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Pflicht und Verlangen

Pflicht und Verlangen

Titel: Pflicht und Verlangen
Autoren: E Landys
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nur die Titelträger und Angehörigen des House of Lords (!)
– waren im Grunde immun bis auf den Tatbestand des Hochverrats.
Dies galt jedoch nicht für ihre Angehörigen. Die Gentry
(der niedere Adel) unterlag ohnehin dem Strafrecht wie jeder Bürger.
Dennoch wusste sich die gehobene Gesellschaft gegen Anklagen
abzusichern. Inwieweit der nachgeborene Sohn eines Marquis für
Straftaten zur Rechenschaft gezogen worden wäre, konnte ich
deshalb nur vermuten. Dass er angesichts der im Roman geschilderten
Taten aber straffrei ausgegangen wäre, ist eher
unwahrscheinlich, wenn man sich vor Augen hält, dass auch gegen
Adelige zum Beispiel erhebliche Strafen wegen Duellierens verhängt
wurden, was auch oft vorkam. Letztlich wurde aber das Recht vor allem
dazu genutzt, die Interessen und vor allem den Besitz des Adels
gegenüber dem gemeinen Volk abzusichern.
    Hinrichtungen
erfreuten sich größter Beliebtheit in der Bevölkerung.
Kurioserweise wurden gerade bei solchen Gelegenheiten häufig
weitere Straftaten begangen wie Diebstähle, Schlägereien,
Vergewaltigungen etc. (1868 wurde die öffentliche Hinrichtung deshalb endgültig nach langjährigen, zähen
Diskussionen abgeschafft.) Auch der Adel fand sich gerne bei solchen
Anlässen ein. Der mannhafte Tod des Delinquenten, häufig
verbunden mit einer sogenannten Dying Speech, wurde
entsprechend gewürdigt, das Gegenteil aber auch scharf
verurteilt. Es kursierten Abdrucke der Dying Speeches in der
Gesellschaft und auch die Gründung von Madame Tussauds (erste
Ausstellungen in London ab 1802) geht letztlich auf das
diesbezügliche Bedürfnis der gehobenen Gesellschaft nach
angenehmem Grusel zurück.

    Wissenschaft
und Forschung
    Die
Wissenschaften nahmen ebenfalls in dieser Zeit einen enormen
Aufschwung. In England herrschte durchaus ein großes Interesse
an Bildung und Wissenschaften. Gerne wurden in den Adelshäusern
zum Vergnügen wissenschaftliche Experimente vorgeführt. Die
Royal Society, zur Zeit des Regency ein längst eingeführter
erlauchter Club, der sich intensiv der Forschung widmete, war
hochgeachtet, genauso wie das 1763 gegründete British Museum,
das sich vor allem der Archäologie verschrieben hatte und 1825
umziehen musste, da man den Besucherströmen nicht mehr Herr
wurde. Die im Buch erwähnte Abhandlung von Gauß ist
exemplarisch für den Wandel im Stellenwert der Wissenschaften
und hatte auch erhebliche Wirkung. Das bisher durch die Vorgaben von
Religion und Philosophie dominierte Weltbild wurde abgelöst
durch die empirischen Wissenschaften. Eifriger Forschungsdrang war
die Folge. Man traute sich nun vieles infrage zu stellen, suchte nach
Gesetzmäßigkeiten hinter den Beobachtungen sowie nach
Beweisen für wissenschaftliche Hypothesen und kam dadurch den
Gesetzen von Physik, Astronomie, Chemie und Biologie näher, aber
auch Erkenntnissen über die Herkunft und Geschichte der
Menschheit. Der im Text mehrfach erwähnte Herschel ist dafür
ein gutes Beispiel. Ihm gelangen mit Einführung einer neuen
Spiegeltechnik für Teleskope spektakuläre Entdeckungen. Die
Herschel- oder Front-View-Teleskope zeichneten sich durch eine
deutlich erhöhte Brennweite und eine veränderte Optik aus.
Das Okular wanderte, entgegen der seitlichen Position bei den
Newtonschen Teleskopen, nach unten an die Front. Herschels größtes,
je von ihm gebautes Teleskop hatte einen Spiegeldurchmesser von 48
Zoll (122 cm) und eine Brennweite (Länge) von 40 Fuß (12
m). Den Uranus entdeckte er aber 1781 schon mittels eines Teleskops
mit 15 cm Durchmesser und einer Brennweite von 2,1 m, 1797 sogar das
Ringsystem des Uranus, das erst 1977 erneut nachgewiesen wurde. An
diesem legendären Teleskop habe ich mich bei der Ausstattung des
Battingfield’schen Observatoriums orientiert. Diese Entdeckung
führte zu seiner Ernennung als Hofastronom, später wurde er
zum Vorsitzenden der Astronomical Royal Society gewählt. Ein
Amt, dass er bis zu seinem Tode (1822) innehatte. Auch die Entdeckung
mehrerer Kometen gelang ihm mit seinen bahnbrechenden Teleskopen.
Diese Entdeckungen hatten auch Einfluss auf die mathematischen
Abhandlungen eines Gauß, der die Existenz dieser Kleinkörper
im Universum mit einer klaren Theorie zu unterfüttern suchte,
was ihm nachweislich auch gelang.
    Forschungsreisen
wurden unternommen, die aber gerade in England häufig auch einen
klaren wirtschaftlichen Aspekt hatten und nicht nur der reinen
Befriedigung der Wissbegier dienten. Um diesen Aspekt
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