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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson
Autoren: Wagnis des Herzens
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zu sein. Sie war so
stark, so mutig und erdverbunden. Sie war alles, was ich nicht war. Kennst du
den Leitspruch der Tremaynes – Ausdauer siegt? Deine Mutter konnte schon immer
besser nach diesem Motto leben als ich. Deshalb habe ich sie geheiratet.«
    »Aber wenn
du sie ... so sehr bewundert hast, wieso hast du sie dann verlassen?«
    Emma nahm an, er werde sagen,
die Gründe dafür seien Willies Selbstmord gewesen und das, was sie alle getan
hatten, um seinen einzigen Sohn in jener Nacht in den Sturm hinauszutreiben.
    »Es kam der Zeitpunkt«, erwiderte
er, »als mir klar wurde, daß ich sie überhaupt nicht verstand, und daß ich sie
eigentlich auch nicht verstehen wollte. Deshalb bin ich gegangen.«
    So einfach
kann es nicht gewesen sein, dachte Emma. Es hätte nicht so einfach sein sollen.
Arme Mama. Sie hat Monat um Monat Pläne und Strategien geschmiedet. Sie hat
gehungert, um dich zurückzugewinnen, während sie dich in Wirklichkeit schon
vor langer Zeit endgültig verloren hat.
    Er hatte ihr überhaupt nie auf
die Weise gehört, die wichtig war, denn sie war nie die Frau gewesen, die er
hätte lieben können. Bethel Lane hatte sich nicht verändert, aber sein Blick
für sie hatte es.
    Seine Augen ruhten wieder auf
dem Wasser, und Emma wußte bereits, was er sagen würde.
    »Nein.« Er
schüttelte langsam den Kopf. »Es ist falsch, daß ich deiner Mutter die Schuld
gebe. Es war nicht nur sie. Ich bin weggegangen, weil ich mit meinem Leben hier
sehr unglücklich war, und nichts, was sie tun oder nicht tun konnte, würde
daran etwas geändert haben. Es erschien mir plötzlich schrecklich, immer nur
unglücklich zu sein.« Emma machte einen Schritt auf ihn zu und dann noch einen.
Sie legte die Arme um ihn und drückte die Wange an seinen warmen Nacken. »Wir
werden später Segeln gehen.« Er räusperte sich. »Ganz gleich, ob du Mrs. Alcott
bist oder nicht.«
    Sie
versuchte zu lächeln. »Ja, später.«
    Emma blieb in der offenen Tür
stehen und blickte noch einmal zurück, bevor sie ins Haus ging.
    Er fragte:
»Bist du glücklich, Emma?«
    Ohne
nachzudenken, antwortete sie: »Natürlich bin ich glücklich, Papa.« Sie hatte
gelogen. Verlegen fügte sie schnell hinzu: »Schließlich ist heute mein
Hochzeitstag! Ich wollte eine Tasse Kaffee trinken. Möchtest du auch eine
Tasse?«
    »Danke,
aber ich habe bereits Kaffee getrunken«, erwiderte er und lächelte wieder. Das
Lächeln war typisch für ihren Vater – ein Vater, der für sie ein Fremder blieb.
Sie versuchte, ebenfalls zu lächeln, doch die Tränen nahmen ihr die Sicht, so
daß sie auf ihrem Weg ins Haus beinahe über die Schwelle gestolpert wäre.
    Emma ging
in das Frühstückszimmer und traf dort ihre Mutter. Bethel saß umgeben von
Silber und feinem Porzellan am Tisch mit der Spitzendecke. Wie immer trug sie
eine hochgeschlossene Hemdbluse, und ihr Haar war sorgfältig zu einem eleganten
Knoten aufgesteckt.
    Sie war der Inbegriff von Anmut
und vornehmer Eleganz ..., bis auf das Blätterteighörnchen in ihrer Hand, von
dem die Sahne tropfte und die Erdbeermarmelade, die an ihrer Unterlippe hing.
    »Mama? Ist
etwas ..., fühlst du dich gut?«
    Bethel
legte das Hörnchen auf den Teller und betastete die edelsteinbesetzte Brosche
in Form eines Blumenkörbchens an ihrem Hals. »Natürlich fühle ich mich gut.
Schließlich ist heute dein Hochzeitstag. Vergiß nicht, Heiraten ist das größte
Ereignis, das es im Leben einer Frau gibt.«
    »Wird es
auch das größte Ereignis für Geoffrey sein?« fragte Emma. Die Hand ihrer Mama
hörte auf, sich zu bewegen. Nach einem Augenblick antwortete sie: »Für Männer
ist das anders.«
    Emma
wollte ihr sagen, daß Papa draußen auf der Veranda stand. Doch dann blickte sie
auf das Hörnchen, den Teller voller Krümel und auf die Erdbeermarmelade, und
sie schloß daraus, daß ihre Mutter es bereits wußte.
    Emma ging allein Segeln. Bevor sie das Haus verließ, nahm sie
verstohlen eine weiße Rose aus dem Brautbukett.
    Über dem
Wasser hing dünner Nebel, als sei eine Wolke vom Himmel gefallen. Doch der
Wind wehte gerade genug, um die Segel zu blähen. Sie fuhr zu den Klippen, an
denen man Willies zerschmettertes Boot gefunden hatte. Sie fuhr an die Stelle,
wo Willie nicht nur seinen Hochzeitstag, sondern seine ganze Zukunft aufgegeben
hatte.
    Sie saß
lange im Boot und blickte auf das schäumende Wasser, das über den Felsen und
über Willies Grab im scheinbar ewigen Gleichklang immer wieder zusammenschlug.
    Wenn du
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