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Philosophie ist wie Kitzeln im Kopf (German Edition)

Philosophie ist wie Kitzeln im Kopf (German Edition)

Titel: Philosophie ist wie Kitzeln im Kopf (German Edition)
Autoren: Gudrun Mebs , Harald Lesch
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Bewegung. »Es gibt außer Denken auch noch zu tun.«
    »Nee!«, schnauft Tim. »Ich muss erst schlussfolgern.«
    Der Prof bleibt stehen, wir alle bleiben stehen.
    Was denn, Tim hat was zu erzählen? Ja, und wie! Er brummelt los, so wie Tim fast nie losbrummelt: »Weiß eigentlich die Natur, was sie da macht? Nee, weiß sie nicht. Sie hat nämlich keine …«, er klopft sich auf die Kappe, »keine Vernunft, so wie mein Papa nämlich. Weil, wenn so ein Vulkan mit seinem feurigen Magma-Zeug Dörfer vollspuckt, und dann wird ’ s Lava, und alles ist da kaputt und alle mausetot, dann müsste der Vulkan sich eigentlich denken: Entschuldigung, wollte ich nicht. Und sein Lavazeugs wieder zurücksaugen. Wenn nämlich mein Papa ein Vulkan wäre, dann würde er das bestimmt so machen. Weil er nämlich …«, wieder klopft sich Tim auf die Kappe, »eine Vernunft hat. Hat der Vulkan nicht. Weil er Natur ist. Dem sind die kaputten Häuser und Menschen und Tiere egal. Meinem Papa und mir nicht.«
    Tim schnauft tief auf. Lisa und ich, wir schauen uns an. Unser Tim … so faul in den Beinen, im Kopf ist er ’ s nicht. Ich muss grinsen, Lisa runzelt die Stirn. Kriegt sie jetzt etwa Konkurrenz?
    Der Prof lächelt auch, nur Lucas zappelt herum, er will jetzt endlich Zelte aufbauen, Bewegung im Kopf ist gut, Bewegung in den Beinen für ihn noch besser.
    »Gut gedacht, Tim«, lobt der Prof und klatscht sich wieder eine Mücke weg. »Die Natur hat ihre eigenen Gesetze. Die sind nicht festgeschrieben in Gesetzesbüchern wie bei uns. Du sollst nicht stehlen, du sollst nicht betrügen, du sollst nicht töten, na und so weiter und so fort. Denn, wenn du diese Gesetze nicht befolgst, dann wirst du bestraft, weil du einem anderen schadest.
    Die Natur stiehlt und betrügt nicht, sie folgt einfach ihren eigenen Gesetzen, und die sind in ihr selbst festgeschrieben.«
    Der Prof rupft ein Gänseblümchen aus und hält es hoch.
    »Aus diesem Gänseblümchen zum Beispiel könnte niemals ein Eichbaum wachsen.«
    Ich muss kichern und Lisa kichert mit.
    Ist doch logisch, das würde ja gar nicht mehr funktionieren, er hat ’ s ja gerade ausgerupft! Aber natürlich wissen wir, was er meint.
    Nur Lucas drängelt zum Zeltaufbau. Mensch, Lucas, das hat doch Zeit, wir gehen doch noch längst nicht schlafen, erst ist doch Mittagessen angesagt, kannst ja schon mal auspacken.
    »Wartet mal!«, grummelt Tim. »Bin noch nicht fertig. Die Natur macht einfach das, was sie kann. Es passiert ihr einfach, sie muss gar nix tun. Sie hat ’ s wirklich gut!«
    Er seufzt und starrt hoch zu den Bäumen.
    »Die hier kriegen ihr Mittagessen immerzu aus der Erde, und meins steckt im Kofferraum, und der ist zu.«
    Wir müssen lachen, sogar Lisa und der Prof sowieso.
    »Mittagessen folgt in Kürze, Tim, zufrieden? Aber erlaube mir noch einen Satz, den ich schön finde. Aristoteles, auch so ein alter Grieche, der viel und lange nachgedacht hat, hat gesagt: Natur ist das Werden eines Wachsenden! Sagt mir, was hat er wohl damit gemeint?«
    Na, ist doch logisch, Prof. Der Job der Natur ist wahrscheinlich das Wachsen. Und wenn ’ s gewachsen ist, dann ist ’ s ein Baum oder ein Gänseblümchen, dann ist es das geworden, wozu es bestimmt war. Stimmt doch, oder?
    Lisa nickt, überhaupt nicht neidisch. Weil sie gleich noch einen besseren Gedanken hat, wahrscheinlich …
    »Auch wenn es uns Menschen vielleicht mal nicht mehr geben wird, weil wir ausgestorben sind wie die Dinosaurier – ist ja schon alles mal vorgekommen auf unserem Planeten, kann also gut sein – dann wird es wahrscheinlich die Natur immer noch geben. Weil, sie kann sich ja immer wieder erneuern, sich in andere Formen verwandeln. Die Dinos konnten das nicht und wir Menschen können das auch nicht.«
    Also der Gedanke, Lisa, gefällt mir nicht so gut. Ich mag mich nicht so gerne wegdenken von der Welt, besonders jetzt nicht, hier mit dem Prof.

    »Die Natur erneuert sich ständig im Wandel.« Der Prof nickt Lisa zu. »Die Dinos sind ausgestorben und ganz gewiss andere Tierarten und Pflanzenarten auch, von denen wir gar nicht wissen. Sind ja nicht mehr da. Und wenn wir Menschen mal aussterben sollten, Ida, meine Gute …« Jetzt kriege ich ein Lächeln. »Dann werden wir vermutlich nicht wieder auftauchen in neuer Form, dreibeinig und fünfnasig und das Ohr am Knie. Nee, nee, dann hat sich das mit uns erledigt auf diesem Planeten, wir sind weg vom Fenster. Uns wird es dann so ergangen sein wie den Ausgestorbenen.
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