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Philippas verkehrte Welt

Philippas verkehrte Welt

Titel: Philippas verkehrte Welt
Autoren: Patricia Schroeder
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hatte unsere Familie um meinen mittlerweile achtjährigen Bruder Krister und die inzwischen fünf Jahre alte Josefine – bereichert will ich nicht unbedingt behaupten, aber zumindest vergrößert. Um das Haushaltsgeld ein wenig aufzubessern, half sie zweimal in der Woche für ein paar Stunden in einem Blumenladen aus, und während Birgitta richtig Kohle verdiente, bekam meine Mutter am Ende des Monats gerade mal schlappe 400 Euro aufs Konto überwiesen.
    Ganz ähnlich war es auch bei unseren Vätern.
    Beide arbeiteten Vollzeit. Birgittas Mann Thomas als Rechtsanwalt in einer stadtbekannten Kanzlei und Papa als Taxifahrer. Dass auch zwischen ihren Gehältern ein himmelweiter Unterschied klaffte, kannst du dir wahrscheinlich denken.
    Tja, und eigentlich war mir das alles auch völlig wurscht.
    Ich hasste zwar meinen Namen, aber ich mochte mein Leben.
    Ich mochte die kleine, gemütliche Wohnung, die sich in der Marillenstraße ganz in der Nähe der Innenstadt hinter einem prächtigen fünfstöckigen Jugendstilhaus verbarg und die man nur erreichte, wenn man sich durch einen engen, stockfinsteren Torweg wagte.
    Dahinter tat sich ein gepflasterter Innenhof auf, der rechts und links von efeuberankten Mauern begrenzt wurde und in dessen Mitte eine riesige Kastanie ihre prächtige Krone in den Himmel reckte.
    Unsere Wohnung lag über einer Schusterwerkstatt, die der alte Herr Lumme seit einigen Jahren allerdings nur noch hobbymäßig betrieb. Man erreichte sie über eine überdachte Holztreppe und stand, gleich nachdem man den winzigen Flur passiert hatte, in der Küche.
    Von dort aus ging es rechts durch eine Tür geradewegs in mein Zimmer, während sich der Rest der Wohnung auf der anderen Seite von der Küche befand.
    Meine Geschwister Krister und Josefine teilten sich den größten Raum. Der zweitgrößte war unser Wohnzimmer und der kleinste das Elternschlafzimmer. Dort passten gerade mal ein Bett und ein schmaler Kleiderschrank hinein. Das Bett stand an der Wand, sodass Mama immer, wenn sie nachts aufs Klo wollte, über meinen Vater hinwegsteigen musste.
    Ich hätte das nervig gefunden und war froh, dass ich meine Ruhe hatte, sobald ich meine Zimmertür hinter mir zugemacht hatte. Hier konnte ich auf dem Bett liegen und Musik hören, lesen, grübeln und nach Herzenslust mit Limette kuscheln.
    Ich mochte mein Zimmer mit den zusammengewürfelten Möbeln, den bunten Kissen und dem großen Fenster in der Decke. Schien die Sonne, schickte sie ihre Strahlen in jeden Winkel und brachte den orangefarbenen Teppichboden so richtig zum Leuchten. Regnete es, sah ich den Tropfen zu, wie sie auf das Glas herunterprasselten und sich dort in bizarre Spritzfunken verwandelten. Das konnte ich stundenlang tun, ich fand es manchmal sogar spannender als Fernsehgucken oder am PC zu hängen und irgendwelche dämlichen Spiele zu spielen. – Womit wir wieder beim Thema wären, nämlich bei Mariel und mir und unserer etwas kompliziert gewordenen Freundschaft.
    Â»Ich weiß echt nicht, wo das Problem ist«, sagte sie an einem Nachmittag Mitte März.
    Es war ein Donnerstag und es war ziemlich kalt draußen. Gefühlt ungefähr minus 2 Grad. Wir kratzten in den Startlöchern zum Badminton, und es ging darum, dass Mariel nicht wollte, dass ich meine selbst gestrickte Ringelmütze aufsetzte. Gerade hatte sie sie mir vom Kopf gerissen und hinter meine Kommode gepfeffert.
    Â»Das Problem ist, dass ich keine andere habe«, knurrte ich, während ich die Kommode von der Wand zerrte. Die Mütze war nämlich dazwischen stecken geblieben.
    Â»Ich habe auch keine auf«, erwiderte Mariel. »Falls es dich interessiert.«
    Sie stand in der offenen Zimmertür, hatte die Hände in die Taschen ihrer neuen superstylischen S.Oliver-Übergangsjacke geschoben und wippte ungeduldig mit dem Fuß.
    Â»Was hat denn das eine mit dem anderen zu tun?«, fragte ich und quetschte meinen Arm in den schmalen Spalt, den ich inzwischen geschaffen hatte. Mit den Fingerspitzen bekam ich meine Mütze zu fassen. Ich zog sie hervor, pflanzte sie mir auf mein dünnes straßenköterblondes Haupthaar und drückte die Kommode mit meinem Hintern an die Wand zurück. »Ich habe jedenfalls keine Lust, mir die Ohren abzufrieren.«
    Â»Nächste Woche ist Frühlingsanfang«, sagte Mariel und setzte eine Besserwissermiene auf.
    Â»Das
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