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Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition)

Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition)
Autoren: Heike Koschyk
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ihre gesamte Habe bewahrte, die Kleidung, den Schmuck, die Bücher ihres Onkels. Aber sie sah nichts dergleichen.
    Als sie sich zum Boot umdrehte, beobachtete sie, wie der Kanonikus kurz mit einem der Laien sprach und ihm etwas zusteckte. Kurz darauf kletterte der Mann auf das Boot zu den Schiffern, während der andere es vom Ufer abstieß und sofort mit einem großen Satz aufsprang.
    Clemens von Hagen trat zu ihr. »Die Truhen bleiben auf dem Boot. Wir können sie nicht mitnehmen.«
    »Aber warum? Die Männer werden damit verschwinden!«
    »Sie gehören zum Kloster. Eure Habe kommt an einen sicheren Ort.«
    »Wo könnte sie sicherer sein als im Kloster?«
    Der Kanonikus antwortete nicht. Wortlos führte er die Pferde heran und half Elysa in den Sattel. Dann nahm er eine der Fackeln und bestieg sein eigenes Pferd.
    »Es gibt noch etwas, das Ihr wissen solltet.«
    »Was kann es noch geben?«
    »Der Brief, den ich unter dem Siegel des Mainzer Erzbischofs Konrad mit mir führe, enthält auch eine Empfehlung, und Ihr müsst mir jetzt sagen, ob Ihr möchtet, dass ich sie vor der Priorin verlese oder augenblicklich vernichte.«
    Elysa umklammerte die Zügel ihres Pferdes, das unruhig zu tänzeln begann. »Was ist das für eine Empfehlung?«
    »Es ist die Aufforderung, die Tochter eines von ihm hoch geschätzten Handwerkers im Kloster als Novizin aufzunehmen.«
    »Und wer ist diese Frau?«
    »Ihr seid es.«

2
    E lysas Gedanken wirbelten durcheinander. Hatte der Kanonikus alles gesagt, als er ihr offenbarte, dass man sie dafür auserwählt hatte, den Grund der Vorfälle herauszufinden? Glaubte er wirklich, es sei von Vorteil, sich als Handwerkstochter im Kloster zu melden und um Aufnahme zu bitten?
    Aber warum sollte sie sich in eine derart große Gefahr begeben? Was, wenn sie es doch mit dunklen Mächten zu tun hatte, die sie heimsuchen und ihr Leben für immer verderben könnten!
    Und doch hatte Clemens von Hagen ihr glaubhaft versichert, dass jemand durchaus ein ernsthaftes Interesse daran haben könne, dem Andenken der seligen Rupertsberger Meisterin zu schaden, hier, im von ihr gegründeten Nonnenkloster Eibingen. Und niemand könne einen besseren Einblick in die Vorgänge erhalten als eine Frau, welche die Nonnen als eine von ihnen betrachteten. Zudem noch eine gebildete Frau, die um das Wesen der Hinterfragung wisse, was die Nonnen jedoch nicht erfahren dürften.
    Der Kanonikus hatte ihr erklärt, dass, sollte sie sich dazu entschließen, ihm bei der Aufklärung zu helfen, alles getan werde, um sie im Nachhinein für ihre Mühen zu entschädigen. Obwohl, wie er betonte, der Herr im Himmel, dessen Sprachrohr Hildegard gewesen sei, es ihr ohnehin auf seine Weise vergelten werde.
    Sollte sie lieber weiterreisen wollen, könne sie es unbehelligt amnächsten Morgen tun, er werde sie begleiten. Aber dann – und er sagte es mit großem Bedauern – werde es nicht viel länger möglich sein, die Nachricht über die Einkehr des Bösen in Eibingen zurückzuhalten und deren Verbreitung bis über den Rupertsberg hinaus, wo noch immer Hunderte von Menschen zum Grab der Hildegard pilgerten. Was würden sie sagen, wenn die verehrte Meisterin den Teufel vom Himmelsreich aus nicht an seinem Wirken hindern konnte, und er es sogar wagen durfte, ihre Reliquien ungestraft zu entwenden?
    »Und was gedenkt der Erzbischof dagegen zu tun?«, hatte Elysa atemlos gefragt.
    Der Kanonikus hob die Brauen. »Der Erzbischof ist ein frommer Mann inmitten von Schlangen. Er glaubt nur das, was er sieht, und er sieht in den Vorgängen ein Zeichen des Kampfes zwischen Gut und Böse, der sich von alleine entscheidet, wenn man nur fleißig genug betet und den Exorzismus spricht. Zudem sind seine Gedanken ganz von den Vorbereitungen des Kreuzzuges erfüllt, gerade jetzt befindet er sich auf dem Weg nach Ungarn, um den Landweg für Kaiser Barbarossas Ritterheer vorzubereiten.« Clemens von Hagen lächelte bitter. »Den Mainzer Prälaten hingegen wäre es ganz recht, wenn das Andenken der seligen Hildegard beschmutzt würde. Sie haben nicht vergessen, wie die Meisterin ihnen kurz vor ihrem Tod zugesetzt hatte, als sie das Interdikt über ihr Kloster verhängten.«
    »Ein Verbot von gottesdienstlichen Handlungen? Warum?«
    »Hildegard hatte einen exkommunizierten Adeligen in geweihter Erde begraben lassen, weil er sich kurz vor seinem Tod mit der Kirche aussöhnte. Die Mainzer Prälaten, die sich durch ihre Predigten wider den Verfall des Klerus angegriffen
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