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Philippas verkehrte Welt

Philippas verkehrte Welt

Titel: Philippas verkehrte Welt
Autoren: Patricia Schroeder
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Platz sinken und sagte: »Mariel findet mich peinlich.«
    Wie ich meine Mutter kannte, würde sie sowieso spätestens, wenn sie Krister und Josefine den obligatorischen Gutenachtkuss gegeben hatte, noch einmal nachhaken, was es denn mit dem Streit zwischen der Tochter ihrer besten Freundin und mir auf sich hatte, und ich wollte meinen Geschwistern auf keinen Fall die Gelegenheit geben, die Geschichte jetzt noch weiter dramaturgisch auszuschmücken.
    Mama, die gerade im Begriff war, eine Apfelsaftflasche zu öffnen, sah mich empört an. »Aber das ist doch Unsinn!«
    Â»Sie wollte nicht, dass ich mit meiner Ringelmütze und dem Steppmantel zum Badminton gehe«, präzisierte ich.
    Â»Das stimmt«, pflichtete Krister mir bei.
    Â»Und dann ist sie einfach abgehauen«, verkürzte Josefine das Ganze, wofür ich ihr ausnahmsweise tatsächlich dankbar war. »Mariel ist nämlich eine doofe Kuh.«
    Â»Josi!«, sagte meine Mutter streng. »So etwas möchte ich hier am Tisch nicht hören.«
    Â»Sie hat aber recht«, beharrte Krister. Er sprang von seinem Stuhl hoch, machte einen langen Schritt rückwärts in die Küchenmitte und stellte sich dort kerzengerade auf. »Mariel ist eine ultradoofe Blödkuh«, sagte er so, als würde er das Gedicht von Knecht Ruprecht vortragen. Dann entspannte er sich, schlüpfte hastig auf seinen Platz zurück und rief: »Ich hab’s nicht am Tisch gesagt!«
    Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Unauffällig zwinkerte ich Krister zu. Dies war einer jener eher seltenen Momente, in denen ich meine Geschwister aufrichtig liebte und einfach nur glücklich war, dass es sie gab.
    Auch Mama schmunzelte in sich hinein, guckte zwei Sekunden später aber schon wieder bierernst. »Ich möchte so etwas überhaupt nicht hören«, betonte sie. Und damit war das Thema Mariel vorerst erledigt.
    Ich schenkte zur Hälfte Apfelsaft in unsere Gläser und meine Mutter füllte sie mit Mineralwasser auf. Schweigend begannen wir zu essen.
    Kristers Blick wanderte immer wieder zum Fenster hinüber, durch das man in den Innenhof sehen konnte. Es dämmerte bereits, mein Vater würde also das Licht im Torweg anknipsen, wenn er kam.
    Â»Wann kommt Papa?«, fragte Josefine, nachdem sie ihre Salamischnitte fast aufgegessen hatte.
    Â»Ich weiß es nicht, Süße«, erwiderte Mama. »Vielleicht hat er zum Schluss noch eine besonders lange Tour. Und nur weil zu Hause sein Abendbrot auf ihn wartet, kann er seinen letzten Fahrgast ja schlecht auf halber Strecke aussetzen.«
    Josi legte den Kuschelmuschelhasen neben ihren Teller mit dem Salamibrotrest und zog einen Flunsch. »Nicht bloß das Abendbrot«, nölte sie. »Wir warten auch.«
    Sie hatte es kaum ausgesprochen, da klingelte das Telefon.
    Meine Mutter horchte auf. »Vielleicht ist er das ja.«
    Krister schnellte hoch, aber sie drückte ihn sofort auf seinen Stuhl zurück. »Ich gehe ran«, bestimmte sie, wischte sich mit ihrer Serviette über den Mund und verschwand im Wohnzimmer.
    Â»Hier bei Bogenstedt, guten Abend«, hörte ich sie sagen. Kurz darauf lachte sie leise. Bei ihrem Gesprächspartner konnte es sich also nur um Papa handeln. Oder um Birgitta.
    Krister, Josefine und ich spitzten die Ohren, aber Mama sprach so leise, dass wir kaum ein Wort verstehen konnten.
    Â»Eine Kundin? Was denn … Ist das nicht ein bisschen seltsam?« – »… zuerst besprechen.« – »Wie lange, glaubst du, wird es noch …«, waren die wenigen Satzfetzen, die ich aufschnappte. Das Gespräch musste allerdings wesentlich länger gedauert haben, denn es vergingen noch ein paar Minuten, bis meine Mutter in die Küche zurückkam.
    Â»Das war tatsächlich Papa«, sagte sie, während sie sich langsam wieder hinsetzte. Sie wirkte nachdenklich, fast schon beunruhigt.
    Ich betrachtete sie verstohlen und spürte, wie sich ein komisches Gefühl in meinem Bauch ausbreitete.
    Â»Was ist mit ihm?«, wollte Krister wissen. »Wieso ist er noch nicht hier?«
    Â»Er … Er hat noch einen Termin«, antwortete Mama zögernd. »Das hat sich im Laufe des Tages so ergeben.«
    Â»Was denn für einen Termin?«, fragte ich und bemühte mich, möglichst unaufgeregt zu klingen.
    Meine Mutter zuckte die Schultern. »Na, ein Gespräch eben. Mit einer Kundin.«
    Â»Und was ist
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