. Als die Tüte leer ist, legt er sich wieder neben seine Gefährtin und lässt sich das Gesicht ablecken.
    »Ein schlagender Beweis dafür, dass man den Verstand völlig verlieren wie ihn sich wieder aneignen kann«, murmelt jemand hinter mir. Es ist Cornelius. Er hat mich gesucht, aber nicht, um sich über den Professor zu unterhalten. Er hat ernste Dinge mit mir zu besprechen, und ich folge ihm in sein Büro, wo Zira bereits auf uns wartet. Ihre Augen sind gerötet, so, als habe sie geweint. Offenbar haben mir die beiden etwas Schwerwiegendes mitzuteilen, doch keiner von ihnen will den Anfang machen.
    »Mein Sohn?«, fragte ich.
    »Es geht ihm gut«, beteuert Zira sofort.
    »Zu gut«, fügt Cornelius finster hinzu.
    Obwohl ich ihn seit einem Monat nicht gesehen habe, kann ich mir vorstellen, dass er sich prächtig entwickelt. Die Geheimhaltungsmaßnahmen sind noch weiter verschärft worden, und Zira, die den Behörden verdächtig ist, wird streng überwacht.
    »Es geht ihm viel zu gut«, wiederholt Cornelius. »Er lächelt und weint wie ein Affenkind. Und er fängt an zu sprechen.«
    »Mit drei Monaten!«
    »Ein unverständliches Brabbeln natürlich. Aber es deutet darauf hin,
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