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Perlensamt

Perlensamt

Titel: Perlensamt
Autoren: Barbara Bongartz
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Möglichkeit gehabt, mich einzuweihen. Schließlich, als sie sich von ihrem privaten Albtraum erholt hatte, hatte sie Perlensamt mit Max von Heiseler gesehen.
    »Max von Heiseler?«
    »Max von Heiseler!«
    »Wer ist das?«
    Ich hatte nie von ihm gehört.
    »Kaum älter als Mitte zwanzig, schwarzhaarig, schlaksig, ziemlich attraktiv, wenn man diesen androgynen Typus mag. Auffallend gut gekleidet. Bewegt sich wie ein Tänzer. Auf den ersten Blick ist sein Gang das Bemerkenswerteste an ihm. Ich habe noch nie jemanden so sicher schweben sehen. Als ginge Jesus übers Wasser.«
    Mona vermutet, daß er Balte ist, aber der Name kann auch aus der Luft gegriffen sein. Es heißt, er sei ein guter Geschäftsmann, obwohl niemand gern mit ihm Geschäfte macht – außer den Russen vielleicht. Ein dubioser Typ. Er handelt mit Kunst. Abgesehen davon kann er auch alles andere besorgen: Diamanten, Eintrittskarten für ausverkaufte Konzerte und Kaviar.
    »Wie bist du eigentlich an dieses Haus gekommen? Es ist lustig mit der langen Treppe und den vielen schmalen Räumen.«
    Ich habe David also mit diesem Max gesehen. Ein Gefühl, daß ich noch nie benennen konnte und auch nicht benennen will, kriecht in mir hoch und droht, mir die Luft abzudrücken.
    »Martini, ist was mit dir?«
    »Was? Ach so, erinnerst du dich an Kaspar de Lac? An diese Einladung im Winter, als draußen gegrillt wurde? Ein Amtskollege von ihm wohnte vorher hier. Er mußte nach Berlin zurück. Das brachte mich auf die Idee mit Brüssel. Purer Zufall.«
    »Wie alles, nicht wahr? Wie deine Begegnung mit Perlensamt auch. Du hast nicht einmal erwogen, daß er dich gut gebrauchen konnte?«
    In der Zeit, als Mona ihn betreute, hatte David beiläufig einen Ort auf dem Land erwähnt, ein Haus in einer ehemaligen Klosteranlage bei Halberstadt.
    »Scheint sich mit David und seinen Machenschaften zu verhalten wie mit dem berühmten Diamanten, der im Kronleuchter hängt. Man hat die Lösung vor der Nase, und gerade deswegen sieht man sie nicht. Was, wenn er gar nichts verbergen, sondern, im Gegenteil, etwas zeigen wollte?«
    »Du hast recht. Er wollte, daß ich ihn aufs Land begleite.«
    Mona ignorierte seinen Wunsch. Sie zog es vor, sich selbst auf den Weg zu machen. Sie wollte nicht sein Spiel spielen. Das Internet hatte nur zwei Klöster in der Nähe von Halberstadt ausgespuckt, eines wurde noch bewirtschaftet, das andere lag brach. Mona begann mit dem zweiten, dem ehemaligen Gehöft einer Benediktiner Abtei. Bis auf ein kitschig anmutendes sogenanntes Schloß aus dem 19. Jahrhundert und ein verwahrlostes Gebäude, das wohl die ehemalige Verwaltung darstellte, war die Anlage eine Ruine. Mona parkte ihren Wagen vor dem heruntergekommenen Haus. Licht brannte im Parterre, aber die Fensterbrüstungen waren zu hoch angesetzt, um den Blick ins Innere freizugeben. Ungepflegte Wiese davor, Unkraut, Mülltonnen, keine Gartenanlage. Die große Eichentür gab nach, als Mona den mächtigen Klopfer bedienen wollte. Dann stand sie in einem Treppenhaus. Eine junge Frau im Blaumann kam ihr entgegen. Mona stellte sich vor und sagte, sie wolle zu David Perlensamt. Die junge Frau führte sie in einen großen Raum, der aussah wie eine Malerwerkstatt aus einem früheren Jahrhundert. Einige Abbildungen französischer Realisten, Impressionisten, aber auch ein Braque und zwei Derains waren an die rohen Wände geheftet. Überall standen Keilrahmen und Leinwände unterschiedlicher Größen herum. Auf einer Staffelei stand Courbets Bild vom Meer.
    Davids freundliche Assistentin hieß Katharina Falk. Sie war Studentin an der Berliner Akademie. Sie kümmerte sich um die Vorarbeiten. Aufspannen, Grundieren usw.
    »Da also waren wir: David hatte eine außerordentliche Technik entwickelt, sich lange damit beschäftigt, was man zusammenpanschen muß, damit Kopien aussehen wie Originale. Seine Assistentin schwärmte von ihm. Er sei ein ausgezeichneter Maler. Sie hätte so viel von ihm gelernt. Er hätte selbst eine Sammlung von seinem Großvater geerbt. Das hätte ihn auf die Idee gebracht, zu kopieren.«
    Katharina Falk hatte also von Kopien gesprochen, nicht von Fälschungen. Sie hatte gedacht, was sie täte, sei vollkommen legal. Sie hatte keinen Schimmer davon, daß die Sache mit der ererbten Sammlung eine Lüge war.
    »Und wann haben sie damit angefangen?«
    »Sie sagte, kurz nach der Wende. Courbets Bild vom Meer war der Anfang.«
    »Er wird niemals aufgeben, nicht wahr? Es ist egal, was die Zeitungen
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