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Perlentöchter

Perlentöchter

Titel: Perlentöchter
Autoren: J Corry
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»Und du bist dir sicher, dass es gut genug ist, um für die Ausstellung in Betracht zu kommen?«
    »Wenn du es jetzt nicht versuchst, dann nie!«
    Er grinste sie an, so wie er sie angegrinst hatte, als er sie zum ersten Mal küssen wollte und sie ihn wegschubste mit den Worten, er solle sich schämen als verheirateter Mann.
    »Verheiratet?«, hatte er erwidert, scheinbar verwirrt, und dann schallend gelacht. Hin und wieder, so seine Erklärung, bezeichnete er aus Gewohnheit Aileen als seine Frau. Dabei sei die Ehe schon lange geschieden – keine Kinder –, und Aileen habe wieder geheiratet. Inzwischen sei er offen für etwas Neues. Die Frage sei nur: War Caroline das auch?
    Es dauerte eine Weile. Man kommt nicht so schnell über den Tod des Ehepartners hinweg, auch nicht, wenn dieser untreu war. Aber dann schien sich irgendwie alles zusammenzufügen. Und nun war Grant hier, der ihr Bild verpackt hatte für die Sommerausstellung in der Royal Academy, wo der Förderer ihres Ururgroßvaters hing, Sir William Giles.
    Sie hatte noch nie zuvor ein Porträt gemalt, aber als sie damit anfing, war es, wie jemanden zum ersten Mal zu küssen und erschrocken festzustellen, dass es das Natürlichste der Welt war, als hätte man diese Person schon sein ganzes Leben lang jeden Tag geküsst. Es war, wie im eigenen Haus ein Zimmer zu entdecken, das man noch nie betreten hatte. Wie eine andere Stimme zu finden, von der man nichts geahnt hatte. Caroline arbeitete wochenlang fieberhaft an dem Porträt und vergaß manchmal, aufzuhören und für die Jungs das Abendessen zu kochen. Beim Malen ertappte sie sich hin und wieder dabei, dass sie ein seltsames Lied vor sich hin summte, ohne zu wissen, woher sie es kannte. Und dann schließlich, eines Morgens im Mai, hatte sie das Gefühl, dass es fertig war.
    »Du hast es schon gelesen, oder?« Grants Stimme holte sie zurück in die Gegenwart, während er auf die Lokalzeitung deutete, die Scarlet vorhin in der Hand hatte. Irgendwie war ihre Tochter anders an diesem Wochenende. Hatte sie beschlossen, ihren Vater zu kontaktieren, wovon sie letzten Monat gesprochen hatte? Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Dieses Mal würde Caroline warten, bis ihre Tochter es von sich aus erzählte, statt sie zu bedrängen.
    »Wirst du die Perlen zurückverlangen?«
    Es war nicht das erste Mal, dass sie sich über die Möglichkeit unterhielten, dass die verlorenen Perlen wieder auftauchten. So etwas kam ständig vor. Jeden Tag war der Strand mit Treibgut übersät, und manchmal waren auch Wertsachen darunter, weshalb Touristen mit Metalldetektoren permanent den Sand absuchten.
    »Nein.« Sie flüsterte, damit ihre Tochter, die in die Küche gegangen war, sie nicht hören konnte. »Ich verzichte. Nur für alle Fälle.«
    »Wenn du sicher bist …«
    »Bin ich.« Sie schenkte ihm ein schüchternes Lächeln. »Außerdem habe ich jede Menge zu tun, um die Hochzeit zu organisieren.«
    Er stieß einen theatralischen Stoßseufzer aus und vergrub das Gesicht in der Armbeuge. »Ach ja. Die Hochzeit. Wie konnte ich das vergessen?«

48
    Sie hatten sich, recht überraschend, für eine kirchliche Trauung mit anschließendem Empfang in einem herrlichen alten Haus entschieden, das ein kleines, exklusives Landhotel war. Die lange Reihe von Gästen kam aus der ganzen Welt, was bedeutete, dass Caroline Stunden damit zubrachte, Unterkünfte in den umliegenden Pensionen zu reservieren, während sie sich fragte, ob der kleine Küstenort alle Leute aufnehmen konnte.
    Grace war natürlich viel zu beschäftigt mit ihrer Arbeit, um zu helfen, obwohl sie nicht mit guten Ratschlägen am Telefon sparte.
    »Bist du es nicht manchmal leid mit ihr?«, fragte Scarlet, während sie ihr half, für die Tischdekoration lila und pinkfarbenes Kräuselband um die Seifenblasenröhrchen zu binden, die die Gäste bei der Ankunft von Braut und Bräutigam benutzen sollten.
    »Nicht mehr.« Caroline wunderte sich auch über ihre Gelassenheit, die sie in den letzten paar Jahren entwickelt hatte. Sie spürte einen tiefen inneren Frieden, der nach Simons Tod langsam begonnen hatte, durch in ihre Adern zu sickern, und der sich dort fest einnistete, als sie sich schließlich in den einzigen Mann verliebte, zu dem sie jemals wieder richtig Vertrauen fassen konnte. »Ich habe gelernt, dass jeder Mensch anders ist. Selbst Schwestern.«
    Scarlet wandte den Blick ab. »Ich hätte gerne eine Schwester gehabt.« Ihr Gesicht wurde einen Moment ernst, aber dann
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