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Pferde, Wind und Sonne

Pferde, Wind und Sonne

Titel: Pferde, Wind und Sonne
Autoren: Federica de Cescco
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>Trotzkopf< nicht reiten kann.«
    Karin stand immer noch wie benommen da. Plötzlich riß sie sich los und stürzte auf das Schutzdach zu. Sie hätte niemals gedacht, daß sie mit einem einzigen Satz auf sitzen könnte; aber es gelang ihr. Als sie sich vorbeugte, um >Rosa< loszubinden, sprang Alain auf und riß ihr die Zügel aus der Hand. Regine lief herbei, um >Trotzkopf< zu beruhigen, der wütend am Seil zerrte.
    »Halt dich fest!« schrie Alain.
    Kieselsteine flogen unter den Hufen der Stute auf. Sie jagten hinter Manuel her, der in gestrecktem Galopp davonsprengte. Karin fuhr es blitzschnell durch den Kopf, daß sie sich den Hals brechen könnte; aber sie war so darauf konzentriert, das Gleichgewicht zu harlten, daß sie nicht weiter daran zu denken vermochte. Es war Alain, der die Fersen an >Rosas< Flanken schlug und aus ihr herausholte, was herauszuholen war.
    Trotz der frühen Stunde brütete eine dumpfe Hitze über der Gegend. Luftspiegelungen flimmerten über der weiten, salzigen Steppe. Einer großen rosa Wolke gleich flatterten aufgescheuchte Flamingos über das Wasser eines Teiches. »Zwischenland« nannten die Gardians diese öde Gegend zwischen Meer und Sumpf. Ein Gewitterregen hatte das Schilf niedergedrückt. Jetzt dörrte es in der Sonne, so weit das Auge reichte. In dieser blendenden, lichtüberfluteten Weite kämpften die beiden Hengste.
    Das erbarmungslose Ringen hatte die beiden Tiere verwandelt. Ihr Wiehern klang wie rauhes Brüllen, ihre biegsamen Hälse verrenkten und umschlangen sich wie zu einem lebendigen Knoten. Die aufgerissenen Kiefer entblößten gierige gelbe Zähne. Blut rann über das schweißbedeckte Fell. In einiger Entfernung drängten sich die Stuten um ihre Fohlen, während sich die Gardians vergebens bemühten, mit der Peitsche und dem Dreizack in den Kampf einzugreifen.
    Karin wußte nicht, wie sie vom Pferd gestiegen war. Als sie Boden unter den Füßen spürte, versagten ihr die Knie. Sie klammerte sich an Alain. Wie sollte sie in diesem rasenden Tier ihr zutrauliches Pferd wiedererkennen? Jetzt sah sie nur ein geiferndes Maul, verdrehte Augen, einen Rücken, den die Angriffswut schüttelte, und Hufe, die wie Keulen tödlich zuschlugen. »Zum Teufel mit ihm! Man muß sie trennen!« schrie Nicolas mit schriller Stimme.
    Constantin schwang die Peitsche und näherte sich, sowie es ihm das Toben der beiden Hengste erlaubte. Der Lederriemen klatschte auf Rücken und Flanken. Aber die Peitsche vermochte nichts gegen die blinde Raserei der beiden Hengste. Stehend, sich am Boden wälzend, dann wieder sich aufbäumend, zubeißend und ausschlagend trugen sie einen Kampf aus, der nur mit dem Tod des Gegners enden konnte.
    Einen Augenblick lang trennten sie sich; schaumbedeckt maßen sie sich mit Blicken, scharrten mit den Hufen. Dann richteten sie sich wieder zu voller Größe auf und stürmten von neuem aufeinander.
    Entsetzt sah Karin, wie >Glanzstern< das Gebiß in den Hals des Gegners schlug. Das Fell wurde aufgerissen. Blut schoß hervor. Ein erbittertes Ringen vereinigte die beiden Tiere. Ihre Hälse verdrehten sich. Da: >Schwarz< wich mit hängendem Kopf zurück. Ein Zucken durchlief ihn. Die Beine gaben nach, er fiel in die Knie, während ihm blutiger Speichel aus dem Maul rann. Dann stürzte er mit seinem ganzen Gewicht ins Schilf.
    In der Ferne surrte ein Motor. Tante Justines Landrover holperte über die Sandpiste. Mireille galoppierte auf >Irrlicht< abseits der großen Staubwolke, die das Auto hinterließ. Schon hielt der Landrover mit quietschenden Bremsen. Tante Justine sprang aus dem Wagen. Mit einem Blick erkannte sie, daß >Schwarz< mit ausgestreckten Beinen und sonderbar gekrümmtem Hals dem
    Verenden nahe war. Zornig blickte sie auf >Glanzstern<, der mit schäumendem Maul und blutverschmierter Mähne herausfordernd mit den Hufen scharrte.
    »Fangt dieses verrückte Vieh ein!« befahl sie.
    Constantin gab den Befehl weiter, worauf Manuel, Jackie und Pierre mit dem Seden in der Hand sich bereithielten. >Glanzstern< schien die Absicht der Gardians zu erraten. Ein langgezogenes Wiehern drang aus seiner Kehle. Er raste geradewegs auf die Männer zu. Unter seinem Ansturm wichen sie nach allen Seiten aus. Im wilden Galopp schoß >Glanzstern< an den Gardians vorbei und bog in das Schilfmeer ein, das sich in knisternde Wogen hinter ihm teilte.
    Tante Justine fluchte halblaut. Sie wandte sich um und ging auf ihren Landrover zu. Als sie zurückkam, hatte sie ein Gewehr in der
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