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Pferdesommer mit Lara

Pferdesommer mit Lara

Titel: Pferdesommer mit Lara
Autoren: Ursula Isbel
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erzählen, die einen Konsul geheiratet hatte. Der Konsul hatte mit der Geschichte eigentlich nichts zu tun, wie sich dann herausstellte, aber sie fand wohl, dass er sich gut machte und auf sie und ihre Familie einen gewissen Glanz warf. Diese Großtante hatte also einen Unfall mit einem ihrer Reitpferde gehabt. Das Pferd war durchgegangen und in einem Stacheldraht hängen geblieben und hatte sich die Brust aufgerissen. Die Großtante war mit beiden Beinen in den Stacheldraht gefallen. Obwohl sie nicht schlimm verletzt war, bekam sie eine Blutvergiftung und starb, während das Pferd genäht wurde und sich wieder erholte.
    »Sie war eine schöne Frau, ungefähr so wie Meryl Streep in Jenseits von Afrika «, sagte Lily schwärmerisch, so als wäre ihr Tod ein besonderes Unglück, weil sie schön gewesen war.
    »Sie ist gestorben, ehe wir geboren wurden«, fügte Erik hinzu. »Wir kennen sie nur von Fotos. Ihr Mann hat später noch einmal geheiratet - eine ungarische Prinzessin.«
    Elisa machte ein beeindrucktes Gesicht. Verstohlen sah ich zu Arne hinüber und merkte, dass er sich das Lachen verbiss. Da musste ich aufpassen, dass ich nicht zu kichern anfing, obwohl die Geschichte ja eigentlich nicht besonders lustig war.
    Die meisten Pfosten, die Elisa, Erik und Lily einschlugen, steckten etwas schief im Boden. Trotzdem kamen wir mit der Arbeit rascher voran, als wir geglaubt hatten. Gegen drei hatten wir die beiden Längsseiten fertig vorbereitet, sowohl am Bach entlang als auch über den Hügel, der ans freie Feld des benachbarten Bauern grenzte.
    Jago hatte die ganze Zeit am Gatter gestanden und die Pferde der Vandammes beobachtet. Als ich zu meinem Fahrrad ging, sah ich, dass er die Ohren angelegt hatte und die Zähne bleckte, während Duke und Earl unter den Bäumen standen und dösten. Irgendetwas an den beiden schien ihn wütend zu machen. Ich hatte den sonst so scheuen Wallach noch nie so aggressiv erlebt.
    Elisa und Arne standen noch mit Erik und Lily bei der Schutzhütte. Im Zurückblicken sah ich, wie Lily sich gegen Arne lehnte und ihn am Arm fasste. Erik schleuderte einen Stock über die Koppel. Bonnie rannte hinterher, fing ihn in der Luft auf und brachte ihn mit freudigen Sprüngen zurück.
    Ich kam mir plötzlich ausgeschlossen vor.

12
    Den kommenden Nachmittag hatte ich mir extra freigehalten, um Arne bei der neuen Koppel zu helfen, und deswegen fast Stress mit meinem Vater bekommen, der mich im Laden gebraucht hätte. Jetzt aber überlegte ich, ob ich nicht einfach wegbleiben sollte, wenn Erik und Lily kamen. Ich gehörte nicht dazu. Mit Arne wären mir solche Gedanken nie gekommen, es gab keine Unterschiede zwischen uns, auch wenn sein Vater ein viel größeres Haus besaß als wir, Tausende von Quadratmetern Grund und drei Pferde hatte und einen Beruf, für den man einen Universitätsabschluss brauchte. Neben Arne hätte ich mich nie minderwertig gefühlt, selbst dann nicht, wenn er aus einer reichen oder adligen Familie gekommen wäre. Er kümmerte sich nicht um soziale Unterschiede. Für ihn zählten andere Dinge.
    Seinetwegen - weil ich es ihm versprochen hatte und weil die Herbstkoppel schließlich auch für Lara gebraucht wurde - radelte ich am folgenden Tag nach der Schule doch nach Eulenbrook, statt der Versuchung nachzugeben, mich in meinem Zimmer zu verkriechen.
    Noch war keiner gekommen. Die restlichen Pfosten lagen auf einem unordentlichen Haufen, dort, wo wir sie zurückgelassen hatten. Der Schreiner hatte einen Stapel riesiger grüner Drahtrollen vor dem Gatter abgeladen.
    An diesem Tag kam mir Lara entgegen. Das hatte sie bis jetzt noch nie getan. Sie ging langsam, den Kopf erhoben, und sah mich an, als hätte sie auf mich gewartet.
    Ein warmes Glücksgefühl durchrieselte mich. Lara kam zu mir! Ich gab ihr die Apfelschnitze, die ich für sie eingepackt hatte, und redete leise mit ihr, während sie kaute und der Saft von ihren Lippen tropfte. In ihren dunklen Augen spiegelten sich die Bäume und ich sah mein Gesicht darin, winzig klein und seltsam unwirklich wie ein Bild in einer Zauberkugel. Zärtlich streichelte ich ihren Hals und sagte ihr, dass die schweren Zeiten jetzt überstanden waren.
    »Du wirst wieder gesund und schön«, flüsterte ich. »Und du brauchst keine Angst mehr zu haben. Ich passe auf dich auf und Arne auch. Keiner wird dir je wieder etwas Böses antun. Bald kommst du zusammen mit Fee und Jago und Robin auf eine neue Weide mit frischem Gras. Im Winter habt ihr einen
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