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Pension der Sehnsucht

Pension der Sehnsucht

Titel: Pension der Sehnsucht
Autoren: Nora Roberts
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Verstand haben«, schoss Nelly zurück. Mit wippenden Zöpfen verließ sie das Büro und schlug die Tür krachend hinter sich zu.

2. K APITEL
    Zornig warf Nelly die Tür zu ihrem eigenen Zimmer ins Schloss. Sie war außer sich vor Wut. Dieser Mann war eine Zumutung! Warum musste er ausgerechnet hierher kommen und sich einmischen? Besaß er nicht schon genug Hotels, die er nach Herzenslust modernisieren konnte? Allein in Amerika gab es bestimmt hundert Betriebe, die zur Reynolds-Hotelkette gehörten. Dazu kamen noch die in den ausländischen mondänen Badeorten. Warum baute er sich nicht ein Hotel in der Antarktis?
    Nelly erschrak, als sie zufällig in den Spiegel schaute. Ihr Gesicht war schmutzverschmiert. Sweatshirt und Jeans trugen die Spuren ihrer Bauchlandung auf dem Spielfeld. Die Zöpfe baumelten ihr halb aufgelöst über den Rücken. Du liebe Zeit, dachte sie entsetzt, ich sehe aus wie eine Zwölfjährige, die draußen herumgetobt hat.
    »Verflixt noch mal.« Flink löste sie die Zöpfe. »Ich habe mich ja schön blamiert. Aber rauswerfen lasse ich mich nicht von ihm. Eher kündige ich selbst. Ich bleibe nicht hier und sehe mit an, wie er mein Hotel verschandelt.«
    Eine halbe Stunde später bürstete Nelly sich das Haar, bis es ihr in duftigen Wellen über die Schultern fiel. Inzwischen hatte sie ein cremefarbenes Kleid mit einem weinroten Gürtel angezogen, der zu den winzigen Rubinen in ihren Ohrläppchen passte. Sie trug Schuhe mit hohen Absätzen und wirkte dadurch größer. Nelly betrachtete sich zufrieden im Spiegel und war davon überzeugt, dass sie nun nicht mehr wie eine Zwölfjährige aussah. Mit einem säuberlich beschriebenen Blatt Papier in der Hand verließ sie energisch ihr Zimmer, um den Löwen in seiner Höhle aufzusuchen.
    Nelly klopfte leise und wartete nicht etwa auf eine Antwort, sondern drückte die Klinke nieder und betrat selbstbewusst ihr Büro. Hinter dem Schreibtisch saß Percy Reynolds. Wortlos legte sie ihm das Schriftstück auf die Tischplatte und begegnete ungerührt dem Blick aus den braunen Augen.
    »Aha, ich nehme an, Sie sind Miss Clark. Welch eine Verwandlung.« Er lehnte sich zurück und musterte sie von Kopf bis Fuß. »Verblüffend, was sich unter einem Sweatshirt und ausgebeulten Jeans alles verbergen kann … Was ist das?« Mit spitzen Fingern hob er das Blatt hoch und wedelte damit herum.
    »Meine Kündigung.« Nelly stützte sich mit den Händen auf der Tischplatte ab, beugte sich vor und machte ihrem aufgestauten Zorn Luft. »Und weil ich jetzt nicht mehr Ihre Angestellte bin, Mr. Reynolds, ist es mir ein Vergnügen, Ihnen mitzuteilen, was ich von Ihnen halte. Sie sind«, fuhr sie mit erhobener Stimme fort, »ein eiskalter, geldgieriger Geschäftsmann, der nur an Profit denkt. Sie haben ein Hotel gekauft, das seit Jahrzehnten für seine familiäre Atmosphäre und die ausgezeichnete persönliche Betreuung seiner Gäste bekannt ist. Nur um jährlich ein paar Dollar mehr herauszuschinden, wollen Sie dieses gemütliche Haus in ein Vergnügungszentrum verwandeln. Damit bringen Sie nicht nur eine Reihe von älteren Hotelangestellten, die zum Teil seit zwanzig Jahren hier beschäftigt sind, um ihre Arbeit, sondern Sie zerstören auch eine Gegend, die bis jetzt noch intakt ist. Lakeside ist kein Ort, der auf Massentourismus eingestellt ist, sondern ein ruhiges, verträumtes Städtchen. Unsere Gäste kommen hierher, weil sie die gesunde Luft und eine unverdorbene Landschaft genießen wollen und nicht etwa, um die neueste Tennismode vorzuführen oder sich in einer Diskothek auszutoben.«
    »Sind Sie endlich fertig, Miss Clark?« schnitt Percy Reynolds ihr das Wort ab. Sein Ton war gezwungen ruhig.
    »Nein, noch lange nicht.« Mutig schleuderte sie ihm entgegen: »Graben Sie sich hier ruhig Ihren Swimmingpool, von mir aus auch zwei, wenn Sie wollen, aber ich wünsche Ihnen, dass Sie darin ertrinken.«
    Sie wirbelte auf dem Absatz herum und wollte den Raum verlassen, wurde jedoch unsanft zurückgerissen und mit dem Rücken gegen die Türfüllung gedrückt.
    »Miss Clark«, begann Percy Reynolds, während er sie an den Schultern festhielt, »aus zwei Gründen habe ich Ihnen erlaubt, Ihre Wut an mir auszulassen. Erstens geben Sie einen entzückenden Anblick ab, wenn das Temperament mit Ihnen durchgeht. Das fiel mir schon auf, als ich Sie noch für einen frechen Teenager hielt. Zweitens bin ich für Ihre berufliche Meinung durchaus empfänglich, wenn auch nicht für Ihre Art und
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