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Perlensamt

Perlensamt

Titel: Perlensamt
Autoren: Barbara Bongartz
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Rosiekind! Komme gerade von einem Nachtflug zurück, ich wünschte, Du könntest das einmal erleben! Fliegen ist wirklich mein Ein und Alles. Frankreich, ja davon habe ich eine andere Vorstellung gehabt, ob ich nun enttäuscht oder belehrt worden bin, weiß ich noch nicht … wir kommen wenig mit der Bevölkerung zusammen … Schreib bitte bald und sei von Herzen gegrüßt von Deinem Hans. 8.11.43 Lieber kleiner Pummel! Heute bin ich von einem viertägigen Überlandflug zurückgekommen … es war herrlich. Ich warte so auf Post von meiner kleinen Rosie. Und horte ein paar Sachen für Weihnachten, damit mein Kind auch in diesen Zeiten so bleibt, wie es ist … Du kannst Dich schon einmal freuen … Liebe Grüße, auch an die Eltern von Deinem großen Hans. 4.10.44 Liebe kleine Rosie! Hab Tausend Dank für Deinen entzückenden Brief. Puder? Wird mein Kind schon so groß, daß es Puder möchte? Ich werde sehen, was sich machen läßt. Vielleicht auch Stoff? Dann brauche ich noch Deine Strumpfgröße, am Fuß natürlich! … 30.1.45 Rosie, mein Herz, vielleicht ist das für lange Zeit der letzte Brief …
    Der nächste Brief datiert erst wieder vom 12. Januar 1954. Geliebte Rosie! Es hat mich geschmerzt, daß Du mich weder zu Weihnachten noch zum Jahreswechsel sehen wolltest. Dein letzter Brief sagte, Du müßtest nachdenken. Es war nicht leicht, hier in Osnabrück Arbeit zu finden. Ich war so froh, daß mir das gelungen ist. Nach unserer letzten Begegnung vor vier Wochen hoffte ich, Du kämest mir nun für immer nach. Am Morgen dieser wunderbaren Nacht wäre ich am liebsten sofort zu Deinem Vater geeilt, um ihn um Deine Hand zu bitten, wartete nur auf ein Zeichen von Dir. Nun schreibst Du, daß Du alles überdenken müßtest … Laß es mich bald wissen. Das Warten all die Jahre in Rußland war zu lang und grausam, als daß ich jetzt noch all zu viel Geduld haben könnte. Aber für mein geliebtes Kind bringe ich die Reste davon, die ich noch zur Verfügung habe, gerne auf. Dein Hans.
    Und schließlich der letzte Brief vom 3. Februar 1954. Meine liebe Rosie! Deine Mutter schrieb mir, daß es Dir nicht gut ginge. Du seist reizbar und launisch. Sie schlägt vor, ich sollte Dich auf eine kleine Reise entführen. Ich ahne, daß es nicht das ist, was Du willst. Da Du Dich nicht mehr gemeldet hast, glaube ich, Du willst fort. Vielleicht ist es am besten so. Ich bitte Dich sehr, die Orden, die ich Dir damals schickte, im Garten zu vergraben. Das sind Dinge, die heute niemandem mehr in die Hände fallen sollen, auch wenn bald niemand mehr weiß, was sie (mir) einmal bedeutet haben. Ich schließe Dich in mein Herz. Dein Hans.
    Anfang April schiffte sich Rosie nach New York ein.
    Ich nehme Geldbeutel, Mobile und Hausschlüssel und laufe aus dem Haus. Auf der Höhe des Parks sage ich mir, daß ich vielleicht Zusammenhänge sehe, wo keine sind. Während ich laufe, höre ich die Nachrichten auf meinem Mobile ab. Drei sind mehr als zwei Wochen alt. Eine Nachfrage, ob ich zu einer Vernissage in die Holzmarktstraße käme. Offenbar hat noch nicht jeder mitbekommen, daß ich nicht mehr in Berlin bin. Mona. Sie sagt, daß sie David meine Nummer gegeben habe. Rosie. Wo ich stecke. Die Leitung in Berlin sei tot. Ich hätte den Geburtstag von Bob vergessen. David. Warum ich sang- und klanglos untergetaucht sei. Was er mir getan hätte? Ich fehlte ihm. Drei Tage alt. Hatte er von Berlin oder Brüssel auf die Mailbox gesprochen? Schließlich, D.D., mein ehemaliger Chef aus New York. Sie Idiot! Sind Sie vollkommen durchgedreht? Ich nehme Ihre Kündigung nicht an. Denken Sie bloß nicht, daß ich nicht rausfinde, wo Sie sich verkrochen haben. Ich will, daß Sie Ihren Job wieder aufnehmen, verstanden? Die harsche Nachricht tröstet mich. D.D. Miles ist genau der Typ, den man zum Chef haben will, glaube ich. Ich hatte vergessen, wie viel ich ihm verdanke. Als ich an der Grand Sablón ankomme, merke ich, daß ich unwillkürlich die Galerie ansteuere, in der David vor ein paar Tagen verschwand. Die Räume sind künstlich erleuchtet, trotz Sommertag und Sonne. Erst jetzt nehme ich die Bilder und Objekte durch die Scheibe wahr. Es sind nur wenige, eine bunte, aber wohl ausgesuchte Accrochage. Hinten im Fond, an dem Schreibtisch beim gegenüberliegenden Fenster sitzt die Dame, die David hineingelassen hat. Ich läute. Sie sieht auf und kommt langsam zur Tür, längst nicht so eifrig, wie sie es bei David getan hat.
    »Ich würde mir gerne die
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