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Pinien sind stumme Zeugen

Pinien sind stumme Zeugen

Titel: Pinien sind stumme Zeugen
Autoren: Will Berthold
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die Hölle heiß machen wird.
    »Truman hat keine Chance«, stellt der FBI-Dezernent zwischen Vorgericht und Hauptgang fest. »Eigentlich schade. Er machte gar keine so schlechte Figur, als er den politischen Schutt seines Vorgängers auf die Seite räumen mußte.«
    »Richtig«, bestätigt Partaker. »Dabei war er von Roosevelt von allen wichtigen Entscheidungen ausgeschlossen gewesen. Truman wußte nicht einmal etwas über das ›Manhattan-Projekt‹.«
    »Was ihn nicht hinderte, die Atombombe dann gegen die Japaner einzusetzen«, erwidert Ginty und fährt sich mit der Hand durch die schütteren Haare.
    »Um – wie er erklärte – durch ein rasch herbeigeführtes Kriegsende das Leben zahlloser Amerikaner und Japaner zu schonen«, stellt der CIA-Vice fest.
    »Politiker und Militärs berufen sich immer auf die Menschlichkeit«, versetzt Ginty mit vollem Mund und faulem Lächeln, »wenn sie befehlen, im Hunderttausend zu töten.« Einen Moment lang droht seine gute Laune zu kippen, aber die Medaillons sind im Anmarsch, und der Wirt bestätigt, daß ihm der Chianti vecchio so schnell nicht ausgehen wird.
    Zwischendurch kommt Partaker behutsam zur Sache: »Hatte man dich nicht nach dem Krieg vorübergehend vom FBI als Falschgeldspezialist an eine Sonderkommission der US-Army in Europa ausgeliehen?«
    »Zusammen mit Herbie Miller. Weißt du, daß er vor ein paar Monaten tödlich verunglückt ist?«
    »Ich hab' davon gehört …«
    »Es war damals eine irrsinnige Geschichte …« Partaker braucht den Freund nicht zu nötigen; er spricht bereitwillig über das Abenteuer seines Lebens. »Die letzten Kriegstage waren angebrochen. Unsere Panzerspitzen hatten bereits Salzburg erreicht und stießen in Richtung Steiermark vor. Nur die Staus auf den Straßen hielten sie vorübergehend noch auf. Von der anderen Seite kamen die Russen. Die ›Festung Alpenland‹, ohnedies nur ein Bluff, war bis auf ein paar Quadratkilometer im Ausseer Land zusammengeschrumpft.« Er inhalierte eine Zigarette, ohne sie anzuzünden. »Der Sieg war gelaufen, da geschah etwas völlig Verrücktes: Der letzte Rest des Dritten Reiches war auf einmal mit britischen Pfundnoten aller Nennwerte übersät, die, wie Manna vom Himmel gefallen waren. An der Oberfläche des Toplitzsees standen sie dicht wie Seerosen: Fünf, zehn, fünfzig, hundert, fünfhundert und tausend Pfund Sterling Scheine. Britische Banknoten trieben die Enns hinab, den Russen und der Donau entgegen. Es verbreitete sich das Gerücht, daß es sich um ausgelagerte Devisen-Bestände der Deutschen Reichsbank handele; und nun wurde Fischen zum Volkssport: Kinder sprangen ins kalte Wasser, Hausfrauen warteten mit Eimern an den Ufern. Die Schatzsucher standen oft schon in den nächsten Ortschaften bereit, bevor das Strandgut herangetrieben wurde. Die Gier explodierte, Hunger, Not, Zukunftsangst und Vergangenheitsscham waren vergessen. Kinder, Frauen, Greise füllten sich die Taschen, als könnten sie sich mit den erbeuteten Scheinen in Siegerwährung von allem freikaufen. Auch Soldaten der Roten Armee betätigten sich als Goldgräber, wurden zu Kapitalisten, Habenichtse als Millionäre für zwei, drei Tage …«
    »Und das waren alles Blüten?«
    »Klar, aber nicht zu unterscheiden von echten Pfundscheinen. Die Briten wußten das seit längerem; sie hatten sehnlichst auf das Kriegsende gewartet, um das schon seit Monaten gedruckte neue Geld auszugeben und den Währungsspuk dadurch zu beenden.«
    »Wann haben uns die Engländer über diese Schweinerei informiert?« fragt Partaker.
    »Eigentlich überhaupt nicht«, erwidert der FBI-Spezialist. »Genaugenommen haben wir sie auf den Blütenregen zwischen Salzkammergut und Steiermark aufmerksam gemacht«, erinnert sich Ginty. »›Unternehmen Bernhard‹ hatten die Nazis die großangelegte Fälschungsaktion genannt: Englische Pfundnoten hatten als ebenso fälschungssicher gegolten wie unsere Greenbacks. Auf einmal stellte sich heraus, daß von Italien aus via Schweiz und über andere neutrale Länder Millionen wenn nicht Milliarden Pfundblüten aller Größenordnungen vertrieben wurden, ohne daß einer die Fälschung erkannt hätte.«
    »Wieso das?« fragt Partaker, als wüßte er es nicht.
    »Sie waren nicht von gewöhnlichen Falschmünzern hergestellt worden, sondern von sorgfältig ausgebildeten, mit allen technischen Mitteln unterstützten Staatsfälschern. Jedenfalls hat sich dieser kriminelle Schachzug für die Insel als gefährlicher
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