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Pfarrers Kinder Muellers Vieh

Pfarrers Kinder Muellers Vieh

Titel: Pfarrers Kinder Muellers Vieh
Autoren: Amei Müller
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Gemeinde sieht es gern, wenn ihre Pfarrfrau selber backt.« Ich sah mich schon bis über beide Ellenbogen im Brotteig stecken. Oft würde diese Arbeit nicht anfallen, denn zehn Brotlaibe sollten für ein paar Wochen reichen.
    »Schauen Sie sich weiter um. Hier ist der Gemeinderaum. Hier das untere Klo.« Sie machte die Türe nur einen kleinen Spalt auf, aber wir rochen genug. Es war ein Trocken- oder Plumpsklo. Eines ohne Wasserspülung mit direkter Rohrleitung zur Grube. »Bei Tiefdruck riecht es besonders unangenehm«, sagte die Pfarrfrau, »heute haben wir Hochdruck, da merkt man fast nichts.« Wenn das »fast nichts« war, dann würden wir bei Tiefdruck mit Gasmasken herumlaufen müssen.
    Die Dame war in Eile. Sie drängte uns die Treppe hinauf in die Pfarrwohnung. Auch hier empfing uns eine große Diele, diesmal aber mit Parkett belegt. Es war schwarz und knarrte bei jedem Schritt. Türe auf, Türe zu — Wohnzimmer, Arbeitszimmer, Kinderzimmer, Schlafzimmer. Besonders abstoßend wirkten die Öfen. Massig und schwarz, reich verziert und gekrönt von Zinnen und Spitzen beherrschten sie die Räume wie mittelalterliche Wachttürme. »Wir heizen nur zwei Zimmer«, sagte die Pfarrfrau, »diese Öfen verschlingen Unmengen von Kohlen. Aber Sie können Äpfel darin braten, wenn Sie das mögen, es wirkt so weihnachtlich. Ich stelle immer meine Bettflasche hinein.« Mit Hilfe ihrer Schürze öffnete sie ein Türchen. Wir sahen die Bettflasche, wie sie leise vor sich hindampfte.
    Ich bat, mir noch das Badezimmer zu zeigen. Die Pfarrfrau schüttelte den Kopf. »Ein Badezimmer gibt es nicht. In der Küche am Ausguß kann man sich waschen und unten in der Waschküche baden. Das ist allerdings kein großes Vergnügen.«
    Die Küche gab mir den Rest. Der Pfarrfrau auch. Jeden Augenblick konnte der Missionar anrücken, und Reis, Tomatensauce und Salat, das abendliche Festmahl, harrten der Vollendung. Sie hastete in der Küche hin und her, lief von der steinernen Spüle zum rußigen Herd und klapperte mit den Töpfen. Ich tat dasselbe mit den Zähnen.
    »Wenn Sie noch etwas sehen wollen, Keller oder Speicher, kann mein Mann Sie fuhren. Ich muß das Essen machen, die Kinder ins Bett bringen, den Tisch decken...«
    Nein, wir wollten nichts mehr sehen und verabschiedeten uns eilig.
    Auf der Treppe trafen wir den Pfarrherren. Klein, schwarz gewandet, allzeit im Dienst.
    »Lieber Amtsbruder«, sagte er und schüttelte Manfred die Hand, »Sie wissen hoffentlich, was auf Sie zukommt! Das Haus ist kalt, aber man kann sich warm anziehen. Die Gemeinde ist schwierig, dennoch gibt es Lichtblicke. Sie haben sich doch nicht etwa freiwillig auf diese Stelle beworben? Na, ich wünsche Ihnen jedenfalls Gottes Segen und viel Kraft für den Dienst hier!«

    »Jetzt machen Sie, was ich Ihnen sage, und dann nehmen Sie es ganz aus Gottes Hand!« Dieser tröstende Spruch ist von einem Oberkirchenrat überliefert. Er soll ihn zu einem widerspenstigen Pfarrer gesagt haben, der sich geweigert hatte, eine Pfarrstelle anzutreten, die schon zwei Jahre lang vakant war, weil kein Mensch sie haben wollte. Bei uns verhielt es sich anders. Der Vikar Müller durfte sich noch nicht bewerben. Er wurde versetzt, und er mußte dafür sogar dankbar sein, denn als Pfarrverweser in Weiden durfte er heiraten.
    Die Tür klappte hinter uns zu. Wie warm und wohlriechend es draußen war! Und da stand noch immer der neugierige Bauer.
    »Hen er ebbes verkauft?« fragte er. Wir bestiegen den Roller.
    »Ich bin der zukünftige Pfarrverweser«, sagte Manfred und ließ den Motor an.
    »Noi, des isch doch... Marie, des isch a Pfarrer. Hetscht des denkt?« Wir bogen um die Ecke. »Nex für oguet!« schrie er uns nach.
    Der Wanderweg Nr. 3 nahm uns wieder auf. Der Motor brummte und heulte, ich auch.

    »Gott bewahre dieses Haus
    Vor Feuersgefahr und ander Graus!
    Vor Stürmen und vor Wassersnot!
    Mit einem Wort: Laß stehn, wie’s stoht!«

    Dieser Vers war über der Pfarrhaustür eingemeißelt. Er klang mir wie eitel Hohn und Spott. Ich war nicht der Meinung, daß dieses Haus stehen bleiben sollte, wie es stand. Wie segensreich wäre ein reinigendes Feuer gewesen, das Trockenklo, Backofen und Salpeter den Garaus gemacht hätte. Wie erfrischend ein Sturm in dem übelriechenden Gemäuer. Dagegen war die Wassersnot offenbar schon eingetreten, schmückten doch nur zwei Wasserhähne das große Haus.
    Möbeleinkäufe und Hochzeitsvorbereitungen halfen uns, das Dorf in den Wiesen für ein
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