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Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter

Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter

Titel: Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter
Autoren: Schimun Wrotschek
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wir können ihn nicht mehr zurücksperren.
    Jetzt müssen wir uns etwas wünschen.
    Tausende, Millionen unserer Wünsche gehen gleichzeitig in Erfüllung.
    Wie lautet der größte, sehnlichste und am wenigsten egoistische Wunsch?
    Ich will, dass diese Welt einfach verschwindet.
    In einem atomaren Inferno verbrennt.
    Von der Pest dahingerafft wird.
    An ihrem eigenen Müll erstickt.
    Jetzt haben wir, was wir wollten.
    Alles auf einmal.
    Wahrscheinlich ist das überhaupt der einzige menschliche Wunsch, der in Erfüllung gehen konnte.
    Amen.
    Ruhe in Frieden.
    »…Glück für alle, umsonst, und niemand soll gekränkt fortgehen.«

1. Teil · Feuchte Erde

    ERSTER TEIL
    FEUCHTE ERDE

Motto
    Wie ein alter Hund mit eingezogenem Schwanz,
was will er jetzt, Baby, was will er dann?
Im frostigen Café träumt er den Wintertraum,
auf kalter Erde hat der Krieg keinen Raum.
Auf kalter Erde
Auf kalter Erde
Auf kalter Erde
Weine nicht, Schatz, denn Holz ist noch da,
auch Streichhölzer gibt’s und in der Pfeife Gras,
ein bisschen Kohle und ein großes Bett,
auf feuchter Erde schläft sich’s auch ganz nett.
Auf feuchter Erde
Auf feuchter Erde
Auf feuchter Erde
    D. SERGEJEW,
frei nach dem Song »Cold Cold Ground« von Tom Waits

1 Der Tiger
    1
    DER TIGER
    Iwan zögerte kurz und watete dann bis zur Hüfte ins Wasser. Im ersten Moment hatte er gar nicht das Gefühl, ins Nasse zu steigen, da die schwülwarme Luft des Tunnels von ganz ähnlicher Konsistenz war. Iwan hob sein Sturmgewehr über den Kopf und ging langsam weiter. Der schmale Lichtkegel seiner Lampe wanderte mal über die nackte Tunnelwand, mal über die Reste verrotteter Kabel. Die Wasserfläche vor ihm schien endlos und wirkte bedrohlich. In dieser grünlichen, trüben Brühe verbarg sich etwas. Sie lebte. Iwan spürte, wie sich Tangwedel um seine Hüften schlangen. (War es wirklich Tang?) Seine Hose war bereits durchnässt, und allmählich drang die Kühle des Wassers an seine Haut. Iwan watete weiter. Im Widerschein der Lampe warf seine Kalaschnikow einen verschwommenen Schatten.
    Klonk! Iwan erstarrte.
    Das kam von irgendwo da vorn.
    Er legte das Gewehr über die Schulter und schaltete mit der frei gewordenen Hand die Stirnlampe aus. Klick. Das Licht verlosch. Undurchdringliche Finsternis. Geräusche. Ein Platschen, Schnüffeln, Schmatzen und Kauen. So als würde jemand von messerscharfen Zähnen in Stücke gerissen. Dann wieder Stille.
    Am liebsten hätte Iwan seine Lampe wieder eingeschaltet und eine Salve abgefeuert, doch er beherrschte sich und wartete ab.
    Ausgerechnet jetzt fielen ihm die Geschichten ein, die man sich über Krokodile in der Kanalisation erzählte. Und über die wilden Tiere, die aus dem Zoo an der Gorkowskaja entlaufen waren. Ruhig bleiben. Die Begegnung mit einem Tiger hätte ihm jetzt gerade noch gefehlt.
    Nach einigen Minuten schaltete Iwan die Lampe wieder ein. Das war wie heimkommen. Der Mensch ist ja genügsam. Er kommt auch mal ohne Essen und Wasser aus. Aber ohne Licht legt er sich einfach hin und wartet auf den Tod, als würde die Finsternis ihm jeglichen Lebenswillen rauben. Iwan bewegte den Kopf hin und her. Träge schwappte die grünliche Brühe im engen Lichtkreis der Lampe vor sich hin. In etwa zweihundert Metern Entfernung erblickte er den Ausgang zum Bahnsteig der Primorskaja .
    Hoffentlich ist die Leiter noch da, dachte Iwan.
    Die wilden Tiere. Das Kuriose daran war, dass man die Gorkowskaja , wo sich der Zoo befand, erst kurz vor der Katastrophe wieder eröffnet hatte. Als es passierte, flüchteten die verängstigten Besucher nach unten in die Metro und niemand kümmerte sich um die Tiere. Was sich dort oben inzwischen abspielte, darum rankten sich die wildesten Gerüchte.
    Iwan schüttelte den Kopf. Synchron spukte der Lichtstrahl seiner Stirnlampe durch die Röhre.
    Wo habe ich dieses Ding nur gesehen?
    Egal, das finden wir schon raus.
    Die Stationen der Sankt Petersburger Metro wurden in der Regel auf sogenannten »Anhöhen« errichtet. Deshalb stand das Wasser an der tiefsten Stelle des Tunnels hüfthoch, in unmittelbarer Nähe der Primorskaja dagegen ging es ihm nur bis zum Knöchel. Iwan verlangsamte den Schritt. Die LED flackerte kurz und das Licht wurde schwach.
    Super. Die Batterien machen schlapp.
    Als er eine einigermaßen trockene Stelle erreicht hatte, holte Iwan sein Feuerzeug heraus und begann, die erste Batterie über der Flamme zu wärmen. Bis sie so heiß war, dass er sie nicht einmal mehr mit dem Handschuh
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