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Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter

Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter

Titel: Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter
Autoren: Schimun Wrotschek
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halten konnte. Dann setzte er sie wieder in die Lampe ein und nahm sich die nächste vor. Nach der ganzen Prozedur würden die Batterien noch zwanzig Minuten halten – bis sie wieder auskühlten.
    Ein bisschen Ahnung von Physik kann nie schaden.
    Früher oder später musste er ohnehin auf Karbid umsteigen. Vor einiger Zeit hatte Iwan zufällig ein Karbidlager entdeckt, das noch aus den Zeiten des Metrobaus stammte. Bestimmt fünfhundert Kilo in Metalltonnen. Karbid ist eine feine Sache, nur leider schwer zu tragen. Dafür macht es das beste Licht. Eine Karbidlampe blendet nicht und erzeugt ein warmes, gleichmäßiges Rundumlicht. Selbst seine geliebte LED-Leuchte konnte, was die Lichtqualität betraf, mit einer gewöhnlichen Karbidlampe nicht mithalten.
    Iwan sog zischend die Luft ein, als das Metallgehäuse der Batterie heiß wurde. Er steckte das Feuerzeug weg und setzte die Batterie wieder in die Lampe ein. Erst dann wedelte er mit der Hand. Mist. Jetzt hatte er sich doch tatsächlich die Finger verbrannt.
    Immerhin, die LED leuchtete jetzt wieder anständig. Iwan verzog das Gesicht und blies auf seine Hand, ballte sie zur Faust und öffnete sie wieder. Es tat weh – aber egal. Er musste weiter, solange er noch Licht hatte.
    Iwan setzte den Helm auf und zog den Riemen an. Mit den versengten Fingern war das gar nicht so einfach. Beeilung jetzt! Seine Schläfen pochten.
    Er hatte höchstens zwanzig Minuten. Dann wieder aufwärmen. Mit etwas Glück brachte das noch mal fünfzehn Minuten.
    Er musste es schaffen.
    Iwan schulterte die Kalaschnikow und stapfte im Laufschritt durchs knöcheltiefe Wasser. Bis zu der Metallplanke, die das Ende des Bahnsteigs markierte, kannte er den Weg gut, danach musste er vorsichtiger sein.
    Die ständige Feuchtigkeit setzte den Tunnelwänden zu. Der Putz fiel herab und man musste aufpassen, dass man keine größeren Stücke auf den Schädel bekam. Gut, dass die Entwässerungspumpen der Tunnel noch funktionierten. Das sagte Onkel Jewpat immer, und ihm glaubte Iwan. Es war dieses Raunen in manchen Tunneln. »Hörst du’s?«, pflegte Onkel Jewpat dann zu sagen und hob dabei wichtig den knorrigen Finger.
    Endlich. Die Markierung.
    Iwan senkte den Kopf und beleuchtete das schwarz-weiße Muster der verrosteten Planke. Wasser tropfte davon herab. Plopp. Plopp. Früher hatte sie als Orientierungsmarke gedient. Wenn man vom Bahnsteig aufs Gleis gefallen war, konnte man sich dahinter in Sicherheit bringen, denn der Zug hielt genau davor.
    An dieser Stelle musste auch die Leiter sein. Iwan leuchtete umher. Ah, dort war sie.
    Nicht weit von hier hatte er beim letzten Mal dieses Ding gesehen.
    Iwan klemmte sich dieAKSU unter den Arm und ging bis zum Fuß der Leiter. Bevor er hinaufstieg, reckte er vorsichtig den Kopf und spähte auf den Bahnsteig. Ein schwarzer Fleck huschte durch den Lichtkegel der Lampe. Iwan griff reflexartig zur Waffe – Fehlalarm. Nur eine Ratte. Sogar eine in normaler Größe. Harmlos. In den verlassenen Stationen trieb sich ja alles mögliche Getier herum. Wovon sich die Biester wohl ernährten? Von Algen? Schimmel? Oder von dem Moos, das die Decke der Station überwucherte und an manchen Stellen auf die Säulen und Wände übergriff?
    Ein seltsames Moos, übrigens. Am nördlichen Ende des Bahnsteigs hing es in regelrechten Girlanden herab, besonders im rechten Tunnel, dort reichten sie bis zum Wasser hinunter.
    Nein, da bringen mich keine zehn Pferde durch.
    Nachdem Iwan sich vergewissert hatte, dass auf dem Bahnsteig alles ruhig war, schob er sein Gewehr auf den Rücken und griff in die Sprossen. Unter den Handschuhen blätterte feuchter Rost ab. Alles verkommt. Alles ist vergänglich.
    Dabei war diese Station früher bewohnt gewesen. Iwan erinnerte sich: Noch vor nicht allzu langer Zeit hatten unter der gewölbten Decke Natriumlampen gebrannt und die quadratischen, mit grauem Marmor verkleideten Säulen beleuchtet. Zugegeben, die Marmorplatten waren stellenweise abgebrochen und von den Lampen brannte auch nur jede zweite. Dennoch war es eine schöne Station gewesen.
    Wenn man am nördlichen Ende die Stufen hinaufging, gelangte man linker Hand zu den drei Rolltreppen. Die hermetischen Tore waren verschlossen – davon hatte sich Iwan überzeugt.
    Hier riecht es nach Meer. Aber es ist nicht mehr die angenehme Brise des Finnischen Meerbusens, wie früher, als hier noch Menschen lebten. Es ist der Geruch eines unheilvollen, schwarzen Meeres, in dessen Tiefen riesige graue
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