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Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall

Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall

Titel: Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall
Autoren: Bernd Franzinger
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sagen, dass wir kommen«, antwortete Tannenberg sichtlich genervt.
     
    Als die beiden Kriminalbeamten das betongraue, schmucklose Verwaltungsgebäude verließen, wurden sie bereits mit den ersten dicken Regentropfen bombardiert, die gerade eine mächtige, blauschwarze Gewitterwolke über die Stadt auszuschütten begann. Mit schnellen Schritten eilten Schauß und Tannenberg zu ihrem neuen Dienstwagen, einem titansilbernen Mercedes-Kombi.
    Kurz nachdem sie das zivile Polizeiauto erreicht hatten, zog das wütende Sommergewitter alle Register, die es an diesem schwülen Junimorgen zu bieten hatte: Riesige Mengen überpraller Wassertropfen, die auf dem staubigen Asphalt sofort große Luftblasen bildeten; ein aufbrausender, peitschender Wind, der den Regen brutal an die Autoscheiben und Häuserwände klatschte und als krönenden Abschluss traubengroße Hagelkörner, die sich auf dem Straßenpflaster in Windeseile zu einem schneeweißen, eisigen Teppich verknüpften.
     Aber genauso schnell und brutal, wie das Gewitter über die schutzlose Stadt hergefallen war, genauso schnell war es wieder verschwunden. Urplötzlich kehrte die Helligkeit aus ihrem Versteck zurück und die triumphal grinsende Sonne machte sich schadenfroh über die eisige Körnerpracht her.
    »Michael, warte noch einen Moment«, sagte Tannenberg zu seinem erstaunten Mitarbeiter, während er den elektrischen Fensterheber betätigte. »Mach mal dein Fenster auf! Ist das nicht herrlich, dieser Geruch?«
    »Doch wirklich, unheimlich erfrischend«, stimmte der junge Kriminalkommissar zu.
    »So, jetzt aber los!«, befahl der Leiter des K 1, schob das magnetische Signalhorn auf das nasse Wagendach und schaltete es ein.
    »Mit Blaulicht zum Rathaus? Wolf, ist das nicht ein bisschen übertrieben?«, fragte Schauß verwundert in die laut aufheulenden Sirenentöne.
    »Ein bisschen Spaß wird man doch auch in unserem Job manchmal noch haben dürfen – oder? Außerdem mach ich’s ja gleich wieder aus, sobald wir um die Fruchthalle rumgefahren sind. Zufrieden?«
    »Klar, Boss!«
    Kurz nachdem der silberne Mercedes von der Fruchthallstraße in den Willy-Brandt-Platz eingebogen war, schaltete Tannenberg wie versprochen die Sirene aus. Während Schauß langsam die für Pkws eigentlich gesperrte, enge Rampe zum Rathaus emporkroch, dachte Tannenberg daran, dass er vor etwa zehn Jahren schon einmal mit dem Auto auf den Rathausvorplatz gefahren worden war. Damals allerdings von seinem Schwiegervater am Tag der standesamtlichen Trauung.
    »Wolf, weißt du eigentlich, in welchem Stockwerk sich das Liegenschaftsamt befindet?«, fragte Schauß, nachdem er den nagelneuen Dienstwagen mit der Fernbedienung verriegelt hatte.
    »Was? In welchem Stock? Keine Ahnung. Hoffentlich nicht zu hoch. Du weißt ja, dass ich Platzangst habe.«
    »Oh Mist, wenn das ganz oben ist, kann ich ja bis heute Nachmittag auf dich warten.«
    »Ja Gott, was kann ich denn dafür, dass ich keine Aufzüge benutzen kann.«
    Die beiden Ermittler betraten das höchste Rathaus Europas, wie die Stadtväter bei allen möglichen Anlässen öffentlich prahlten. Tannenberg dagegen empfand diesen neben die Ruinen der alten Kaiserpfalz brutal eingerammten klotzigen Wolkenkratzer nicht als architektonische Bereicherung, sondern als barbarische Verschandelung der Barbarossastadt.
    »Da vorne ist das Verzeichnis der einzelnen Ämter«, sagte Kommissar Schauß, als er die große Hinweistafel zwischen den beiden Lifttüren entdeckt hatte. »Da haben wir’s ja: Liegenschaftsamt – 6. Obergeschoss.«
    »Na also, das geht ja noch! Bis gleich«, entgegnete Tannenberg und verschwand ins Treppenhaus.
     
    Frau Schneider wurde schnell gefunden. Anscheinend war das gesamte Liegenschaftsamt bereits über die am Pfaffenbrunnen entdeckte weibliche Leiche informiert und harrte gespannt der Klärung der Frage, ob die Tote wirklich mit ihrer Kollegin identisch war. Denn nur so ließ sich wohl erklären, warum Tannenberg bereits im Eingangsbereich des Amtes von mehreren Personen empfangen wurde, die ihn direkt in ein Büro geleiteten, in dem eine in sich zusammengesunkene Frau mittleren Alters saß.
    Als Tannenberg die liebevoll umsorgte Dame inmitten eines guten halben Dutzends meist beleibter Kolleginnen erblickte, drängte sich unwillkürlich das Bild von treusorgenden Elefantenmüttern in sein Bewusstsein, die sich schützend um ein verwaistes Jungtier scharten.
    Durch seine Aufforderung, den Raum umgehend zu verlassen, sahen sich
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