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Petersburger Erzählungen: Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Petersburger Erzählungen: Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Titel: Petersburger Erzählungen: Fischer Klassik PLUS (German Edition)
Autoren: Nikolai Gogol
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eine Idillija in zwei Bildern. Sie wurde – mit finanziellem Zuschuss des Verfassers – 1829 publiziert, erhielt aber nur schlechte Kritiken. Erschrocken begab sich G. auf eine mehrwöchige Auslandsreise, auch wenn er sie kaum finanzieren konnte.
    Nach Russland zurückgekehrt, machte er sich ernsthaft auf die Suche nach einer Stellung, konnte diese jedoch nur in der untersten Rangstufe der Beamtenhierarchie erlangen. Über landsmannschaftliche Kontakte machte sich G. der Literatenszene bekannt, und führende Literaten wie Žukovskij und Pletnëv empfahlen ihn und bahnten ihm damit Wege. G. begann im März 1831 eine neue, auch wieder wenig glückliche Laufbahn als Lehrer. Er veröffentlichte den Novellenzyklus Večera na chutore bliz Dikan’ki (1831/32; Abende auf dem Gutshof bei Dikanka , 1910), der wegen der ukrainischen Thematik, die als exotisch und modern galt, gut ankam. Im Jahr 1834 folgte die Erzählung Povest’ o tom kak possorilsja Ivan Ivanovič s Ivanom Nikiforovičem ( Die Geschichte, wie sich der Iwan Iwanowitsch mit dem Iwan Nikiforowitsch verzankte , 1958) – auch diese im ukrainischen Milieu angesiedelt. Dieser Text weist schon die wichtigsten Merkmale der für den späteren G. typischen Erzählweise auf: Ein Erzähler voller Pathos und Mitgefühl zeigt zwei reichlich beschränkte und bigotte Gutsbesitzer, die sich selbst für die besten Menschen halten. Der Erzähler folgt ihnen in ihrer Selbsteinschätzung, macht dabei aber nicht deutlich, wo seine eigenen Maßstäbe sind. Immer wieder schweift er bis ins Unsinnige ab und demontiert selbst seine Glaubwürdigkeit, auch in moralischer Hinsicht.
    G., der 1832/33 in einer schöpferischen Krise steckte, hatte sich große Hoffnungen auf die Stelle eines Adjunkt-Professors für Geschichte an der Petersburger Universität gemacht, die Stelle auch erhalten, sie aber sogleich wieder verloren, da es ihm an Vorbildung mangelte. Die Alternativen zum Berufsschriftsteller wurden immer weniger. Das Jahr 1835 brachte viele Publikationserfolge: den Zyklus Mirgorod ( Mirgorod , 1910), die Vampir-Erzählung Vij ( Der Vij , 1910), eine Sammlung von Erzählungen mit dem Titel Nevskij prospekt ( Der Newskij-Prospekt , 1903), die Erzählung »Portret« (»Das Porträt«, 1903) sowie die Zapiski sumašedščego ( Aufzeichnungen eines Irren , 1839) und Taras Bul’ba ( Taras Bulba , 1844). G., der mittlerweile auch Alexander Puschkin kennengelernt hatte und zu seinen Förderern zählen konnte, war auf dem Höhepunkt seines Ruhms. Einem breiteren Publikum galt er als komischer, humoristischer Autor, wenngleich die auf Realismus eingestellte Literaturkritik (allen voran Vissarion Belinskij) glaubte, in G. den Vorreiter einer realistischen Strömung erkannt zu haben. Beide Zuschreibungen deckten sich nicht mit der Selbsteinschätzung G.s, der sich als Idealist in der Nachfolge Schillers sah. In der 1836 in Puschkins Sovremennik veröffentlichten Erzählung »Nos« (»Die Nase«, 1883) spottet der Erzähler offen über den Anspruch vieler Kritiker der damaligen Zeit, die Literatur habe nützlich zu sein. Dagegen setzt er einen erweiterten Realitätsbegriff. Trotz solcher produktiver Reaktionen auf das literarische Umfeld war G. durch das Auseinanderfallen von Selbst- und Fremdwahrnehmung höchst verunsichert.
    Im April 1836 wurde in St. Petersburg G.s Komödie Revizor ( Der Revisor , 1854) uraufgeführt. Er hatte sie Ende 1835 schnell geschrieben, weil er Geld brauchte und bemerkt hatte, dass er mit seinem neuen Romanprojekt Mertvye duši ( Tote Seelen ), nicht schnell genug vorankam. Es heißt, G.s Gönner hätten beim Zaren höchstpersönlich die Zensurfreigabe bewirkt, und dieser soll sich bei der Premiere im Theater köstlich amüsiert haben. G. aber war mit seinem Stück, da er es nun aufgeführt sah, nicht zufrieden. Er besorgte sich einen Reisepass und verließ die Stadt in Richtung Westen. In Paris, wo er seinen Freund Danilevskij besuchte, ereilte ihn die Nachricht vom Tod Puschkins, was ihn noch weniger motivierte, bald nach Russland zurückzukehren. Er reiste nach Italien, wo er kurz vor Ostern ankam. Das Osterfest mit seiner Auferstehungsbotschaft und der milde Frühling gaben dem religiös sehr sensiblen G. neuen Mut und verbanden sich auf Dauer mit seinem Begriff von Rom. Auch wenn er in den kommenden Jahren nach Deutschland (der Gesundheit wegen) oder nach Russland (in familiären und literarischen Angelegenheiten) reiste, zog es ihn doch immer wieder
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