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Pfad der Seelen

Pfad der Seelen

Titel: Pfad der Seelen
Autoren: Anna Kendall
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wusste, dass sie sich durch das Holz eines Ascheeimers fressen und ein ganzes Haus in Flammen setzen und dabei alles zerstören konnte. Ich hatte Maggie nicht angelogen. Ich hatte Cecilia früher geliebt, aber dieses Feuer war erloschen. Aber ich hatte ihr auch nicht die ganze Wahrheit erzählt.
    Ich hatte sie ihr nicht erzählt, konnte sie nicht erzählen. Maggie würde es nicht verstehen. Es gab nur zwei Menschen auf der ganzen Welt, die es vielleicht verstanden. Einer davon war Mutter Chilton. Der andere war, wie ich annahm, aber nicht wissen konnte, meine Mutter.
    Ich versuchte es noch einmal. » Maggie, ich habe nicht eine Armee hierhergebracht, um den Palast wieder einzunehmen, weil es mir um Cecilia gegangen ist.«
    Ihr Mund, unter dem riesigen, aufgeschwollenen blauen Fleck in ihrem Gesicht zart rot, verzog sich leicht. » Nicht?«
    » Nein.«
    » Ich habe gedacht, du wolltest Rache für … für sie. Für Cecilia.«
    » Nein. Ich bin deinetwegen gekommen. Weil Jee mir gesagt hat, dass du gefangen worden bist.«
    Maggie wurde ganz still. Einen Augenblick lang dachte ich, sie hätte aufgehört zu atmen, aber dann sah ich, wie ihre gesenkten Wimpern bebten. Sie warfen Schatten auf die vom Feuer beleuchtete Haut ihrer heilen Wange. Als sie die Augen öffnete, waren sie unter aufwallenden Tränen verschwommen. Sie beugte sich nach vorne und legte ihre Lippen auf meine.
    Der Kuss war leicht und süß, und er hielt die Zeit an.
    Aber als der Druck ihrer Lippen stärker wurde und sie mir mit der Hand über die Hüften strich, schob ich sie sanft weg. » Du versteht es nicht. Ich habe nur eine Hand!«
    » Und?«
    » Und«, sagte ich, während die Verbitterung wieder in mir aufwallte, » damit bin ich entmannt.«
    Maggie ließ ein tiefes, kehliges Kichern hören, das so überraschend war, dass ich sie vor Entrüstung anstarrte. Verstand sie denn nicht, was es bedeutete, eine Hand zu verlieren? War sie so unsensibel? Ich war kein unversehrter Mann mehr, ich war nicht mehr ganz …
    » An deiner Hand bin ich eigentlich gerade gar nicht interessiert, Roger.« Sie legte ihre Hand auf mich, und mein Körper reagierte sofort. Ich erschrak darüber, wie plötzlich er reagierte, und genauso erschrocken war ich über ihre Unzüchtigkeit – Maggie!
    Sie war nicht besonders vorsichtig dabei, mich auszuziehen, und langsam auch nicht. Als sie ihr blaues Kleid über den Kopf zog und die Schnüre ihres Unterhemds öffnete, schnappte ich nach Luft. Sie war so schön in ihrer Nacktheit.
    Der Rest dieses Morgens ist sowohl verschwommen, als auch zugleich scharf in meine Gedanken eingraviert, sodass ich immer noch jede Kurve von Maggies Körper sehen kann, jede Empfindung meines eigenen Körpers nachfühlen. Wir manövrierten uns um meinen verbundenen Armstumpf und ihr zerschlagenes Gesicht herum, waren zärtlich zueinander, wir zögerten und waren doch voller Freude. Zusammen gingen wir an jenen geheimen Ort der Süße, und als es vorüber war, schliefen wir Arm in Arm ein, auf dem sauberen Stroh in dem winzigen Vorratsraum, der nach verschwundenen Äpfeln roch.
    Ich wachte zuerst auf. Maggie schlief weiter, die unversehrte Seite ihres Gesichts in meinem unversehrten Arm geborgen. Die Laterne war ausgegangen, aber durch das kleine Fenster weit oben fiel Licht. Wir hatten die ganze Nacht durchgeschlafen, und es war nun schon weit nach der Morgendämmerung. Helles Sonnenlicht schien jenseits des vergitterten Fensters, und Maggie hatte gesagt, sie würden die Königin am Mittag verbrennen.
    Während ich auf die Steindecke über mir starrte, wurde mir klar, dass mir ein wichtiger Hinweis fehlte.
    » Maggie, wach auf!«
    Sie murmelte und grub sich tiefer in meine Seite. Einen Augenblick lang entflammte mich die Bewegung ihrer nackten Brüste an meiner Haut, aber es war nicht der richtige Zeitpunkt.
    » Maggie! Was für einen Tag haben wir?«
    Ihr Kopf hob sich vom Stroh, die Augen verschlafen, die seidenen Locken auf der Stirn zerzaust. » Tag?«
    » Ja! Was für einen Tag? Wie lange bin ich in diesem Apfelkeller gewesen?«
    Sie sah verwirrt aus, dann verletzt. » Weshalb?«
    » Wie lange?«
    » Vierzehn Tage. Mutter Chilton hat dir Medizin gegeben, und ich habe dich gefüttert, während du getobt hast. Lauter unsinnige Silben, aber es war schrecklich, dir zuzuhören. Ein furchtbares Lied: › Stirb, stirb, mein Kind, stirb, stirb, mein Kleines …‹«
    Vierzehn Tage. Und ich hatte die Blauen mitten am Vormittag hierher zurückgebracht.
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