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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson
Autoren: Wagnis des Herzens
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den man dafür bezahlt, daß man das tut, was man tun
will, um der Mensch zu sein, der man seiner Vorstellung nach sein möchte ...,
manchmal ist dieser Preis wirklich sehr hoch.
    Aber ihn
nicht zu bezahlen, war immer noch schlimmer.
    Die Lokomotive spie eine Dampfwolke aus, die durch den
Bahnhof in der Franklin Street trieb. Es war der Zehnuhrfünfzug nach Providence,
der Anschluß hatte an den Elfuhrsiebenundvierzigzug nach New York. Shay McKenna
kauerte auf dem Bahnsteig und versuchte, die Arme seiner Tochter von dem
Laternenpfahl zu lösen, den sie umschlang. Ihre Kraft erstaunte ihn. Er konnte
sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie er sie in den Zug bekommen
sollte, ohne daß er ihr ein paar Knochen brach. »Merry, Liebling, wenn du nicht
losläßt«, schimpfte er, »versohl ich dir den Hintern.«
    »Allmächtiger!« rief Vater
O'Reilly und verdrehte die Augen. »Die Drohung wirkt bestimmt, nachdem du die
Kleine in ihrem kurzen Leben noch nie geschlagen hast.«
    »Es gibt
für alles ein erstes Mal.« Shay versuchte, Merry mit bohrenden Blicken
einzuschüchtern. Er hatte erlebt, daß das bei einem Boxkampf manchmal wirkte.
Sie zuckte nicht mit der Wimper.
    Er drehte
sich um, ohne aufzustehen, und blickte zu seiner älteren Tochter hinüber.
Noreen saß auf dem Überseekoffer und hielt den kleinen Jacko auf dem Schoß.
»Warum macht sie das?«
    Noreen
zuckte die Schultern. Die Bewegung übertrug sich auf Jacko, der fröhlich
gluckste. »Ich weiß nicht, Papa. Sie summt nicht.« Shay nahm den Hut ab, fuhr
sich mit den Fingern durch die Haare und setzte den Hut wieder auf. Er stieß
einen Seufzer aus. Morgen würde es wieder einen Zug geben. Aber zum Teufel noch
mal, er war schließlich der Vater.
    Er stand auf und wies mit seinem Finger auf die rote
flauschige Quaste der Schottenmütze seiner Tochter. »Also, hör zu ...«
    »Emma«, sagte Merry.
    Shay starrte zwei Herzschläge
lang auf sie hinunter und kam dann zu dem Schluß, nicht richtig gehört zu
haben.
    »Miss Emma«, sagte Vater O'Reilly, »ist in diesem
Augenblick zu Hause, mein liebes Kind, und heiratet den falschen Mann.«
    »Donagh!« Shay ballte die Hände zu Fäusten.
    »Und dein Papa ist damit
beschäftigt, sich an das Kreuz seiner guten Absichten zu schlagen.«
    Shay sah
den Priester mit einem harten verkniffenen Lächeln an. »Würde es dir
schrecklich viel ausmachen, dein Kreuz und den Kragen abzunehmen, damit ich dir
ein paar reinhauen kann?« Donagh lächelte unerbittlich. »Ich war schon immer
der Meinung, daß ich es mit dir aufnehmen kann, Preisboxer hin, Preisboxer her.
Aber dazu muß ich mir nichts abnehmen.«
    »Donagh, du hast noch eine
verdammte Minute zum Überlegen«, Shays Stimme klang noch rauher als gewöhnlich.
»In der kurzen Zeit, in der sie mich kennt, war ich Hundewärter, Fischer und
Arbeiter auf den Zwiebelfeldern. Nichts davon hat mir eine gesellschaftlich
respektable Stellung eingebracht.«
    »Und?
Manche Männer erschaffen Häuser, andere Männer erschaffen Träume. Wieder andere Männer hocken auf ihrem dicken
Hintern, furzen, rülpsen und reden über irische Politik. Über den Geschmack
der Frauen, was Männer angeht, läßt sich nicht streiten.«
    »Sie hat
diesen sogenannten Treuhandfonds von einer Million Dollar.«
    »Hast du vielleicht Glück! Ich
sage immer, wenn ein Mann überhaupt heiratet, dann kann er auch Geld heiraten.«
    »Ich bin Ire.«
    »Also, wenn
ich das nicht wüßte, würde ich es nicht glauben. Die Iren, die ich kenne, die
haben Mumm in den Knochen ... Heilige Mutter Gottes! Wir reden nicht zum ersten
Mal darüber, und ich bin es leid. Du hättest in den vergangenen zwei Monaten
jeden Tag nach New York fahren können.«
    »Halt, warte ...«
    »Wenn da
bis heute gewartet hast, dann doch nur deshalb, weil du gehofft hast, sie würde
zu dir kommen und sagen: »Seamus McKenna, mein lieber Junge, du bist der Held
meiner Träume, mit dem ich mein ganzes Leben verbringen will. Soweit ich mich
erinnern kann, hat sie das sogar bereits getan, und du warst der blöde Ochse,
der ihr gesagt hat, daß du nichts davon hören willst.«
    »Ganz so ist es nicht!«
    »Niemand
fragt mich um Rat, aber wenn ich gefragt werden sollte, würde ich sagen, daß es
an dir ist, ihr einen Antrag zu machen. Verstanden? So, mehr sage ich zu diesem
Thema nicht!«
    »Wenn
ich ein einziges Mal einen Satz zu Ende bringen könnte ...« Die Lokomotive
pfiff. Die beiden Männer blickten gleichzeitig auf das große weiße
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