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Perdido - Im Bann des Vampirjägers

Perdido - Im Bann des Vampirjägers

Titel: Perdido - Im Bann des Vampirjägers
Autoren: Bastei Lübbe
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eher ein Schlitz.«
    »Und was ist in dem Schlitz?«, fragte Kristall.
    »Er ist zu eng, ich kann nicht reingreifen.«
    »Vielleicht passe ich ja hinein.« Herkules sprang von Hugos Schulter und hielt sich am Rand der Öffnung fest. Er zwängte Kopf und Schultern in den Schlitz, aber seine wild strampelnden Beine blieben draußen, auch wenn er verzweifelt mit dem langen Schwanz peitschte.
    »Hat keinen Zweck«, befand er schließlich enttäuscht, zog den Kopf zurück und ließ sich wieder auf Hugos Schulter plumpsen. »Ich habe einfach zu breite Hüften.«
    »Vielleicht solltest du nicht so viel Käse fressen«, zog Hugo ihn auf.
    »Du hast’s grad nötig! Du hast ja nicht mal deine Wurstfinger reingekriegt!«
    Kristall wartete ab, bis das kleine Geplänkel zu Ende war, dann räusperte sie sich. »Könnte es sich um eine Art Schlüsselloch handeln?«
    »Könnte schon«, gab Herkules zurück. »Leider haben wir keinen Schlüssel dazu.«
    Hugos Augen leuchteten auf. »Doch!«
    Hugo hielt das Juwelenschwert in Schulterhöhe waagerecht, kniff ein Auge zusammen und steckte die schmale Klinge in den Mauerschlitz. Der Knauf berührte schon fast die Wand, da spürte der Junge an der Spitze der Klinge einen leichten Widerstand. Behutsam drückte er auch die letzten Zentimeter der Klinge in die Öffnung, bis es nicht mehr weiterging. Klick , machte es hörbar in der Mauer.
    Erst geschah gar nichts. Dann hörten sie Stein auf Stein knirschen, eine Eisenkette klirrte … und das schwere Gitter hob sich langsam, aber stetig.
    Über Hugos Kopf kam es ruckelnd wieder zum Stillstand. Übervorsichtig zog der Junge das Schwert aus der Wand, weil er fürchtete, das Gitter könnte wieder herunterkrachen, aber es blieb eingerastet.
    »Wollen wir?«, fragte Hugo und forderte Kristall mit einem Wink auf, sie möge ihnen in das Verlies vorangehen.
    »Aber bitte nach dir«, erwiderte die Katze.

54. Kapitel
    H
ugo schob das Juwelenschwert wieder in den Gürtel, ließ aber, als er nun das Verlies betrat, vorsichtshalber eine Hand auf dem Knauf. Die Mezzaghule kümmerten sich nicht groß um ihn. Er drängte sich durch ihre schattenhaften Scharen und hielt nach Walter Ausschau. Manche der Halbtoten machten ihm einfach nur Platz, andere blickten ihn mit ausdruckslosen Gesichtern an.
    Hugo hatte noch nie so viele Angehörige verschiedener Völker auf einem Fleck gesehen. Viele hatten helle Haut und trugen wie er selbst schlichte, weite Hemden und Wämser, dazwischen fanden sich aber auch bunt und prächtig gekleidete, fremdartige Gestalten.
    Da gab es eine in leuchtende Farben gewandete Frau und einen kleinen Jungen in schmutzigen Lumpen. Ein Mann mit säuberlich gestutztem Bart trug eine kunstvoll bestickte Weste und ein Barett mit einer kurzen Feder, ein alter Mann mit Schlitzaugen und kahl geschorenem Kopf war in orangefarbene Stoffbahnen gehüllt.
    Manche hatten schokoladenbraune Haut, andere gelbliche oder rotbraune. Man sah breite, flache Nasen und markante Adlernasen. Die Gesichter waren mal rund und fleischig, dann wieder scharf geschnitten und hager, manche hatten grobe Züge, andere feine.
    »Mephistos Vampire treiben weltweit ihr Unwesen«, wandte sich Kristall an den verwunderten Jungen. »Aber alle ihre Opfer verbringen erst einmal ein Jahr im Bann des Juwelenschwerts, so lange, bis ihre Seelen erloschen sind.«
    »Und was geschieht mit ihnen, wenn Mephisto stirbt?«, wollte Herkules wissen.
    »Die Legende behauptet, dass sie dann wie durch Zauberhand wieder an den Ort zurückversetzt werden, wo der Vampir sie seinerzeit angefallen hat.«
    Als Hugo sich so seinen Weg durch das Meer von Gesichtern bahnte, fiel ihm etwas Befremdliches auf. Auch wenn die Mezzaghule so verschieden waren, hatten sie doch alle denselben glasigen Blick, halb erstaunt, halb irre.
    Hugo stellte sich auf die Zehenspitzen und hielt in der Menge Ausschau nach einem gewissen weißen Schopf.
    »Onkel Walter!«, rief er und wandte den Kopf nach allen Seiten. »ONKEL WALTER!«
    Da leuchtete zu seiner Linken etwas Weißes auf. Hugo verrenkte sich den Hals, aber es war nur die Perücke einer vornehmen Dame im eleganten Ballkleid. Er ging weiter und stieß mit jemandem zusammen.
    »Entschuldigung«, sagte er im ersten Schreck, dann sah er dem Betreffenden ins Gesicht und fragte ungläubig: »Onkel Walter?«
    Sein Onkel erwiderte seinen Blick mit ausdrucksloser Miene.
    »Ich bin’s, Onkel Walter … Hugo!«
    »Hugo?«, wiederholte Walter verständnislos, als hörte er
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