Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Personenschaden

Personenschaden

Titel: Personenschaden
Autoren: P Probst
Vom Netzwerk:
er von Grenzebachs Computer abgezogen hatte.
    »Glaube mir, es wird nicht einfach werden, Engler einen Tötungsvorsatz nachzuweisen«, hatte Kolbinger gesagt.
    Schwarz war überzeugt davon, dass Engler keineswegs mit friedlichen Absichten zum Schanzberghof gefahren war. Eher schon hatte er die Absicht gehabt, Grenzebach mit der Waffe in der Hand deutlich zu machen, dass er mit seinem Leben spielte, wenn er seine wahnwitzigen Rachepläne nicht sofort aufgab.
    Das war eine Möglichkeit.
    Doch da war jene Hasstirade gegen die Selbstmörder, die Engler unter dem Pseudonym Abaddon an das Suizidforum geschickt hatte. Für Schwarz war sie ein Indiz dafür, dass der stets kontrolliert auftretende Sohn des Lokführers völlig die Beherrschung verlieren konnte. Aber hieß das auch, dass er Novalis im Affekt getötet hatte?
    Thomas Engler hatte seinem Vater mit enormem persönlichem Einsatz geholfen, das Trauma des Burger-Suizids zu überwinden. Er hatte ihn gesund gepflegt und sogar erreicht, dass die Familie sich nach dem Zerwürfnis über den Lokführerstreik wieder versöhnte. Dann hatte der neuerliche, von Grenzebach inszenierte Selbstmord vor Klaus Englers Lok wieder alles zunichte gemacht. Der Lokführer war nur noch ein Schatten seiner selbst und der mühsam gekittete Riss durch die Familie brach mit Vehemenz von Neuem auf.
    Schwarz konnte sich gut vorstellen, wie verzweifelt Thomas Engler darüber war, dass sein Vater sich in einer psychiatrischen Klinik die Arme aufritzte und nie mehr in den alten Beruf zurückkehren würde. Er versuchte, sich auszumalen,was dieser empfunden hatte, als an dem einsamen Hof in den Voralpen statt des erwarteten, dämonischen Gegners plötzlich ein verschüchterter junger Mann vor ihm gestanden hatte, der stammelnd jede Schuld von sich wies.
    Er hat vermutlich rot gesehen, dachte Schwarz, und in seinem wahnsinnigen Hass abgedrückt. Das war eine zweite mögliche Erklärung für die tödlichen Schüsse auf Novalis. Aber war es tatsächlich so gewesen?
    Schwarz rief sich noch einmal den Augenblick ins Gedächtnis zurück, als er in der Dachkammer vor Grenzebachs PC saß und auf das Geschrei vor dem Hof aufmerksam wurde. Er hatte nichts von dem verstanden, was Thomas Engler gebrüllt hatte, aber die Tonlage war eindeutig. So eindeutig, dass er zuerst an einen Polizeieinsatz geglaubt hatte. Es waren regelrechte Befehle gewesen und Novalis hatte verzweifelt um Gnade gefleht. Außerdem war zwischen Englers letztem Kommando und den beiden Schüssen kein Zögern wahrzunehmen gewesen.
    Es war eine Exekution, dachte Schwarz und erschrak über diesen Gedanken: Engler hat von Anfang an das Ziel gehabt, Grenzebach auszuschalten.

54.
    Als Schwarz seinen Computer hochfuhr, der kaum weniger röhrte als sein Alfa, schreckte seine Mutter aus dem Schlaf hoch und starrte ihn verwirrt an.
    »Ich bin’s, Mama. Tut mir leid, aber ich muss noch arbeiten.«
    Sie seufzte und legte sich wieder hin.
    »Verdammt, warum dauert das denn so lange?«, fluchteSchwarz. Er überließ den Computer sich selbst und öffnete sich ein Bier. Es schmeckte grauenhaft um diese Uhrzeit. Trotzdem nahm er noch einen Schluck.
    Endlich war der PC so weit, dass er den US B-Stick anschließen und sich die gespeicherten Dateien ansehen konnte. Schwarz war sich darüber im Klaren, dass er eigentlich kein Recht hatte, so in Englers Privatsphäre einzudringen. Aber immerhin suchte er nicht nach Pornofilmen oder den Mails an einen Escort Service – die es durchaus gab   –, sondern nach einem Mordmotiv.
    Am Schanzberghof hatte er
Outlook
ja bereits geöffnet, war aber unterbrochen worden. Er zog den Schreibtischstuhl näher an den Tisch heran und nahm sich als Erstes Englers Terminkalender vor.
    Das häufigste Wort war »Meeting«, an zweiter Stelle rangierte »PK« für Pressekonferenz, nicht selten war auch das Kürzel »HGG« eingetragen. Da daneben meistens der Name einer Zeitung oder Radiostation stand, folgerte Schwarz, dass es sich um Hintergrundgespräche handelte. In regelmäßigen Abständen hatte Thomas Engler Treffen, die er mit »CIO« gekennzeichnet hatte.
    Schwarz gab die drei Buchstaben in eine Suchmaschine ein und las: »Der Chief Information Officer hat in einem Unternehmen die strategische und operative Führung im Bereich Informationstechnologie«.
    Wieso, dachte Schwarz, hat er sich ständig mit dem höchsten ED V-Manager getroffen? Was hat der denn mit der Öffentlichkeitsarbeit der Bahn zu tun?
    Die Spur war
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher