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Per Anhalter (German Edition)

Per Anhalter (German Edition)

Titel: Per Anhalter (German Edition)
Autoren: Oke Gaster
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kannte.
     
    Sein Handy piepte erneut und alles in ihm zog sich zusammen. Er befürchtete, es könnte vielleicht seine Mutter sein, die Wind von der Sache bekommen hatte. Wäre er nun schon auf dem Weg nach Flensburg, wäre ihm das unter Umständen völlig Banane gewesen, aber der Status Quo war vielmehr der, dass es heute kein Flensburg und keine Lena für ihn gab, sondern dass er wieder zurück nach Hause radeln musste, und alles weiterlief wie bisher, nur eben ohne Lena… Noch trostloser, noch verlorener, noch aussichtsloser.
    Was für eine grauenvolle Vorstellung das war, nach Hause zu kommen, keine Freundin mehr zu haben und auch sonst keine Perspektive für die Zukunft. Lena war doch seine Atemluft, sein Lebenselixier. Auf was sollte er sich noch freuen, wenn die einzig verbliebene tragende Säule seines Lebens wegbrach? Er holte das Handy aus der Tasche. Das Display war schon wieder mit einem schmierigen Schweißfilm überzogen. Doch es war nicht seine Mutter, die ihm geschrieben hatte. Es war noch einmal Lena!
    So Schatzyy, hab jetzt gefrühstückt und werde gleich mal duschen gehen. Hoffe du bist unterwegs und alles ist gut bei dir??? Wenn du hier bist denk dran wo du hin musst: Eckener Straße, okay? Nimm dir ne Taxe und komm und ich bezahl das denn. Hab ja noch von der Konfirmation was übrig. Freu mich soooooooo sehr das du kommst Engel :-*.
    Er durchschritt eine tiefe Talsohle, als er die SMS las. Es würde eine der letzten Nachrichten von ihr sein. Verflucht noch mal, warum konnte nicht einfach eines dieser verkackten Autos anhalten und… und… Tränen der Verzweiflung waren im Begriff, sich in seinen Augen zu sammeln, als er im gleichen Moment aus jenem Tal der Tränen hinaus katapultiert wurde!
     
    Unfassbar aber wahr, ausgerechnet am Punkt seiner größten Niedergeschlagenheit, sah er, wie ein Geländewagen deutlich das Tempo verlangsamte und den Blinker nach rechts setzte. Dabei hatte er gerade sein Handy in der Hand, streckte nicht den Daumen aus und hielt auch das Schild nicht hoch. Sollte das wirklich wahr sein? Konnte das wirklich wahr sein? Er hatte keinen Einfluss auf das fette Grinsen, welches sich in seinem Gesicht abzeichnete. Es kam einfach und er konnte nichts dagegen tun, genau wie Harndrang einfach kommt, oder Hunger oder der Drang an sich herum zu fummeln.
    Der Wagen hielt in etwa sechs bis sieben Schritt Entfernung von ihm am Straßenrand. Das war ein bisschen ungewöhnlich, eine Art Sicherheitsabstand für den Führer des Fahrzeuges und auch für ihn. Komm doch wenn du dich traust konnte es heißen. Wenn du mit willst, dann musst du hierher kommen, junger Freund. Ich bin schließlich kein Bus, der direkt vor deiner Nase hält.
    Er nahm den Rucksack in die Hand und versuchte in die von der Sonne geblendete Windschutzscheibe des Autos zu sehen. Doch er sah lediglich Konturen. Sah weiblich aus. Die Windschutzscheibe war übersät mit den Kadavern toter Insekten. Der schwarze Lack war matt, von einer Schicht aus Sand überzogen und auch am Kühlergrill klebten Insekten noch und nöcher. Davids Beine fühlten sich an wie Gummi. Sie waren vom steif herumstehen ermüdet und mussten erst aufgeweckt werden. Der wahnhafte Gedanke einer Fata Morgana streckte seine kalten Pranken nach ihm aus. Wasser in der Wüste/Ein Geländewagen am Straßenrand – ein und dasselbe. Nur Einbildung. Aber es war keine Einbildung. Er war auf Höhe der Motorhaube und spürte die Wärme die davon ausging.
    Gleichzeitig konnte er jetzt die Augen der Frau sehen, die hinter dem Steuer saß.
    Sie blieb einfach sitzen, machte keine einladende Geste, nickte ihm nicht zu und winkte ihn auch nicht heran. Pass auf: Gleich tritt sie aufs Gas und rast weg. Sie wird mir den Mittelfinger zeigen und die Zunge raus strecken, nach dem Motto: Schade, die Zeit ist abgelaufen, Baby ! Das Auto war wirklich ungeheuer verdreckt. An der Kante der Beifahrertür klebte getrockneter Schlamm von zahllosen Pfützen durch die dieses Auto gefahren sein musste. Gleich neben dem Türgriff breiteten sich Pestbeulen aus rotem Rost aus. All das nahm er wahr in seiner Zerrissenheit. Ich sehe, dass ich Glück habe, doch ich glaube nicht an das Glück! Ich kenne kein Glück ohne Bedingung, ohne dass ein Kompromiss von mir erwartet wird. Wasserfallartig quoll der Schweiß aus seinem Haar, floss an den Schläfen entlang und bahnte sich einen Weg über seine Wangen bis hinunter zum Hals. Er öffnete die Tür. „Hallo!“ sagte er, bemüht um ein
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